Leistungssteigerung beim Sport

Warum Fluchen stark macht

Fluchen statt Zurückhaltung: Einer Studie zufolge kann verbale Wut beim Sport tatsächlich helfen. Wer schimpft, bleibt länger stark und konzentriert.

Man hört das Fluchen förmlich aus dem Bild  heraus: Karlheinz Mozin (SW Essen, Mi.)) wütend zwischen den Ordnern in den 1960ern bei einem Spiel der Regionalliga West.

© mago/Werner Otto

Man hört das Fluchen förmlich aus dem Bild heraus: Karlheinz Mozin (SW Essen, Mi.)) wütend zwischen den Ordnern in den 1960ern bei einem Spiel der Regionalliga West.

Von Markus Brauer/dpa

Verflixt und zugenäht! Wer richtig sauer ist und mal Dampf ablassen will, greift tief in die Obszönitäten-Kiste. „Scheißkerl“, „Penner“, „Sackgesicht“, „Drecksau“, „Arschloch“, „Wichser“, „Vollpfosten“.

„Eine Geste kann mehr als einen ganzen Satz ersetzen“

Zugegeben! Es geht auch eine Nummer leiser, ohne verbale Brachialgewalt, dafür nicht minder effektiv und beleidigend. Aber: „Eine Geste kann mehr als einen ganzen Satz ersetzen“, sagte einmal der 2024 verstorbene Freiburger Sprachforscher Hans Martin Gauger.

„Fluchen und Schimpfen gehören zur ‚Conditio humana‘ – zum Menschsein“, meint der Schweizer Sprachwissenschaftler und Malediktologe Roland Ries.

Zudem haben Wissenschaftler herausgefunden, dass ein verbaler und gestischer „Stuhlgang der Seele“ befreit und Stress abbaut. Die möglichen rechtlichen und finanziellen Folgen von Beleidigungen im öffentlichen Raum machen den schnell nachlassenden positiven Effekt allerdings wieder vollkommen zunichte. Deshalb ein Tipp: Finger weg vom Beleidigen, Fluchen und Stinkefinger!

Die Lust am „Male dictus“

Flüche haben keinen besonders guten Ruf im Sprachgebrauch. Wissenschaftler aus Großbritannien liefern jetzt allerdings in einer aktuellen Studie gute Argumente für die Lust am „Male dictus“ – an der beleidigenden, gemeinen und vulgären Rede.

Demnach kann Fluchen körperliche Leistungen steigern, wie die Gruppe der britischen Universität Keele und der University of Alabama in Huntsville im Fachjournal „American Psychologist“ schreibt.

Die Forscher ließen in zwei Experimenten 192 Teilnehmer Stuhl-Liegestütze („chair push-ups“) durchführen. Alle zwei Sekunden sollten sie dabei ein Wort wiederholen – im einen Experiment ein Schimpfwort ihrer Wahl, im anderen Experiment ein neutrales Wort. „Fuck“ und „Shit“ waren dabei besonders beliebt.

Das Ergebnis ist unzweideutig: Jene Probanden, die zwischendurch fluchten, konnten ihr Körpergewicht signifikant länger halten als jene, die zwischendurch neutrale Begriffe sagten.

„Diese Erkenntnisse helfen zu verstehen, warum Fluchen so alltäglich ist“, erklärt Studienautor Richard Stephens von der Universität Keele. „Fluchen ist buchstäblich ein kalorienfreies, nichtmedikamentöses, kostengünstiges und leicht verfügbares Mittel, das uns zur Verfügung steht, wenn wir einen Leistungsschub brauchen.“

Fluchende handeln zügelloser und impulsiver

„In vielen Situationen halten sich Menschen – bewusst oder unbewusst – zurück, ihre volle Kraft einzusetzen“, konstatiert Forscher Stephens. „Fluchen ist eine leicht zugängliche Methode, um sich selbst dabei zu helfen, konzentriert und selbstbewusst zu bleiben, sich weniger ablenken zu lassen und etwas mehr Gas zu geben.“

Das Fluchen versetze, so die These der Experten, Menschen in eine Art enthemmten Zustand, in dem sie zügelloser und impulsiver handelten. Für einige der Merkmale, mit denen die Forscher diesen Zustand definierten, konnten sie einen Zusammenhang bestätigen.

So seien „Flow“ – also einen konzentrierten, positiven Zustand –, Ablenkung und Selbstvertrauen tatsächlich relevante Mediatoren dafür, dass fluchende Menschen höhere sportliche Leistungen erreichten, schreiben die Autoren. Beim Humor hingegen ließ sich kein Zusammenhang belegen.

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Erstellt:
22. Dezember 2025, 17:28 Uhr

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