Wissenschaft für die Küche
Warum wir beim Zwiebel-Schneiden weinen
Vielen Menschen tränen beim Zwiebelschneiden die Augen. Doch der Grund dafür ist ein anderer als lange angenommen, wie Forscher jetzt herausgefunden haben.

© Imago/Panthermedia
Von Markus Brauer
Zwiebeln gehören zur Familie der Zwiebelgewächse und haben ihren Ursprung vermutlich in den Steppen von Zentral- und Westasien. Seit rund 5000 Jahren wird die Zwiebel von den Völkern Asiens, des Orients und der Mittelmeerländer genutzt. Schon die Sumerer und Ägypter nutzten sie als Heil- und Würzpflanze.
Verbreitet wurde die Zwiebel nördlich der Alpen durch die römischen Soldaten. Populär wurde sie aber erst im Mittelalter. So ist sie in der Pflanzenliste Karls des Großen verzeichnet.
Tränenreizende Stoff Allicin als natürlicher Fraßchutz
Für den typischen Zwiebelgeruch sind die schwefelhaltigen Verbindungen zuständig. Der tränenreizende Stoff Allicin dient der Pflanze als Fraßschutz. Die Inhaltsstoffe der Zwiebel wirken verdauungsfördernd, entzündungshemmend und blutdrucksenkend.
Doch das schmackhafte Gewächs hat ein merklichen Nachteil: ihr stechender Duft und die tränenden Augen beim Schneiden.Bisher ging man davon aus, dass für diese Eigenschaften flüchtige Schwefelverbindungen verantwortlich sind, die beim Zerschneiden zu Propanethial-S-Oxid reagieren und die Nerven der Hornhaut reizen.
Doch bereits in den 1950er-Jahren vermuteten Forscher, dass auch winzige Flüssigkeitströpfchen, die beim Schneiden entstehen, eine Rolle spielen könnten.
Geköpfte Zwiebeln: So lief das Experiment ab
Zixuan Wu von der Cornell University in Ithaca (US-Bundesstaat New York) und ihr Team haben diesen Verdacht nun erstmals experimentell überprüft:
- Dafür entwickelten sie eine Vorrichtung, in der Stahlklingen unterschiedlicher Schärfe und Geschwindigkeit auf halbierte Zwiebeln herabsausten. Jedes noch so kleine Tröpfchen, das dabei aus dem Zwiebelgewebe austrat, wurde von speziellen Hochgeschwindigkeitskameras aufgezeichnet.
- Sobald die Klinge auf die Außenhaut der Zwiebeln trat, wölbte diese sich wie eine gespannte Membran unter dem Druck, riss dann plötzlich auf und setzte die darunterliegende Flüssigkeit explosionsartig in fadenartigen Fontänen frei.
- Der augenreizende Zellsaft erreichte dabei Geschwindigkeiten von über 140 Kilometer pro Stunde.
- Innerhalb von Millisekunden zerteilten sich die ausgestoßenen Flüssigkeitsbänder in Hunderte bis Tausende winziger Tröpfchen und verteilten sich dadurch als feiner Regen großflächig in der Luft. Die Wahrscheinlichkeit, von den darin enthaltenen Schwefelverbindungen im Auge getroffen zu werden, stieg dadurch erheblich.
Was lässt sich gegen die Tröpfchen-Attacke tun?
Die Forscher fanden auch einen Weg, um sich von Zwiebel-Attacken zu schützen.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass stumpfe Klingen sowohl die Geschwindigkeit als auch die Anzahl der ausgestoßenen Tröpfchen erhöhen, was die weit verbreitete Annahme experimentell bestätigt, dass das Schärfen von Messern das Tränen der Augen beim Schneiden von Zwiebeln reduziert“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer Studie, die im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ erschienen ist.
Wer langsam und mit einem scharfen Messer schneidet, kann damit indirekt seine Augen schonen.