Verteidiger fordert Freispruch für Gastwirt
Ein 47-Jähriger soll seine Partnerin getötet und die Leiche in einem Wohnhaus in Heslach eingemauert haben. Er beteuert am Landgericht seine Unschuld, die Staatsanwaltschaft fordert elf Jahre Haft.

© Sebastian Steegmüller
Verteidiger Michael Lepp (links) und der Angeklagte beim Prozessauftakt
Von Sebastian Steegmüller
Stuttgart - Im Prozess um die eingemauerte Leiche, die Mitte Oktober 2024 in einem Wohnhaus in Stuttgart-Heslach entdeckt worden ist, sind auch am vorletzten Verhandlungstag noch viele Fragen offengeblieben. Unter anderem, wie die Frau ums Leben gekommen ist. Bei den Überresten der Frau wurde zwar ein 23 Zentimeter langes Küchenmesser gefunden, dennoch kann aufgrund der starken Verwesung die Todesursache nicht mehr geklärt werden.
Und trotzdem ist die Staatsanwaltschaft der Überzeugung, dass die 48-Jährige von ihrem Lebens- und Geschäftspartner – sie betrieben in Heslach zusammen eine Kneipe – im Streit umgebracht worden ist. Wegen Totschlags plädierte die Anklage am Mittwochnachmittag für eine Haftstrafe von elf Jahren. Mordmerkmale seien nicht erfüllt, so der Staatsanwalt. Er sah es als erwiesen an, dass sich die Tat am 7. Juli 2024 ereignet hat. Im Anschluss sei der Kontakt zu Freunden und Verwandten abgebrochen, auch bei ihrer zweiten Arbeitsstelle hat die Frau sich ab diesem Zeitpunkt nicht mehr gemeldet.
„Auch wenn wir nicht mehr feststellen können, wie sie gestorben ist, scheidet ein natürlicher Tod aus“, sagte der Vertreter der Anklage. Auch bei einem Suizid oder einem Unfall bestehe keine Veranlassung, die Frau unter einer Treppe einzumauern. „Dass er nicht mitbekommen haben soll, dass in seinem Wohnhaus eine Leiche versteckt worden ist, ist wenig plausibel.“
Dass der Mann die Wand, aus der Maden krochen, von einem befreundeten Bauarbeiter mit Rigipsplatten noch einmal verschalen ließ und wegen des Verwesungsgeruchs mehrere Lufterfrischer aufstellte, spreche gegen ihn. Ebenso, dass das Handy des Opfers in der gemeinsamen Wohnung sichergestellt werden konnte.
Darüber hinaus habe sich der 47-Jährige nach der Tat in ein Netz aus Lügen verstrickt „Es macht den Anschein, als hätte er sich dabei nicht einmal viel Mühe gemacht.“ Obwohl die Ausweispapiere der Frau in einem Versteck in der Wirtschaft gefunden wurde, habe er behauptet, dass sie im Urlaub sei – mal in Griechenland, mal in Rumänien, mal in Berlin. Auch Angaben zu ihrer Rückkehr seien sehr unterschiedlich ausgefallen. „Er war sich für keine Ausrede zu schade. Und hat auch die Polizei mehrfach schamlos angelogen“, sagte der Staatsanwalt.
Widersprüchliche Angaben habe er auch zum Beziehungsstatus gemacht. „Die 48-Jährige hatte keine Lust mehr, mit zwei Jobs den Lebensunterhalt des Paares alleine zu stemmen. Sie wollte sich aufgrund seines ständigen Drogenkonsums von ihm trennen.“ Streitereien und Handgreiflichkeiten seien den Gästen der Bar nicht verborgen geblieben.
Auch Verteidiger Michael Lepp kam in seinem Plädoyer zum Schluss, dass eine Vielzahl von Indizien gegen seinen Mandanten spräche. Er befürwortete dennoch einen Freispruch. „In diesem Fall spielen mehrere Personen eine dubiose Rolle. Auch sie könnten am Ableben der Frau ein Interesse gehabt haben“, sagte der Anwalt. „Motiv und Möglichkeit hatten viele.“ Unter anderem zwei Betreiber eines Lebensmittelgeschäfts, die mit dem Opfer wohl in geschäftlicher Verbindung standen. Ebenso komme ein Untermieter, der verschwunden ist, aus Sicht seines Mandanten als Täter infrage. „Ich hatte keinen Grund, sie zu töten“, betonte der Angeklagte in seinem Schlusswort. „Und wenn, wäre ich doch nicht so verrückt gewesen, sie in meinem Haus einzumauern.“ Außerdem habe seine Partnerin über 100 Kilo gewogen. „Es wäre unmöglich gewesen, sie alleine zu stemmen. An der Tat müssen zwei Personen beteiligt gewesen sein.“
Das Urteil wird am Donnerstag, 26. Juni, gegen 11 Uhr erwartet.