Artensterben
Weltartenschutzkonferenz: Was kann sie bewirken – und was nicht?
In Usbekistan endet in dieser Woche die Artenschutzkonferenz. Was dort gegen das Artensterben beschlossen wurde und weshalb das Problem größer ist, als viele glauben.
© Helmut Fohringer/EPA/dpa
Auf der Konferenz wurde ein besserer Schutz von mehr als 70 Hai- und Rochenarten beschlossen.
Von Rebekka Wiese
Es geht um die Franklinhummel. Und um den Kappengeier, den gelb gefleckten Laubfrosch und den Riesenpangasius – und natürlich auch um Tiger, Elefanten und Löwen. Sie alle und mehr als 48 000 weitere Tier- und Pflanzenarten sind vom Aussterben bedroht. Man findet sie auf der Roten Liste der internationalen Naturschutzorganisation IUCN. Welches drastische Ausmaß das Artensterben hat, geht öffentlich oft unter. Dabei ist es eine der größten Krisen unserer Zeit.
In Usbekistan findet noch bis Freitag die Cites-Weltartenschutzkonferenz statt. Cites, das ist das englische Kürzel für das Washingtoner Artenschutzübereinkommen, dem sich fast 185 Staaten angeschlossen haben. Es regelt den Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten und ist ein wichtiges Instrument gegen Ausrottung. Doch was kann die Konferenz bewegen? Und warum wird über die Krise der Biodiversität nur so wenig gesprochen?
Artenschutz: Welche gute Nachrichten es gibt
Erreicht man Daniela Freyer in diesen Tagen in Usbekistan am Telefon, kann man kurz vergessen, wie schlimm es um das Artensterben steht. Von der Cites-Konferenz gibt es vor allem gute Neuigkeiten. „Für unsere Schwerpunktarten läuft es hier sehr gut“, sagt Freyer. Sie ist von der Tier- und Naturschutzorganisation „Pro Wildlife“ und zählt ihre Erfolge auf.
Gut gelaufen ist es zum Beispiel für Haie und Rochen. „Wir sind sehr begeistert, dass sieben Anträge zum Schutz von Haien und Rochen akzeptiert wurden“, sagt Freyer. 70 Arten dürfen künftig nicht mehr oder nur eingeschränkt gehandelt werden. Haie werden vor allem gefischt, weil ihre Flossen in vielen Ländern als Delikatesse gelten. Der Dornhai, den man in Deutschland als Schillerlocke kennt und isst, zählt übrigens nicht zu den Arten, über die nun entschieden wurde. In der EU ist es schon seit 2023 verboten, ihn zu fangen.
Was die neuen Regeln in Deutschland verändern
Freyer von „Pro Wildlife“ erzählt von weiteren Erfolgen. Einer der Beschlüsse dürfte Deutschland besonders betreffen. „Deutschland ist ein großer Absatzmarkt für exotische Heimtiere“, sagt Freyer. Dazu zählt auch die Stutz-Gelenkschildkröte, die manche im Terrarium halten. Nach dem neuen Beschluss dürfen Wildfänge dieser Art nun nicht mehr nach Deutschland importiert werden.
Am Ende der Woche müssen alle Entscheidungen noch bestätigt werden. Das gilt aber als Formsache. Freyer glaubt, dass die Cites-Konferenz manches verbessern kann. „Die Konferenz ist sehr wirksam, weil es hier konkret um Handelsbeschränkungen geht.“ Wer dagegen verstößt, müsse mit Sanktionen rechnen. „Das ist eben kein zahnloser Tiger, wie gern behauptet wird“, sagt Freyer. Anders als auf der Klimaschutzkonferenz braucht es bei der Versammlung für den Artenschutz keinen Konsens, sondern nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Evolutionsbiologe: Handelsbeschränkungen reichen nicht
Weniger euphorisch klingt der Evolutionsbiologe Matthias Glaubrecht, wenn man ihn auf die Konferenz anspricht. Er ist Professor und hat mehrere Bestseller über das Artensterben geschrieben. „Handelsbeschränkungen für Wildtiere sind natürlich sehr wichtig“, sagt Glaubrecht. „Aber sie allein werden das Artensterben nicht aufhalten.“
Glaubrecht besorgt vor allem, dass es nicht nur weniger Arten, sondern insgesamt weniger Tiere gibt. „Studien zeigen: In den vergangenen 50 Jahren sind die Bestände von sehr vielen untersuchten Tierarten um zwei Drittel geschrumpft“, sagt der Biologe. „Die Bestände von Fluginsekten in den Sommermonaten sind in den letzten 30 Jahren um 70 bis 80 Prozent eingebrochen.“ Er geht davon aus, dass wahrscheinlich zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten in den nächsten Jahrzehnten verschwinden werden. „Das wird sich auf unsere Ökosysteme auswirken“, sagt er. „Wir sind dabei, die Grundlage für unsere Existenz zu vernichten.“
Artensterben geht neben Klimakrise unter
Warum geht diese Krise öffentlich so unter? „Für viele Menschen ist die Natur sehr fern. Die meisten von uns leben in Städten“, sagt Glaubrecht. „Da bekommt man viel weniger mit, wie sich die Natur verändert hat.“ Die Klimakrise sei derzeit viel präsenter. Bis sie ins öffentliche Bewusstsein gekommen sei, habe es auch einige Jahrzehnte gedauert, sagt er. „Jetzt spüren wir sie schon am eigenen Leib.“
Die Krisen gegeneinander auszuspielen, hält Glaubrecht aber für falsch. „Man muss sich das wie einen Patienten vorstellen, der gleichzeitig an einer Nierenkrankheit und einer Herzinsuffizienz leidet“, so Glaubrecht. „Wenn man ihm nur Medikamente für das Herz gibt, stirbt er trotzdem an den Nieren.“ Für Glaubrecht ist klar, was gegen das Artensterben helfen würde. „Wir müssen unbedingt weniger Ressourcen und weniger Flächen verbrauchen.“ Der Evolutionsbiologe fordert mehr Naturschutzgebiete.
Das ist im aktuellen Koalitionsvertrag sogar vorgesehen, mit dem Naturflächenbedarfsgesetz, das Schutzgebiete stärken soll. Doch wann es umgesetzt wird, ist unklar. Für Tiere wie den Feldhamster, den Kirschprachtkäfer oder das Auerhuhn könnte es bis dahin knapp werden. Sie könnten in Deutschland bald ganz verschwinden.
Kein besserer Schutz für den Aal
17 Aal-ArtenViele Tierarten sind nach der diesjährigen Cites-Konferenz in Usbekistan besser geschützt als vorher. Sie dürfen nun nur noch eingeschränkt oder sogar gar nicht mehr gehandelt werden. Doch nicht alle Anträge auf mehr Schutz wurden von den Teilnehmerstaaten angenommen. Die Europäische Union hatte zum Beispiel beantragt, alle 17 Aal-Arten listen zu lassen.
Antrag abgelehntBisher gibt es nur internationale Handelsbeschränkungen für den Europäischen Aal. Das Problem dabei: Die Jungtiere der verschiedenen Aal-Arten kann man kaum unterscheiden. Doch der Antrag scheiterte deutlich: Die Teilnehmerstaaten lehnten den Vorstoß ab.
