Bali

Von der Urlaubsinsel zum Finanzzentrum?

Bali soll zum Singapur des Südens werden und Indonesiens Wirtschaft auf Wachstumskurs bringen. Der Preis dafür könnte hoch sein.

Eigentlich soll Bali seit einigen Jahren zum „Öko-Tourismus“-Ziel ausgebaut werden.

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Eigentlich soll Bali seit einigen Jahren zum „Öko-Tourismus“-Ziel ausgebaut werden.

Von Barbara Barkhausen

Palmenstrände, Reisterrassen und Tempelanlagen – bislang war Bali vor allem als Traumziel für Touristen bekannt. Doch Indonesiens Regierung hat weitaus größere Pläne für die Insel: Präsident Prabowo Subianto will Bali zu einem regionalen Finanzzentrum nach dem Vorbild Singapurs, Indiens Gujarat oder Dubai entwickeln.

Der Plan kommt zu einem kritischen Zeitpunkt für Indonesien. Die größte Volkswirtschaft Südostasiens kämpft mit einer Wachstumsschwäche: Für 2025 wird nur noch ein Wachstum von 4,9 Prozent erwartet, nach fünf Prozent im Vorjahr. Die Regierung hat sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2029 eine Wachstumsrate von acht Prozent zu erreichen.

Das Vorhaben soll die Wirtschaft des südostasiatischen Landes diversifizieren und globale Investoren anziehen, doch Experten äußern erhebliche Zweifel. „Die Schaffung eines Finanzzentrums wird als Verzweiflungsmaßnahme der Regierung betrachtet, um das ins Stocken geratene Wirtschaftswachstum anzukurbeln“, heißt es zum Beispiel in einer Analyse des südkoreanischen Wirtschaftsmediums „Chosun Business“.

Geplant: Finanzviertel mit umfassenden Privilegien

Auch Trissia Wijaya, Indonesien-Expertin am Asien-Institut der Universität von Melbourne, ist skeptisch: „Singapurs Status als vertrauenswürdiges und zuverlässiges regionales Handelszentrum, insbesondere nachdem Hongkongs Position durch Pekings Eingreifen geschwächt wurde, beruht auf institutionellen und wirtschaftlichen Grundlagen, die Bali und selbst Jakarta derzeit fehlen“, so Wijaya.

Konkret plant die Regierung die Schaffung eines speziellen Finanzviertels auf Bali mit umfassenden Privilegien. Internationale Banken, Vermögensverwalter und Private-Equity-Firmen sollen durch Steueranreize, regulatorische Ausnahmen und drastisch vereinfachte Verwaltungsverfahren angelockt werden. „Die Regierung möchte ein modernes, transparentes Finanzzentrum schaffen, das die nationale Wirtschaftsentwicklung unterstützt“, erklärte Jodi Mahardi, Sprecher des Nationalen Wirtschaftsrats.

Bali leider an Übertourismus und Wassermangel

Indonesien will dabei einen separaten rechtlichen Rahmen nach dem Vorbild Singapurs implementieren, das für sein unternehmensfreundliches System bekannt ist. Eine Sonderwirtschaftszone speziell für Finanzdienstleistungen, Vermögensverwaltung und Fintech-Entwicklung steht zur Diskussion.

Dabei zeigt die jüngere Geschichte Balis, wie schwierig solche Transformationen sind. Als Chinas Belt and Road Initiative („Neue Seidenstraße“) vor einigen Jahren an Dynamik gewann, wurde Bali als „Ökotourismus“-Zentrum ausgewiesen und sollte ausländische Investitionen, insbesondere aus China, anziehen. „Dies hat sich jedoch aufgrund regulatorischer Unsicherheiten und des Fehlens eines klaren, koordinierten Plans kaum verwirklicht“, erklärt Expertin Wijaya. Die Skepsis ist auch deshalb groß, weil die Insel bereits unter Übertourismus und Ressourcenknappheit leidet. Mehr als 65 Prozent der Süßwasservorräte Balis werden in Resorts und Schwimmbädern verbraucht.

Es drohen Landaneignung und Umweltzerstörung.

„Während Hotels und Straßenbauprojekte auf der gesamten Insel weitergehen, fragen Kritiker, ob die Infrastruktur ein Finanzzentrum aufnehmen kann“, heißt es bei „Chosun Business“. Wijaya warnt vor weiteren Risiken: Diese würden diese weitgehend langjährige Probleme widerspiegeln: Landaneignung und Konflikte sowie Umweltzerstörung.

Entscheidender sei jedoch, dass wenn das Bali-Projekt wie es üblich ist als „Nationales Strategisches Projekt“ ausgewiesen würde, dies erneut Spannungen zwischen nationalen Regierungen und Gemeinden auslösen könnte, bei denen die öffentliche Beratung eingeschränkt wäre. Hinzu komme die politische Konstellation: Die derzeitigen Exekutivorgane der Regierung seien von einem kleinen Kreis von Präsident Prabowos Verbündeten aus Wirtschaft und Militär sowie Vertretern wichtiger politischer Parteien besetzt, erklärte Wijaya.

Die Konkurrenz ist nicht zu unterschätzen

Auch die internationale Konkurrenz ist nicht zu unterschätzen. Malaysia hat sich längst als Finanzdrehscheibe in der islamischen Welt etabliert, die Philippinen haben Rechtsreformen zur Investitionsförderung abgeschlossen. Vietnam investiert mehrere Milliarden Euro in den Aufbau eines internationalen Finanzzentrums in Ho-Chi-Minh-Stadt und plant ein zweites in Da Nang. Vorbilder zeigen, wie schwierig solche Projekte umzusetzen sind. Indiens GIFT City etwa wurde 2013 gegründet, ist aber mehr als ein Jahrzehnt später immer noch nicht fertig und kämpft mit mangelnder Infrastruktur und schlechten Lebensbedingungen.

Das Finanzzentrum-Projekt ist eingebettet in eine breite Strategie der Regierung. Mit dem Digital Nomad Visa versucht Indonesien, Unternehmer und Arbeitskräfte anzuziehen und Balis Attraktivität für wissensbasierte Fachkräfte zu stärken. Zudem soll die Initiative helfen, Investitionen von der überlasteten Hauptstadt Jakarta und der im Bau befindlichen neuen Hauptstadt Nusantara abzuzweigen.

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Erstellt:
13. November 2025, 13:58 Uhr

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