Grenzkontrollen in Deutschland

Verstärkte Grenzkontrollen: Wie lange hält die Bundespolizei das durch?

Vor gut zwei Wochen ordnete der Bundesinnenminister verstärkte Grenzkontrollen an – und die Zurückweisung auch von Asylbewerbern. Was bedeutet das für die Bundespolizei?

Seit Kurzem weist die Bundespolizei auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurück.

© dpa/onw-images/Marius Bulling

Seit Kurzem weist die Bundespolizei auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurück.

Von Rebekka Wiese

Sie lächeln sich an, sie nicken sich zu, sie duzen sich. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) und der dänische Minister für Ausländer und Integration, Kaare Dybvad Bek, sind sich einig, als sie in dieser Woche in Berlin gemeinsam vor die Presse treten. „Ich darf ausdrücklich Dankeschön sagen, dass du deutlich gemacht hast, dass ihr die Maßnahmen, die wir derzeit in Deutschland ergreifen, auch mitunterstützt“, sagt Dobrindt. Er klingt stolz, als er das sagt.

Der Innenminister meint die Grenzkontrollen, die er vor gut zwei Wochen mit deutlich mehr Einsatzkräften verstärkt hat. Und die neue Praxis, die er ebenfalls durchgesetzt hat: dass die Bundespolizei jetzt auch Asylbewerber an den deutschen Grenzen zurückweist – auch wenn es das europäische Recht anders vorsieht. Es ist eine Maßnahme, die auch die Bundespolizei vor Herausforderungen stellt. Was hat sich für die Beamten an der deutschen Grenze verändert? Wie gehen sie nun vor? Und wie lange halten sie das durch?

Die neue Arbeitsaufgabe: Asylbewerber zurückweisen

Sven Hüber, Erster Polizeihauptkommissar und stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), sprach bei einer Presseveranstaltung von einer „außergewöhnlichen Situation“. Die notifizierten Binnengrenzkontrollen gebe es zwar schon länger – die ersten seit Oktober 2023 – , aber mit der Weisung des Bundesinnenministers hätten sie nun eine neue Arbeitsaufgabe: Asylbewerber zurückzuweisen. Das hat die Praxis verändert.

Vollkontrollen finden zwar weiterhin nicht statt, betonte Hüber. Es wird also nicht jede Person, nicht jedes Fahrzeug an der Grenze überprüft, sondern nur diejenigen, die die Polizei auswählt. Dann werden die Papiere geprüft. Wer über die Grenze will, braucht ein gültiges Ausweisdokument und gegebenenfalls eine Aufenthaltsgenehmigung. Sind diese nicht vorhanden, wird die Person befragt. Die Polizei nimmt ihre Fingerabdrücke und ihre Daten auf – und schaut einmal nach, ob sie in ihren Datenbanken schon etwas zu dem Aufgegriffenen findet.

Dienststelle entscheidet

Bis zu diesem Punkt ähnelt die Praxis dem bisherigen Vorgehen. Neu ist, was passiert, wenn jemand nun einen Asylantrag stellen will. Bisher wurde die Person dann einer Erstaufnahmestelle für Asylbewerber übergeben. Durch Dobrindts Weisung hat die Bundespolizei jetzt die Möglichkeit, die Person zurückzuweisen. Ob das passiert, entscheidet die jeweilige Dienststelle. Nur wer als vulnerabel gilt – zum Beispiel Schwangere, Kranke oder Kinder – soll um Asyl bitten dürfen.

Ob Dobrindts Weisung rechtmäßig ist, weiß derzeit niemand. Das Vorgehen ist juristisch umstritten. Für die Polizei ist trotzdem klar, was sie tun zu hat. „Die Weisung an uns ist eine klare Anweisung“, sagte Andreas Roßkopf, GdP-Vorsitzender für den Bereich Bundespolizei, auf derselben Presseveranstaltung. Über den Rechtsstreit hätten Juristen zu entscheiden, als Polizisten müssten sie der Weisung des Innenministers folgen. Roßkopf betonte aber auch: Sollten Gerichte letztlich feststellen, dass die Maßnahme vielleicht rechtswidrig war, seien nicht die Beamten haftbar zu machen, sondern dann trage der Bundesinnenminister die Verantwortung. „Das ist ganz wichtig für uns.“

Mehr Zurückweisungen

Und die Bilanz? Nach der ersten Woche gab Dobrindt die Zahlen bekannt. Nachdem die Kontrollen verschärft wurden, habe die Bundespolizei demnach in den ersten sieben Tagen 739 Menschen zurückgewiesen – gut 45 Prozent mehr als in der Woche zuvor. Allerdings waren darunter laut Dobrindt nur 32 Asylsuchende. Aktuellere Zahlen will die Bundespolizei auf Anfrage dieser Redaktion noch nicht nennen.

Dänemark mag Deutschlands neues Vorgehen unterstützen. Doch andere Nachbarstaaten sind skeptisch. Und wie lange die verstärkten Grenzkontrollen aufrechterhalten werden können, ist ohnehin nicht klar. Der GdP-Vorsitzende Roßkopf verwies auf die hohe Arbeitsbelastung für die Beamten. Man habe die Dienstpläne umgestellt und leiste Zwölf-Stunden-Schichten. „Die große Schwierigkeit jetzt ist, wie lange wir diesen Zustand aufrechterhalten müssen“, sagte Roßkopf. „Wir sprechen in der Bundespolizei und der Gewerkschaft von einigen Wochen oder ganz vielleicht wenigen Monaten im Extremfall.“

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Erstellt:
23. Mai 2025, 15:24 Uhr

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