Was bedeutet der Klimawandel für den Kessel?
Zum ersten Mal hat das Bundesamt für Naturschutz in der Wilhelma zu einer Diskussion über das Klima und die Biodiversität eingeladen.

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Sabine Riewenherm, Thomas Kölpin, Almut Sattelberger, Leonie Fischer, Andreas Neft, Sabine Metzger, Daniela Schätzel (von rechts) beim Gartengespräch im Aquarium der Wilhelma.
Von Iris Frey
Stuttgart - Die Präsidentin des Bundesamts für Naturschutz, Sabine Riewenherm, äußerte beim Gartengespräch in der Wilhelma vor rund 100 Teilnehmern aus Politik, Wissenschaft und Verbänden eine klare Forderung: „Wir brauchen nicht nur Schwammstädte, sondern auch Biodiversitätsstädte.“ Also Städte mit vielen naturnahen Lebensräumen, Bäumen und Grünflächen. Mit Blick auf den zoologisch-botanischen Garten in Stuttgart betonte sie: „Sie haben hier eine kleine Schatzkammer“, und auch die Stadt biete Möglichkeiten der Verbindung durch die grünen Adern.
Finanzstaatssekretärin Gisela Splett (Grüne) beschrieb den Stuttgarter Zoo als einen Ort, der „Begeisterung weckt für die Artenvielfalt und das Bewusstsein für die Biodiversität, auch mit den großen botanischen Sammlungen“. Sie sei beeindruckt von der wissenschaftlichen Arbeit und dem Einsatz der Parkpflege.
Preisgekröntes Schmetterlingsschutz-Projekt
Die Wilhelma kooperiert seit fünf Jahren mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und hat 2021 den Landesnaturschutzpreis der Stiftung Naturschutzfonds für ein Schmetterlingsschutz-Projekt erhalten. Wilhelma-Direktor Thomas Kölpin verwies darauf, dass der Stuttgarter Zoo auch für etliche Biotope in der Stadt verantwortlich ist und die Botanik mit dem internationalen Samentausch auch Pflanzen wieder in die Natur zurückbringe. Die Wilhelma kümmere sich zugleich weltweit um 40 Projekte im Artenschutz. Impulse gab Professorin Leonie Fischer, die Leiterin des Instituts für Landschaftsplanung und Ökologie der Universität Stuttgart. Die ausgebildete Landschaftsgärtnerin berichtete, wie bei Stadtentwicklung und Bauten die Anforderungen für den Klimawandel und die Biodiversität integriert werden können. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt „Urbaninsects“ vom Institut für Akustik und Bauphysik der Universität Stuttgart, Daniela Schätzel, erklärte begeistert, wie problemlos sich Insektenhotels bei energetischen Gebäudesanierungen einbauen lassen.
Klimaanpassungskonzept mit 70 Maßnahmen
Die Stadt Stuttgart verzeichnet zunehmend Hitzetage. Das bestätigte auch Andreas Neft, der Leiter des Amtes für Umweltschutz der Stadt Stuttgart. Stuttgart sei aufgrund der dicht bebauten Kessellage auf dem Weg zur heißesten Stadt Deutschlands zu werden. Unter der Federführung des Umweltamts arbeite deshalb die Verwaltung an einem Klimaanpassungskonzept mit 70 Maßnahmen. Bei der Begrünung von Gebäuden sieht Neft noch viel Potenzial. Und er betonte mit Blick aufs Bauen: „Barrieren für Kaltluftschneisen kosten Geld und Quadratmeter.“
Dass Stuttgart eine Gartenstadt ist, betonte Sabine Metzger, Erste Vorsitzende des Bezirksverbands der Gartenfreunde Stuttgart. Doch es gebe in der Landeshauptstadt noch zu wenig Schrebergärten. Leonie Fischer betonte, dass es besonders für kleine Kinder wichtig sei, Natur und Artenvielfalt kennenzulernen, damit sie sich später dafür einsetzen. Mit Blick auf Biodiversität und Qualität bei der Parkpflege in den Städten forderte Neft unter Beifall: „Alle Städte können noch zulegen und ihre Aufträge nicht einfach dem Billigsten geben.“ Wie sich die Wilhelma auf den Klimawandel einstellt, zeigten die Mitarbeiter beim „Walk and Talk“. So gibt es schon seit längerem Feuchtigkeitsmesser bei den Mammutbäumen, und Wechselflorbeete wurden in klimaresistente Dauerbeete umgewandelt.