Seismische Krise
Was die Erdbeben vor Santorini im Januar 2025 auslöste
Im Januar 2025 erschütterten zehntausende Erdbeben die Insel Santorini und ihre Umgebung. Kieler Forscher haben jetzt die Ursache für diese seismische Krise gefunden.

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Santorini liegt im östlichen Mittelmeer und ist Teil des Hellenischen Vulkanbogens, einer geologisch hoch aktiven Zone. Die Inselgruppe Santorini bildet den Rand einer vulkanischen Caldera, entstanden durch eine gewaltigen Vulkaneruption vor rund 3600 Jahren.
Von Markus Brauer
Zehntausende Erdbeben haben im Januar und Februar 2025 die griechische Insel Santorini und Umgebung erschüttert. Jetzt hat ein Forscherteam unter Leitung des GFZ Helmholtz-Zentrums für Geoforschung und des GEOMAR Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung Kiel eine umfassende geologische Analyse der seismischen Krise in der Fachzeitschrift „Nature“ vorgelegt.
300 Millionen Kubikmeter Magma aufgestiegen
Die Wissenschaftler integrierten dafür Daten von Erdbebenstationen und Ozeanboden-Instrumenten, abgesetzt am sieben Kilometer entfernten Unterwasservulkan Kolumbo, und nutzten eine neu entwickelte KI-basierte Methode zur Lokalisierung von Erdbeben. Dies erlaubte, die Vorgänge im Untergrund detailliert zu rekonstruieren.
Demzufolge sind etwa 300 Millionen Kubikmeter Magma aus der tiefen Erdkruste aufgestiegen und in rund vier Kilometern Tiefe unter dem Ozeanboden zum Erliegen gekommen. Bei seinem Aufstieg durch die Erdkruste erzeugte das glutflüssige Magma tausende Erdbeben und seismische Tremores (vulkanisch bedinge Erdstöße).
Santorini – seismisch unruhige Region
Santorini liegt im östlichen Mittelmeer und ist Teil des Hellenischen Vulkanbogens, einer geologisch hoch aktiven Zone. Die Inselgruppe Santorini bildet den Rand einer vulkanischen Caldera, entstanden durch eine gewaltigen Vulkaneruption vor rund 3600 Jahren. In unmittelbarer Nachbarschaft liegt der aktive Unterwasservulkan Kolumbo.
Mehrere aktive geologische Bruchzonen laufen durch die Region um Santorini, gebildet durch die nach Nordosten gegen die Hellenische Platte drückende Afrikanische Platte. Die Erdkruste im Mittelmeerraum ist in mehrere Mikroplatten zerbrochen, die sich gegeneinander verschieben und zum Teil untereinander abtauchen und dadurch magmatisch aufschmelzen.
1950, 1956, 2025
In historischer Zeit kam es bei Santorini zu mehreren Vulkanausbrüchen, zuletzt im Jahr 1950. Im Jahr 1956 ereigneten sich in der südlichen Ägäis zwei schwere Erdbeben im Abstand von nur 13 Minuten zwischen Santorini und der Nachbarinsel Amorgos. Die Magnituden betrugen 7.4 und 7.2, und es kam zu einem Tsunami.
Der Erdbebenschwarm, der im Januar 2025 begann, ereignete sich in genau dieser Region. Während der Krise wurden mehr als 28.000 Erdbeben registriert. Die stärksten Beben erreichten Magnituden von mehr als 5,0.
Die starken Erschütterungen während der seismischen Krise besorgten die Bevölkerung, auch weil zunächst unklar war, ob die Ursachen überwiegend tektonischer oder vulkanischer Natur waren.
Was geschah im Untergrund?
Die aktuelle Studie zeigt nun, dass der Erdbebenschwarm durch den Transport von Magma in der Tiefe ausgelöst wurde. Die Ereigniskette hatte bereits im Juli 2024 begonnen, als Magma in ein flaches Reservoir unter Santorini aufstieg.
Dies führte zunächst zu einer kaum bemerkbaren Anhebung von Santorini um wenige Zentimeter. Anfang Januar 2025 verstärkte sich die Erdbebenaktivitä. Ab Ende Januar begann der Aufstieg des Magmas aus der Tiefe, begleitet von intensiver Erdbebenaktivität.
Die Erdbebenaktivität verlagerte sich weg von Santorini über eine Strecke von mehr als zehn Kilometern in Richtung Nordosten. Während dieser Phase bewegten sich die Herde der Beben in mehreren Pulsen von einer Tiefe von 18 Kilometern aufwärts bis zu einer Tiefe von nur 3 Kilometern unter dem Meeresboden.
Aufstieg von Magma durch die Erdkruste
Marius Isken, Geophysiker am GFZ und einer der beiden Erstautoren der Studie, erklärt: „Die seismische Aktivität war typisch für den Aufstieg von Magma durch die Erdkruste. Das aufsteigende Magma bricht sich den Weg durch das Gestein der Erdkruste. Diese sogenannte Magma-Intrusion führt zu intensiver Erdbebenaktivität.“
Infolge der Magmabewegung senkte sich die Insel Santorini wieder, was die Autoren als Hinweis auf eine zuvor unbekannte hydraulische Verbindung zwischen den beiden Vulkanen werten.