Veto verhindert Fußball in Sachsenweiler

70 Jahre Fußball an Rems und Murr (1950 bis 1960): Daten, Fakten und Anekdoten über mühevolle Anfänge, frühe Erfolge, heute nicht mehr existierende Vereine und einen Klub, der wegen des Einspruchs zweier Nachbarn nicht gegründet werden durfte.

Dieses Team bestritt 1958 in Unterweissach das allererste Allmersbacher Fußballspiel (hinten von links): Heinz Brenner, Rudolf Bihlmaier, Reinhold Dautel, Willi Brenner, Herbert Schwinger, Walter Ludwig und Herbert Kleinknecht sowie Karl Herold, Werner Fischer, Helmut Schäffler, Günter Schreiber, Erich Bihlmaier (vorne). Zwei Jahre später hatte der SVA schon zwei Meisterschaften und Aufstiege erkämpft Foto: SV Allmersbach

Dieses Team bestritt 1958 in Unterweissach das allererste Allmersbacher Fußballspiel (hinten von links): Heinz Brenner, Rudolf Bihlmaier, Reinhold Dautel, Willi Brenner, Herbert Schwinger, Walter Ludwig und Herbert Kleinknecht sowie Karl Herold, Werner Fischer, Helmut Schäffler, Günter Schreiber, Erich Bihlmaier (vorne). Zwei Jahre später hatte der SVA schon zwei Meisterschaften und Aufstiege erkämpft Foto: SV Allmersbach

Von Dieter Gall

Das Coronavirus hat sich tief ins öffentliche Leben geschlichen. Auch in das des Sports. Spiele und Training gibt es nur noch für den Profi- oder Spitzensportbereich. Als Zuschauer in den Hallen und auf den Plätzen vor Ort mitfiebern, das ist eigentlich gar nicht möglich. Widrigkeiten, die es so bisher noch nie gab. Einfach war es für den Sport jedoch schon öfter nicht. Schwer waren zum Beispiel auch die Anfangsjahre, wie unsere Serie über sieben Jahrzehnte Fußball an Rems und Murr nach dem Zweiten Weltkrieg zeigt. Da gab es Klubs, an deren Existenz oder Namen sich heute kaum noch jemand erinnern kann. Manche Vereine fusionierten mit der Zeit, einige verschwanden für immer von der Bildfläche.

Von wegen Dusch- und Sanitärräume. Beim Wiederbeginn musste es oft erst mal ein Brunnen tun. Auch in den Backnanger Etzwiesen. Foto: TSG Backnang

Von wegen Dusch- und Sanitärräume. Beim Wiederbeginn musste es oft erst mal ein Brunnen tun. Auch in den Backnanger Etzwiesen. Foto: TSG Backnang

Die Anfänge nach dem Zweiten Weltkrieg: Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es für die Bevölkerung Deutschlands sicher Wichtigeres zu tun, als auf einer Wiese (Stadien waren damals Mangelware) dem Fußballsport zu frönen. Aber schon zu der Zeit gab es Leute, die wussten, dass man den vom Wiederaufbau geschundenen Körpern auch ein klein wenig Freude bereiten musste. Der sensationelle Gewinn der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz sorgte für einen richtigen Ruck in der Bevölkerung. Auch bei denen, die’s mit der Kickerei nicht so richtig hatten. Fußball, Turnen, Leichtathletik und Handball waren damals vor allem die sportlichen Betätigungsfelder. An Tennis oder Golf verschwendete niemand einen Gedanken. Nach dem sogenannten Wunder von Bern boomte der Fußballsport in Deutschland. Höchste Liga war die Oberliga, die in fünf Regionen eingeteilt war. Erst in der Saison 1963/64 wurde die Bundesliga aus der Taufe gehoben.

Neue Namen und kuriose Ligeneinteilungen: Auch an Rems und Murr trauten sich fußballbegeisterte Männer, Vereine neu oder wieder zu gründen, um am Spielbetrieb des Württembergischen Fußballverbandes teilnehmen zu können. Unter anderem wurde aus dem 1919 gegründeten Fußballverein (FV) Backnang die TSG Backnang. Schon 1952 trug die erste Mannschaft unter dem neuen Namen ihr erstes internationales Spiel gegen den FC Thun-Dürrenast (Schweiz) in den Etzwiesen aus. Höchste Amateurklasse war die 1. Amateurliga, in der sich bis in die Sechziger aber kein Rems-Murr-Klub befand. Drunter gab es die in mehrere Staffeln unterteilte 2. Amateurliga. In Gruppe 2 spielte die TSG Backnang, die sich damals schon mit den SF Schwäbisch Hall, der Spvgg Neckarsulm oder dem TSV Crailsheim messen durfte.

Die TSG Backnang bestritt 1952 gegen eine Schweizer Mannschaft ein internationales Spiel. Das fand bereits wieder in den Etzwiesen statt. Doch in den ersten Spielen nach dem Zweiten Weltkrieg musste die Backnanger Elf noch auf dem Sportplatz der Firma Adolff ihr Können präsentieren. Foto: TSG Backnang

Die TSG Backnang bestritt 1952 gegen eine Schweizer Mannschaft ein internationales Spiel. Das fand bereits wieder in den Etzwiesen statt. Doch in den ersten Spielen nach dem Zweiten Weltkrieg musste die Backnanger Elf noch auf dem Sportplatz der Firma Adolff ihr Können präsentieren. Foto: TSG Backnang

Die Liga darunter hieß Bezirksklasse, wobei der VfR Waiblingen zum Beispiel in der Bezirksklasse Stuttgart am Ball war. Nicht der einzige Irrläufer. Der damalige SV Murrhardt zum Beispiel ging wiederum in der Bezirksklasse Enz-Murr gegen Gegner wie den FSV 08 Bissingen auf Punktejagd. Darunter folgten die A-Klasse Neckar/Rems, später Rems/Murr, jeweils eine B-Klasse Kreis Backnang und Kreis Waiblingen sowie die C-Klassen Kreis Backnang, Kreis Waiblingen und Kreis Ludwigsburg. In Letzterer spielte in der Saison 1953/54 die SVG Kirchberg. In der Runde drauf war die SVG in der C-Klasse Backnang am Ball.

Meister, von denen heute fast keiner mehr was weiß: Nicht nur die Ligen und regionalen Einteilungen waren zu Beginn teilweise völlig anders. Es gab auch Vereine, die heute kaum noch jemand kennt. Wer erinnert sich noch an den aus dem Arbeitersport hervorgegangenen TSV Oberurbach, der in der Saison 1951/52 mit einer blütenweißen Weste von 44:0 Punkten und einem sagenhaften Torverhältnis von 136:33 Meister der A-Klasse Rems wurde? Wer weiß noch, dass der VfR Murrhardt erst seit der Fusion des SV Murrhardt mit dem FC Murrhardt-Alm Ende der 60er-Jahre wieder seinen aus dem Gründungsjahr 1923 stammenden ursprünglichen Namen annahm? Und: In der B-Klasse Rems-Wieslauftal spielte ein TSV Unterschlechtbach, der zuvor in der Saison 1952/53 Meister der C-Klasse Kreis Waiblingen geworden war.

Veto verhindert Fußball in Sachsenweiler

Kein Fußball im Backnanger Stadtteil Sachsenweiler: In der B-Klasse Kreis Backnang tummelten sich die Teams der Spvgg Großaspach, des SV Unterweissach oder des SV Steinbach. Apropos Steinbach: Der heutige Bezirksligist wurde zwar bereits 1920 gegründet, hatte aber in den Anfangsjahren mit einigen Problemen zu kämpfen. Eines davon war offenbar die Gründung eines TSV Sachsenweiler im Jahr 1957. Sie bereitete den Verantwortlichen im benachbarten Backnanger Stadtteil großes Kopfzerbrechen, denn Steinbach war auf die Unterstützung der Jugend Sachsenweilers angewiesen, um genug Spieler zu haben. Deshalb erhoben der SV Steinbach und auch die TSG Backnang beim Württembergischen Landessportbund Einspruch gegen einen neuen Verein in der Nachbarschaft. Am Ende wurden Sachsenweilers Sportler in den SV Steinbach integriert.

Die TSG Backnang und ihre Mühe auf dem Weg nach oben: Die TSG-Fußballer versuchten in der 2. Amateurliga, Gruppe 2, zunächst mehrmals vergeblich, sich für die Aufstiegsspiele zur 1. Amateurliga zu qualifizieren. In der Saison 1956/57 war es endlich so weit. Als Meister durften die Backnanger auf den Aufstieg hoffen. Doch der Sprung in die damals höchste Amateurspielklasse blieb den Roten genauso wie als Titelträger in der Saison 1958/59 erst einmal verwehrt.

1. FC-TV Urbach gewinnt WFV-Pokal: Für positive Schlagzeilen sorgte der 1. FC-TV Urbach, der am 22. November 1958 das Endspiel um den Württembergischen Verbandspokal gegen den FC Wangen mit 3:1 gewann. Urbach spielte damals in der 2. Amateurliga, Gruppe 1, gegen Teams wie die Amateure des VfB Stuttgart und der Stuttgarter Kickers sowie den FSV 08 Bissingen. 1988 fusionierte der 1. FC-TV übrigens mit dem TSV Oberurbach zum heutigen SC Urbach.

Mit der Serie blicken wir auf die sieben Jahrzehnte Fußball im Murrtal und auch an der Rems nach dem Zweiten Weltkrieg zurück. Wir berichten über große Erfolge, heiße Duelle und von Vereinen, die es nicht mehr gibt oder andere Namen haben. Und wir erinnern an einen Spielbetrieb, in dem sich die Klubs in anderen Ligen, Regionen und Kreisen als heute wiederfanden.

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Erstellt:
18. Februar 2021, 06:00 Uhr

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