Roboterhersteller Fanuc
Wenn Roboter von Robotern lernen
Roboter werden bislang vor allem von großen Industrieunternehmen eingesetzt. Nun nehmen die Hersteller zunehmend den Mittelstand ins Visier – so auch Fanuc Deutschland.

© Fanuc
Kollege Roboter: Hier arbeitet ein Mensch mit einem Cobot zusammen.
Von Werner Ludwig
Gleich neben dem Eingang des Showrooms zeigt M-1000iA, was man mit einem 800 Kilogramm schweren Batteriepack für ein Elektroauto alles anstellen kann, wenn man über die nötige Kraft verfügt. Mühelos hebt er das gewichtige Bauteil mit seinem kräftigen Arm in die Höhe und bewegt es dank seiner sechs Bewegungsachsen mühelos in jede denkbare Richtung. Dabei hört man das leise Summen der Elektromotoren.
„Dieses Modell gehört zu den stärksten Robotern der Welt“, sagt Nico Hermann, Technischer Leiter Roboter bei der Fanuc Deutschland GmbH in Neuhausen auf den Fildern (Landkreis Esslingen). Dort sitzt die deutsche Tochterfirma des japanischen Roboterherstellers, der 1972 gegründet wurde. Der Industrieroboter MM-1000iA kommt zum Einsatz, wo schwere Lasten mit hoher Präzision bewegt werden müssen – beispielsweise bei der Montage von Motorblöcken, Schiffs- und Flugzeugteilen oder Betonfertigteilen.
Im Showroom zeigen weitere Fanuc-Produkte ihr Können – etwa ein Roboter, der entfernt an ein riesiges Insekt erinnert und pro Minute 120 Pralinen unterschiedlicher Sorten in Schachteln einsortieren kann. Mithilfe einer Kamera erkennt das System bei jeder Praline die Sorte und packt sie an den dafür vorgesehenen Platz in der Packung. Ein anderer Roboter verfügt neben Kameras auch über Sensoren, die ihm einen Tastsinn verleihen. Das sei zum Beispiel hilfreich, wenn es darum gehe, Zahnräder so zu montieren, dass die Zähne richtig ineinandergreifen, sagt Hermann.
Roboter und Menschen arbeiten zusammen
Mehr als 200 verschiedene Robotermodelle hat das Unternehmen im Sortiment, die mögliche Traglast reicht von zehn Kilogramm bis zu 2,3 Tonnen. Darunter sind klassische Industrieroboter, die in abgeschlossenen Bereichen oder Schutzkäfigen eingesetzt werden, aber auch sogenannte kollaborative Roboter (Cobots), die direkt mit Menschen zusammenarbeiten können. Sensoren und Kameras sorgen dafür, dass sich Mensch und Roboter dabei nicht in die Quere kommen und niemand verletzt wird.
Roboter gehören in nahezu allen Bereichen der Industrie zum Alltag. Sie schweißen Autos zusammen, räumen Regale ein, lackieren Möbel oder füllen Medikamente ab. Laut dem World Robotics Report 2024 waren im Jahr 2023 weltweit 4,3 Millionen Industrieroboter im Einsatz. Zehn Jahre zuvor waren es lediglich 1,3 Millionen. In den kommenden Jahren erwarten die Hersteller einen weiteren Anstieg der Nachfrage.
Bislang sind große Industrieunternehmen die wichtigsten Abnehmer von Robotern. Nach Ansicht von Branchenexperten sollen Roboter künftig aber auch verstärkt in Bereichen zum Einsatz kommen, in denen sie bislang noch keine große Rolle gespielt haben – insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen oder Handwerksbetrieben.
Programmieren durch Bewegung
Hermann steht jetzt neben einem Cobot vom Typ CRX-20iA. Er führt den Arm des Roboters von Hand an jene Stellen auf der Arbeitsfläche, an denen er später zum Beispiel ein Loch in ein Bauteil bohren oder eine Schraube eindrehen soll. „Um so einen Roboter zu programmieren, muss man keinen Programmcode schreiben können“, sagt der Experte. Insbesondere in kleineren Betrieben, die oft nicht über IT-Fachleute verfügten, sei das ein entscheidender Vorteil.
Firmen, die noch keine Erfahrung mit Robotern hätten, seien zunächst oft etwas skeptisch, erzählt Hermann. Das ändere sich aber meist schnell, sobald dort der erste Roboter im Einsatz sei: „Wenn die Kunden erst mal sehen, wie gut Roboter eine bestimmte Aufgabe bewältigen können, fallen ihnen oft noch weitere Anwendungsmöglichkeiten in ihren Betrieben ein.“ Auch bei vielen Beschäftigten kämen Roboter gut an: „Häufig geben sie ihnen sogar einen Namen.“
Die Preise der Fanuc-Roboter reichten je nach Größe und Ausstattung vom niedrigen fünfstelligen bis in den hohen sechsstelligen Bereich, sagt Hermann. Genaue Zahlen nennt er nicht. Doch in den allermeisten Fällen hätten Unternehmen die Anschaffungskosten der Roboter durch die höhere Arbeitseffizienz schon bald wieder hereingeholt: „Die durchschnittliche Amortisationszeit liegt zwischen sechs Monaten und zwei Jahren.“ Ein wesentlicher Treiber für den Einsatz von Robotern sei der zunehmende Fachkräftemangel.
KI-gestützte Überwachung
Künstliche Intelligenz und Maschinelles Lernen halten auch in der Roboterbranche Einzug. Als Beispiele nennt Hermann die Bilderkennung oder die KI-gestützte Überwachung der Roboter zur frühzeitigen Erkennung und Behebung von Störungen. Dank einer ständig wachsenden Datenbank mit Maschinendaten könnten Roboter auch von anderen Robotern lernen.
Den Hype um humanoide Roboter, die äußerlich Menschen ähneln, kann Hermann nicht ganz nachvollziehen. „Ein Roboter muss keine Beine haben“. Er könne sich auch mithilfe von Ketten oder Rädern bewegen oder seine Arbeit an einem festen Ort verrichten. Dass Haushaltsroboter in vielen Familien schon bald den Geschirrspüler ein- und ausräumen werden, glaubt er nicht. Die dafür erforderliche Technik sei auf absehbare Zeit noch zu teuer.
Der Markt für Industrieroboter
UnternehmenDie Fanuc Deutschland GmbH ist ein Tochterunternehmen des japanischen Roboter- und Maschinenbaukonzerns Fanuc. Weltweit hat Fanuc mehr als 9000 Mitarbeiter, der Umsatz lag zuletzt bei umgerechnet rund fünf Milliarden Euro. In Europa hat Fanuc 2100 Beschäftigte, davon 337 in Deutschland. Am Standort Neuhausen arbeiten 269 Menschen.
BrancheWeltweit wird im laufenden Jahr ein Umsatz mit Industrierobotern von gut 18 Milliarden Dollar (rund 16 Milliarden Euro) erwartet. Beim Umsatz rangiert die Industrieroboter-Sparte von Fanuc weltweit auf Platz fünf – hinter Mitsubishi (Japan), Kuka (Deutschland), Omron (Japan) und ABB (Schweiz).