AC/DC „Power Up“-Tour

Was erwartet die Fans von Angus Young und Co. in Karlsruhe?

Im Rahmen ihrer „Power Up“-Tour sind AC/DC im Sommer 2024 bereits in Stuttgart aufgetreten. Ob sich die Band für das Konzert am Sonntag in Karlsruhe viel Neues einfallen lässt?

Angus Young 2024 beim Auftritt in Stuttgart

© IMAGO/Paranoyd Magazin

Angus Young 2024 beim Auftritt in Stuttgart

Von Christoph Reisinger

Die australische Band AC/DC tritt am Sonntag in Karlsruhe auf. Rund 75.000 Besucherinnen und Besucher werden bei der Show im Rahmen der „Power Up“-Tour erwartet. Und was die wiederum erwartet, wissen zumindest die 90.000 Fans ziemlich gut, die im Juli 2024 beim AC/DC-Konzert auf dem Cannstatter Wasen waren. Denn auch dieses fand im Rahmen der „Power Up“-Welttournee statt. Für alle, die einen Vorgeschmack bekommen möchten, was auf der Bühne und drumherum passieren wird, hier unsere Besprechung des Konzert vom 17. Juli 2024 in Stuttgart.

Schwarz dominiert, die Farbe unzähliger AC/DC-T-Shirts. Sichtbar, wohin das Auge reicht. Unter den 90.000 Menschen, die auf den Cannstatter Wasen gekommen sind, um die australische Hard-Rock-Legende AC/DC zu hören, überwiegen zwar die 50- bis 65-Jährigen. Aber auffällig ist, wie viele Junge an diesem Abend Lust auf eine Band haben, die seit Ende 1973 auftritt.

„Einen geilen Abend“, erwarte sie, sagt Julia Weiß, Anfang 30, nachdem die letzten Klänge der bemerkenswerten Vorgruppe The Pretty Reckless um Sängerin Taylor Momsen verklungen sind. Und schwärmt mit ihren noch jüngeren Begleitern Marie Friedrich und Daniel Sauter von der „Riesenstimmung der Fans“, die schon auf der Anfahrt aus Friedrichshafen an den Raststätten geherrscht habe.

Zwei Stunden AC/DC pur

Kurz nach acht Uhr, die Sonne steht noch hoch, zeigen die Video-Wände hinter der 62 Meter breiten Bühne und an zehn riesigen Gerüsttürmen für die Licht- und Tontechnik ein kurzes Intro-Filmchen. Danach: Gut zwei Stunden AC/DC pur.

„If You Want Blood“ eröffnet den dezibelstarken Reigen durch letztlich 21 AC/DC-Klassiker. Und spätestens nach drei Spielminuten ist klar, warum diese Band gerade auf Tour so gut ankommt. Warum sie zwar ein Gesamtwerk von etwa 150 Stücken vorweist, aber bis heute kein „Best Of“-Album. Da entfaltet sich eine Präsenz, als wären diese Künstler nie weg gewesen – 14 Jahre nach dem letzten Auftritt in Stuttgart wohlgemerkt.

Eindrucksvoll: die Stimme von Brian Johnson

Das liegt an den einfachen Tonfolgen, aus denen Lead-Gitarrist Angus Young und sein Neffe Stevie Young einen ganz und gar unverwechselbaren Klang geformt haben. Auch am Bekanntheitsgrad von „Back in Black“, „Demon Fire“, „Shot Down in Flames“ oder „Thunderstruck“, die auf den Show-Eröffner folgen.

Am eindrücklichsten aber schafft die Stimme des Briten Brian Johnson AC/DC-Identität. Phänomenal, wie der 76-Jährige die Intensität seines Pressgesangs bis zum Ende des Konzerts halten kann. Und das seit 1980. Da drängen sich Vergleiche auf zu ähnlich kraftraubend singenden Rockgrößen. Zum späten John Fogerty etwa, der völlig anders klingt als zu seinen Zeiten mit Creedence Clearwater Revival. Oder zu einem mit der Zeit immer piepsigeren Axl Rose.

Zurück in die Schuluniform

Identität, Wiedererkennen – das ist ein großes Motto an diesem Abend. Den Chor der 90 000, die den Refrain von „Highway to Hell“ mitsingen, werden wenige vergessen, die ihn gehört haben. Dazu passt die altbekannte Bühnenshow, die noch immer vom Duck Walk (Entengang) des inzwischen halb glatzig, halb weißmähnigen Angus Young lebt. Die beinahe minimalistisch wirkt in einer Zeit der Prachtbühnen und des Bewegungstempos von Pink oder Helene Fischer.

Young in Schuluniform – dieses Mal leuchtend rot mit schwarz-roter Krawatte. Johnson mit der scheinbar immer gleichen Schiebermütze. Die gewaltige AC/DC-Glocke, die zu „Hell Bells“ vom Bühnendach herniederschwebt, wie schon 1991 im legendären Konzert im englischen Donington. Alles hat seinen gewohnten Platz.

Hier geht es auch um Sex und um den Teufel

Dieses Aufgeräumte steht in hübschem Kontrast zum Tempo auf der Bühne. Zur Lautstärke. Zu den Liedtexten, in denen es so viel und unverblümt um Sex geht und auch um den Teufel. Das ist die Mischung, die es offensichtlich macht. Was die Begeisterung im Publikum belegt, das jubelt, sobald die Band „Shoot to Thrill“, „High Voltage“ oder „You Shook Me All Night Long“ intoniert.

Man mag diese Mischung als konventionell bezeichnen. Ja, sie hat einen Hauch jenes Kräuterlikörs, den ein norddeutscher Hersteller nach dem immer gleichen Rezept seit bald 100 Jahren verkauft. Vor allem aber ist sie erfolgreich. Der Veranstalter der aktuellen „Power Up“-Tour – der lokale Veranstalter in Stuttgart ist SKS Russ live – hat im März bekannt gegeben, innerhalb von zwei Februar-Tagen 1,5 Millionen Tickets für die Runde durch zwölf europäische Städte verkauft zu haben, die am 17. Mai in Gelsenkirchen begann und am 17. August in Dublin enden soll.

Es gibt Fans, die Reisen der Band von Konzert zu Konzert hinterher

Mögen AC/DC mit ihrer Show, mit „Riff Raff“ oder „Sin City“ das Erwartete und Erwartbare liefern, so bieten sie doch vor allem das allseits Erhoffte. Der 30-jährige Dominic Müller aus dem schweizerischen Sankt Gallen bringt das in Stuttgart so auf den Punkt: „Ich habe von der aktuellen Tour schon die beiden Konzerte in München gesehen und das in Zürich und habe auch Karten für Dublin.“ Um eine Songliste zu hören, die während dieser Tour allenfalls minimale Veränderungen erfährt.

In all dem Vertrauten fällt kaum auf, dass die Band mit ihrem neuen Bassisten Chris Chaney an Stelle von Cliff Williams auftritt, der sich zur Ruhe gesetzt hat. Der Werdegang Chaneys, der wie Schlagzeuger Matt Laug auch schon für Alanis Morissette im Einsatz war – Laug zudem für Rockgrößen wie Slash oder Vasco Rossi – legt allerdings nahe, dass AC/DC zumindest künstlerisch mit diesen Einwechslungen kein großes Wagnis eingegangen sind.

Wann kommen sie zurück?

Künstlerisch überragt auch an diesem Stuttgarter Abend Angus Young. Puristen mögen in einer Ära, in der speziell Metal inzwischen in ganz andere Dimensionen der Gitarren- und Bass-Verzerrungen vorgestoßen ist, darüber sinnieren, ob AC/DC tatsächlich noch als Hardrocker durchgehen. Die wilden Soli des schweißüberströmten Supergitarristen Angus am Ende von „Let There Be Rock“ weisen solche Zweifel in die Schranken.

Was noch folgt? „TNT“ und „We Salute You“ als Zugaben. Frenetischer Jubel des Publikums nach so viel lautem Vertrauten. Und die Frage: Dauert es wieder 14 Jahre, bis AC/DC wieder nach Stuttgart kommen?

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Erstellt:
13. August 2025, 08:58 Uhr

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