Ladendiebstahl im Einzelhandel
Verbandschefin empört: „Ich frage mich, weshalb die Leute so hemmungslos sind“
Im baden-württembergischen Einzelhandel wird immer mehr gestohlen. „Das ist mir zutiefst zuwider“, sagt Sabine Hagmann vom Handelsverband. Doch wie hoch ist der Schaden?
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Handelsexpertin Sabine Hagmann fordert mehr Strafverfolgung bei Ladendiebstählen.
Von Daniel Gräfe
Die Einzelhändler im Land schlagen wegen des grassierenden Diebstahls in den Läden Alarm. „Ich frage mich, weshalb die Leute so hemmungslos sind. Das hat auch mit fehlenden Kontrollen und fehlender Strafverfolgung zu tun. Das kann sich ein Rechtsstaat doch nicht bieten lassen, das geht zulasten von uns allen“, kritisierte die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands, Sabine Hagmann, im Gespräch mit unserer Zeitung.
Allein in Baden-Württemberg verursachten Ladendiebstahl und seine Prävention 2024 Kosten in Höhe von 580 Millionen Euro, betont Hagmann – dies sei eine merkliche Steigerung im Vorjahresvergleich.
Laut einer Studie des Kölner Handelsinstituts EHI verursachte Diebstahl von Kunden, Mitarbeitenden, Lieferanten sowie Servicepersonal 2024 im bundesweiten Handel Schäden in Höhe von rund 4,2 Milliarden Euro. Nach Einschätzung der befragten Unternehmen sind knapp drei Milliarden Euro auf Ladendiebstähle durch Kunden zurückzuführen. Den eigenen Angestellten werden Verluste in Höhe von knapp 900 Millionen Euro angelastet, dem Personal von Lieferanten und Servicefirmen fast 400 Millionen Euro.
Dabei würden Ladendiebstähle immer häufiger organisiert begangen – entweder bandenmäßig oder von beauftragten Einzeltätern. „Trotz Warensicherung und Mitarbeiterschulungen wird im Handel gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Insbesondere der organisierte und gewerbsmäßige Ladendiebstahl hat dem Einzelhandel in den letzten Jahren schmerzliche Verluste beschert“, erklärt Studienautor und EHI-Experte Frank Horst.
Trotz steigender Schäden sinkt laut Polizeistatistik die Zahl der angezeigten Fälle. Laut EHI ist die Dunkelziffer enorm hoch – 98 Prozent der Fälle blieben unentdeckt.
Sabine Hagmann vom Handelsverband kritisiert das scharf. „Viele haben wohl das Gefühl, dass ihnen nichts passiert, wenn sie etwas mitgehen lassen. Das ist mir zutiefst zuwider. Für mich ist das ein Einstieg in eine kriminelle Karriere, das können wir uns als Gesellschaft nicht weiter leisten.“
Die Händler gaben 2024 rund 1,6 Milliarden Euro für Sicherheitsmaßnahmen aus, heißt es beim EHI. Die Gewaltbereitschaft der Ladendiebe nehme zu, Beschäftigte würden immer häufiger angegriffen.
