Proteste in Los Angeles

Was sind Nationalgarde und ICE in den USA?

Nach landesweiten Protesten gegen harte Abschiebemaßnahmen setzt Präsident Trump auf Konfrontation – mit Soldaten und Sonderbehörden. Doch was steckt eigentlich hinter der Nationalgarde und ICE?

Die Nationalgarde ist in den USA eng mit dem Militär verzahnt.

© Hayk_Shalunts/ Shutterstock

Die Nationalgarde ist in den USA eng mit dem Militär verzahnt.

Von Katrin Jokic

Die Lage in Los Angeles spitzt sich zu: Nachdem die US-Einwanderungsbehörde ICE mit großangelegten Razzien Dutzende Menschen festgenommen hat, formiert sich breiter Protest.

Präsident Donald Trump reagiert mit Härte – er lässt Tausende Mitglieder der Nationalgarde aufmarschieren, gegen den erklärten Willen der kalifornischen Regierung. Die Maßnahme wirft Fragen auf: Welche Aufgaben haben ICE und die Nationalgarde? Wie weit reicht die Macht des Präsidenten? Und was bedeutet dieser Schritt für den inneren Zusammenhalt der Vereinigten Staaten?

Die Nationalgarde: Eine militärische Reserve mit doppelter Zuständigkeit

Die Nationalgarde der Vereinigten Staaten ist eine militärische Reserveorganisation, die sowohl den Bundesstaaten als auch der Bundesregierung unterstellt sein kann. Sie besteht aus zwei Komponenten: der Army National Guard (rund 325.000 Soldaten) und der Air National Guard (rund 105.000 Soldaten). In Friedenszeiten untersteht sie in der Regel dem jeweiligen Gouverneur eines Bundesstaats. Diese Landeskommandos setzen die Truppe bei Naturkatastrophen, inneren Unruhen oder Notfällen ein – etwa bei Waldbränden, Überschwemmungen oder gewaltsamen Protesten.

In nationalen Krisenfällen, Kriegen oder bei besonderen Bundesinteressen kann der US-Präsident das Kommando über die Nationalgarde übernehmen. Die rechtliche Grundlage dafür bietet unter anderem der sogenannte Title 10 des US-Rechtskodex. Ein solcher Fall ist derzeit eingetreten: Präsident Donald Trump hat, gegen den erklärten Willen von Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom, mehrere Tausend Nationalgardisten in den Bundesdienst gestellt und nach Los Angeles entsandt.

Hintergrund ist eine Welle von Protesten gegen aggressive Abschiebemaßnahmen der US-Einwanderungsbehörde ICE. Kritiker, darunter Newsom selbst, werfen Trump vor, das Militär politisch zu instrumentalisieren und demokratische Grundprinzipien zu untergraben – insbesondere, da sich dieser Einsatz ausdrücklich gegen den Willen eines Bundesstaates richtet. Eine derartige Machtdemonstration ist in der US-Geschichte selten und wurde zuletzt 1965 bei den Bürgerrechtsprotesten durch Präsident Lyndon B. Johnson angewandt.

ICE: Die US-Einwanderungs- und Zollbehörde

ICE, ausgeschrieben U.S. Immigration and Customs Enforcement, ist eine Bundesbehörde des Department of Homeland Security (DHS). Sie ist seit ihrer Gründung 2003 für die Durchsetzung von Einwanderungs- und Zollgesetzen verantwortlich. ICE besteht aus mehreren Abteilungen, darunter vor allem:

  • ERO (Enforcement and Removal Operations): Zuständig für die Festnahme, Inhaftierung und Abschiebung von Personen ohne legalen Aufenthaltsstatus.
  • HSI (Homeland Security Investigations): Führt kriminalpolizeiliche Ermittlungen durch, etwa im Bereich Menschenhandel, Kinderpornografie, Drogen- und Waffenhandel oder Visa-Betrug.

Im aktuellen Fall konzentrieren sich die Proteste auf die Einsätze der ERO-Abteilung: ICE soll in Los Angeles in den vergangenen Wochen über 100 Menschen festgenommen haben, darunter auch Gewerkschafter und mutmaßlich irregulär eingereiste Personen. Die Razzien fanden an Arbeitsplätzen, Schulen und öffentlichen Einrichtungen statt – begleitet von Berichten über fehlende Kennzeichnung der Beamten, Gewaltanwendung und überfüllte Hafteinrichtungen.

Diese Maßnahmen sind Teil von Trumps verschärfter Einwanderungspolitik. Der Präsident bezeichnet die Einsätze als "Durchsetzung geltenden Rechts", Kritiker hingegen sprechen von einer gezielten Einschüchterung von Einwanderergemeinden und einem Missbrauch föderaler Macht.

Streit um Trumps Befugnisse

Die Kombination aus massiven ICE-Razzien und der Mobilisierung der Nationalgarde markiert wohl einen neuen Eskalationsgrad im innenpolitischen Konflikt der USA. Präsident Trump stützt sein Vorgehen formaljuristisch auf eine Bestimmung des Bundesrechts, die ihm bei „Rebellion gegen die Bundesregierung“ besondere Vollmachten einräumt. Er interpretiert die Proteste gegen ICE als genau eine solche Rebellion.

Kaliforniens Regierung hingegen argumentiert, es handle sich um friedliche Proteste gegen eine aus ihrer Sicht illegitime Einwanderungspolitik, die auf Angst und Kontrolle basiere. Die Einbindung des Militärs in diese Auseinandersetzung – besonders gegen den Willen der Bundesstaaten – wirft verfassungsrechtliche Fragen auf, vor allem im Hinblick auf die Gewaltenteilung und das föderale Prinzip.

Gibt es in Deutschland etwas wie die Nationalgarde?

Nein – jedenfalls nicht in dieser Form.

Die US-Nationalgarde ist eine Mischung aus Bundes- und Landesmiliz, also eine militärische Reserveeinheit mit doppelter Unterstellung (Staat und Bund). In Deutschland sind Einsätze des Militärs im Inland streng begrenzt. Die Bundeswehr darf nur in Katastrophenfällen (§ 35 GG) oder dem Verteidigungsfall (§ 87a GG) im Inneren eingesetzt werden.

Vergleichbare Funktionen übernehmen in Deutschland beispielsweise das THW (Technisches Hilfswerk), die Polizeien der Länder, die Bundespolizei sowie Reservisten der Bundeswehr.

Gibt es in Deutschland so etwas wie ICE?

Jein. Die US-Behörde ICE (Immigration and Customs Enforcement) vereint Aufgaben von Einwanderungskontrolle, Abschiebung und Zollfahndung – mit eigenen Einsatzkräften, auch in Zivil oder mit militärischer Ausrüstung.

In Deutschland verteilen sich diese Aufgaben auf mehrere Behörden, wie die Bundespolizei, Ausländerbehörden (kommunale Ämter), die Zollfahndung und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF).

ICE ist eine hochzentralisierte und durchsetzungsstarke Behörde mit exekutiver Macht – so etwas existiert in Deutschland nicht. Hier ist die Migrationskontrolle bewusst dezentral, zivil und rechtsstaatlich eingebettet.

Zusammengefasst: Die deutsche Sicherheitsarchitektur ist strikter zwischen Polizei, Verwaltung und Militär getrennt als in den USA. Die Strukturen der Nationalgarde und von ICE sind Ausdruck eines anderen politischen und historischen Verständnisses von Staat, Gewaltmonopol und Bürgerrechten.

Die Formulierungen des Textes wurden mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) erstellt und anschließend von einer Redakteurin/einem Redakteur überprüft.

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Erstellt:
10. Juni 2025, 11:42 Uhr

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