DB-Schienennetz

Warum Schnieder bei der Bahn durchgreift

Der Verkehrsminister will die Konzernpläne für neue Vorstände bei der gemeinnützigen DB InfraGo AG stoppen. Der Konflikt könnte eskalieren.

Patrick Schnieder (links) auf dem Weltgipfel der Verkehrsminister in Leipzig. Neben ihm Messechef Leipzig Martin Buhl-Wagner, und Young Tae Kim, Präsident des Weltverkehrsforums.

© dpa/Sebastian Willnow

Patrick Schnieder (links) auf dem Weltgipfel der Verkehrsminister in Leipzig. Neben ihm Messechef Leipzig Martin Buhl-Wagner, und Young Tae Kim, Präsident des Weltverkehrsforums.

Von Thomas Wüpper

Die neue Bundesregierung will die verlustreiche Deutsche Bahn AG sowie das bundeseigene Schienennetz besser aufstellen und dazu das Personal an der Spitze der Unternehmen austauschen. Dabei greift der federführende neue Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) beim größten Staatskonzern nun schon kurz nach Amtsantritt erstmals durch. Mit dem Vorgehen des Bahnvorstandes bei der geplanten Neubesetzung von drei Führungsposten bei der gemeinnützig orientierten DB Infra-Go AG sei er „in keiner Weise einverstanden“, sagte der Minister der FAZ. Das habe er auch der Bahnspitze bereits verdeutlicht, so Schnieders öffentliche Warnung an DB-Chef Richard Lutz.

Konflikt reicht weit über reine Personalfragen hinaus

Die umstrittenen Personalpläne sind laut FAZ in Unterlagen für den Aufsichtsrat enthalten, der demnächst wieder tagt. Demnach soll unter anderem der Projektmanager Gerd-Dietrich Bolte, der voriges Jahr die Sanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim geleitet hat, zum 30. Juni die bisherige Infra-Go-Vorständin Ingrid Felipe ablösen. Zudem sei Ralf Thieme, bisher noch Vorstand für Personenbahnhöfe, betroffen. Offenkundig hat der DB-Konzern, der zu 100 Prozent in Bundesbesitz ist, die beabsichtigten Führungswechsel aber nicht hinreichend mit seinem Eigentümer und dem neuen Minister abgestimmt.

Der Konflikt reicht weit über reine Personalfragen hinaus, es geht um die Entscheidungsmacht beim hoch subventionierten bundeseigenen Schienennetz. Die Union will die DB Infra-Go, die das Netz verwaltet und gemeinnützig arbeiten soll, unabhängiger vom kommerziellen Großkonzern machen, der bereits seit der Bahnreform 1994 die Weichen bei der Infrastruktur vor allem nach seinen Interessen stellt. Eine Herauslösung des lange vernachlässigten Schienennetzes aus dem Konzern oder zumindest die Beendigung der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge scheiterten indes wie schon bei der Ampelkoalition am Widerstand der SPD und der ihr eng verbundenen Gewerkschaft EVG.

Der Konzerneinfluss des Bundes dominiert

Die Aktiengesellschaft bestimmt als Holding daher weiterhin bei der Tochterfirma unter anderem über die Besetzung der Führungsposten und stellt mit ihrem Infrastrukturvorstand und langjährigen Topmanager Berthold Huber zudem den Aufsichtsratschef. Diese Doppelfunktion Hubers und den weiterhin dominierenden Konzerneinfluss bei der Infrastruktur kritisiert der Bahnverband Mofair scharf, der die zahlreichen Wettbewerber der Bahn vertritt.

Als „Sofortmaßnahme“ sollte der Bund den Aufsichtsrat der DB Infra-Go neu besetzen und statt des Bahn-Konzerns ein Vertreter des Verkehrsministeriums den Vorsitz übernehmen, forderte Mofair-Präsident Martin Becker-Rethmann jüngst in einer Lobbyrunde mit Abgeordneten des neuformierten Deutschen Bundestags. Damit würde die Regierung das Signal für eine Bahnreform senden. Im Kontrollgremium sitzen 20 Vertreter, die Hälfte davon wird über die Mitbestimmung von Betriebsräten und Gewerkschaftern besetzt. Stellvertreter von Huber ist EVG-Vize Kristian Loroch. Konkret schlägt Mofair vor, dass zeitnah auch andere Eisenbahnverkehrsunternehmen, die das Schienennetz nutzen, erstmals in dessen Kontrollgremium einziehen. Bisher haben Konkurrenten der Bahn im Güterverkehr, die bereits rund 60 Prozent Marktanteil erobert haben, ebenso wenig Mitbestimmungsrechte bei der Infra-Go wie die zahlreichen anderen Anbieter im Personenverkehr, die auf regionalen Strecken schon rund 40 Prozent der Zugstrecken fahren.

Es rumort konzernintern bei der Deutschen Bahn

Zudem sollten Vertreter des DB-Konzerns im Infra-Go-Aufsichtsrat durch Vertreter des Bundes ersetzt werden, so Mofair. Das Verkehrsministerium müsse drei statt bisher nur ein Mandat übernehmen, damit würde dessen Anspruch, die Entwicklung der Schieneninfrastruktur stärker zu begleiten, „glaubwürdig unterstrichen“. Auch der Bundesrechnungshof fordert seit Jahren, dass der Bund den Bahn-Konzern besser steuert, der inzwischen ein schwerer Sanierungsfall ist mit 33 Milliarden Euro Schulden und insgesamt 10 Milliarden Euro Verlusten seit der Corona-Krise.

Auch konzernintern rumort es seit Monaten gewaltig, die Ablösung von DB-Chef Richard Lutz scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein und könnte sich beschleunigen, falls der Konflikt weiter eskaliert. Minister Schnieder betont allerdings, dass statt Personalfragen zunächst eine Strategie dringlicher sei, wie der Konzern künftig aufgestellt sein soll. „Der Bund muss bestimmen, was bei der Infrastruktur passieren muss und das dann auch kontrollieren“, sagt ein Insider unserer Redaktion. Nötig sei „ein knallharter Infraplan“ mit Strategie, Maßnahmen, Kontrolle und Sanktionen.

Zum Artikel

Erstellt:
26. Mai 2025, 14:04 Uhr
Aktualisiert:
26. Mai 2025, 15:20 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen