EZB-Analyse:
Was ist ein Goldpreis-Squeeze?
In ihrer aktuellen Financial Stability Review warnt die Europäische Zentralbank (EZB) vor Risiken im Goldmarkt und bringt dabei einen Begriff ins Spiel, der vielen bislang unbekannt war: der Goldpreis-Squeeze. Doch was steckt dahinter?

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EZB warnt vor Goldpreis-Squeeze: Was hinter dem Begriff steckt, wie Lieferengpässe entstehen und warum das Finanzsystem betroffen sein könnte.
Von Matthias Kemter
Ein Squeeze bezeichnet eine Marktsituation, in der die Nachfrage nach einem Vermögenswert sprunghaft steigt, das Angebot aber knapp bleibt, mit teils drastischen Folgen. Im Fall des Goldmarkts heißt das konkret: Wer physisches Gold über Derivatekontrakte liefern muss, bekommt Probleme, ausreichend Gold zu beschaffen. Die Folge sind Preisexplosionen, hohe Nachschusspflichten (Margin Calls) und mögliche Zahlungsausfälle.
Laut EZB hat sich diese Gefahr zuletzt zugespitzt. Immer mehr Investoren fordern physische Lieferung bei Gold-Futures, vor allem über die US-Börse COMEX. Die Lagerbestände in New York steigen, während London Engpässe meldet. Bei der aktuell gleichzeitigen geopolitischen Unsicherheit wächst die Sorge vor einem echten Engpass.
Warum die EZB warnt
Die EZB stellt klar: Der Goldpreis-Squeeze ist nicht nur ein theoretisches Szenario. Bereits heute zeigt sich, dass Derivatemärkte für Gold hochkomplex, teilweise intransparent und oft außerbörslich (OTC) organisiert sind. Viele Verträge laufen zwischen europäischen Banken und ausländischen Gegenparteien. Sollte der Goldpreis plötzlich stark steigen und physische Lieferung notwendig werden, könnten Schieflagen bei Marktteilnehmern auftreten - mit möglichen Folgen für die Finanzstabilität.
Zwar ist der Goldmarkt im Vergleich zu Aktien oder Anleihen klein, doch die strukturellen Schwächen, hohe Konzentration, wenig Transparenz und physische Abhängigkeiten bergen laut EZB Risiken, die in Krisensituationen systemrelevant werden könnten.
Fazit
Ein Goldpreis-Squeeze ist mehr als ein Schlagwort. Die EZB rückt damit ein Risiko in den Fokus, das bislang vor allem für Rohstoffhändler relevant war, nun aber auch für Finanzstabilitätswächter eine Rolle spielt.