Häme nach Merz’ Scheitern im ersten Wahlgang
„Vielleicht mag ja Merkel übernehmen“
Friedrich Merz ist im ersten Wahlgang knapp mit dem Unterfangen gescheitert, Bundeskanzler zu werden – ein historisches Novum. Im Netz erntet er dafür Häme von verschiedenen Seiten. Andere halten das Wahlverhalten von Abgeordneten für verantwortungslos.

© RALF HIRSCHBERGER/AFP/Michael Kappeler/dpa
Der erste Wahlgang lief für Friedrich Merz nicht wie erhofft. Luigi Pantisano wünscht sich derweil Angela Merkel zurück.
Von Sascha Maier
Eigentlich hätte es Friedrich Merz großer Tag werden sollen. Aber der als gesetzt geltende nächste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland verpasste im ersten Wahlgang im Bundestag zur Kanzlerwahl die nötige Mehrheit von 316 Stimmen – in der ersten Runde standen nur 310 Stimmen für den CDU-Politiker zu Buche. Dass ein Kanzler in den zweiten Wahlgang muss, ist erstmalig in der Bundesrepublik Deutschland geschehen, die nach wie vor mögliche Kanzlerschaft von Friedrich Merz hat damit aber erste Kratzer erhalten, bevor sie überhaupt begonnen hat.
Das zeigen auch Reaktionen im Netz, in denen sich kübelweise Spott über den stets selbstbewusst auftretenden Politiker gießt – von links, von rechts, von allen Seiten. Aber es melden sich auch Stimmen zu Wort, die das Scheitern des designierten Kanzlers als Signal für einen beschädigten Parlamentarismus werten.
AfD-Chefin Alice Weidel sieht im Ausgang des ersten Wahlgangs die Schwäche des Kanzlers bestätigt. „Merz ist der erste Kanzlerkandidat der Bundesrepublik, der im ersten Wahlgang gescheitert ist“, schreibt sie auf X. Das zeigte, auf welch schwachem Fundament die „kleine Koalition aus Union und von den Bürgern abgewählter SPD“ gebaut sei.
#Merz ist der erste Kanzlerkandidat der Bundesrepublik, der im ersten Wahlgang gescheitert ist. Das zeigt, auf welch schwachem Fundament die kleine Koalition aus Union und von den Bürgern abgewählter SPD gebaut ist. — Alice Weidel (@Alice_Weidel) May 6, 2025
Der Stuttgarter Linken-Bundestagsabgeordnete Luigi Pantisano meldete sich noch etwas hämischer zu Wort. Ebenfalls auf X schrieb er: „Damit ist ein Kanzler Merz vielleicht schon Geschichte, bevor es losgegangen ist.“ Sein angeblich „neoliberaler Rechtspopulismus“ scheine auch den Koalitionspartner zu verschrecken. „Auch eine massive Klatsche für die SPD und Klingbeil“, so Pantisano, und fügt hinzu: „Merkel ist anwesend auf der Zuschauertribüne. Vielleicht mag sie ja übernehmen?“
EIL! Merz im ersten Wahlgang nicht zum Kanzler gewählt. Das gab es noch nie. Damit ist ein Kanzler #Merz vielleicht schon Geschichte, bevor es losgegangen ist. Sein neoliberaler Rechtspopulismus scheint auch den Koalitionspartner zu verschrecken. Auch eine massive Klatsche für… — Luigi Pantisano (@LuigiPantisano) May 6, 2025
Seine Parteikollegen sehen das überraschende Scheitern von Merz bei der Kanzlerwahl überdies als ein Misstrauensvotum gegen den CDU-Vorsitzenden. Wenn Merz nicht einmal das Vertrauen seiner eigenen Leute bekomme, „wie soll er dann das Vertrauen der Menschen gewinnen, die mit den realen Problemen des Alltags kämpfen“, erklärte Linken-Chef Jan van Aken am Dienstag. „Ihm gelingt es nicht zu verbinden, sondern nur zu spalten.“
Auch jenseits des Politikbetriebs findet Merz’ Nichtwahl eine Echokammer. Der umstrittene Satiriker El Hotzo schreibt auf X: „Friedrich Merz’ politische Karriere: 2004: verliert gegen Merkel; 2018: verliert gegen Kramp-Karrenbauer; 2020: verliert gegen Laschet ;2025: verliert 1. Wahlgang zur Kanzlerwahl“
Friedrich Merz' politische Karriere: 2004: verliert gegen Merkel 2018: verliert gegen Kramp-Karrenbauer 2020: verliert gegen Laschet 2025: verliert 1. Wahlgang zur Kanzlerwahlfucking Loser — E L H O T Z O (@elhotzo) May 6, 2025
Andere finden es dagegen gar nicht lustig, dass der 21. Bundestag schon zu Beginn der Legislaturperiode derart uneins ist, dass er sich nicht mal auf einen Kanzler verständigen kann. So schreibt etwa der Grünen-Politiker Volker Beck: „Da wollen einige wohl die Republik brennen sehen. Das ist unverantwortlich. Wenn demokratische Abgeordnete den Ernst der Lage verkennen.“
Da wollen einige wohl die Republik brennen sehen.#merzDas ist unverantwortlich. Wenn demokratische Abgeordnete den Ernst der Lage verkennen. — Volker Beck ️ (@Volker_Beck) May 6, 2025
Auch der Publizist Hasnain Kazim hat eher Sorgenfalten denn Glücksgefühle bei dem Wahlausgang: „Man mag Merz mögen oder kritisieren, aber CDU/CSU und SPD haben sich auf eine Koalition geeinigt. (...) Ich halte die aus diesen Reihen, die mit Nein gestimmt haben, für absolut verantwortungslos.“
Friedrich Merz hat drei Anläufe gebraucht, um CDU-Vorsitzender zu werden. Ich hoffe nicht, dass er nun drei Anläufe braucht, um zum Bundeskanzler gewählt zu werden. Man mag Merz mögen oder kritisieren, aber CDU/CSU und SPD haben sich auf eine Koalition geeinigt. Nun fehlten 18… — Hasnain Kazim (@HasnainKazim) May 6, 2025
Update: Der nächste Wahlgang, an dem Merz seine Niederlage ausbügeln und dennoch Kanzler werden kann, soll bereits am Dienstag stattfinden. Es ist vom Nachmittag die Rede. Zuvor hatte es geheißen, dass ein neuer Wahlgang erst am Mittwoch als wahrscheinlich gilt.