Aktionen gegen Stellenabbau
Wie bei Bosch der extreme Rechtsruck im Betrieb verhindert werden soll
In einer sich zuspitzenden Autokrise positionieren sich IG Metall und Bosch-Betriebsrat mit Macht gegen Stellenabbau – und gegen die politische Radikalisierung der Belegschaft.
© Julia Paasch
Die IG Metall protestierst vor dem Bosch-Werk Feuerbach und erhält Unterstützung – auch von Landesverkehrsminister Winfried Hermann (vorne, 4 v.r.).
Von Peter Stolterfoht
Bei der IG Metall und bei den Betriebsräten von Bosch wird die zweitägige Mahnwache am Mittwoch und Donnerstag als Erfolg gewertet. Schließlich hat es viel Zuspruch gegeben für die Aktion vor dem Werk in Feuerbach, wo nach aktuellem Stand 4500 Stellen den Abbauplänen zum Opfer fallen sollen. Und das von 2027 an nicht mehr zwingend sozialverträglich, sondern möglicherweise auch über betriebsbedingte Kündigungen, wenn die Jobsicherungsgarantie ausgelaufen ist.
Unterstützung erhielt die immer stärker unter Druck stehend Bosch-Belegschaft bei dieser Aktion etwa durch Solidaritätsbesuche der Betriebsräte von Porsche, Mercedes oder Mahle und von der Politik. Auch Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) protestierte vor dem Werkstor.
Die Mahnwache in Feuerbach ist der Auftakt einer Aktionenserie von IG Metall und den Betriebsräten von Herstellern und Zulieferern. Dabei geht der Blick dieses Bündnisses auch in Richtung Betriebsratswahlen im kommenden Frühjahr (1. März bis 31. Mai). „Die Autokrise darf nicht zum Nährboden für rechtsextremes Gedankengut werden, das sich in den Unternehmen festsetzt“, sagt Toni Potenza, Geschäftsführer der IG Metall Stuttgart. Ein massiver Stellenabbau und die Angst vor betriebsbedingten Kündigungen dürften nicht für einen Rechtsruck in den betroffenen Unternehmen führen, so Potenza: „Dem wollen wir auch gut sichtbar etwas entgegensetzen.“
Umfragen zu den Betriebsratswahlen gibt es nicht, aber die Gewerkschaftsvertreter sehen es auch für sich als ein Warnsignal, dass die AfD in den Umfragen für die baden-württembergische Landtagswahl am 8. März zuletzt stabil bei 20 Prozent liegt und damit ihr Ergebnis von 2021 verdoppeln würde.
Diesen Trend will die AfD-nahe gewerkschaftliche Liste Zentrum Automobil offenbar für sich nutzen, die bisher nur im Mercedes-Standort Untertürkheim eine Rolle spielt. Auf sie entfallen dort seit der letzten Betriebsratswahl sieben Mandate, während von der IG Metall aktuell 36 besetzt werden.
Die Verbindung zwischen Zentrum Automobil und AfD
Laut Gewerkschaft soll es zuletzt bei Bosch schon Versuche aus der Richtung von Zentrum Automobil gegeben haben, IG-Metall-Betriebsräte, denen ein großer Unterstützerkreis zugeschrieben wird, mit der Aussicht auf einen guten Listenplatz abzuwerben. Bundespolitisch in Erscheinung getreten ist zuletzt auch der Zentrum-Automobil-Gründer Oliver Hillburger. Der frühere Gitarrist der Rechtsrockband Noie Werte war Anfang November von der AfD als Sachverständiger bei einer Anhörung zum Tariftreuegesetz nominiert worden.
Die IG Metall will nun mit Vehemenz um ihre Pfründe kämpfen. Dies sieht auch einen engerer Austausch mit der Belegschaft vor. „Es ist unsere Pflicht, noch genauer hinzuhören, was unsere Kolleginnen und Kollegen in dieser schwierigen Zeit umtreibt“, sagt Toni Potenza. „Wir müssen noch stärker um die Interessen der Betroffenen kümmern und diese vertreten, auch wenn sie sich vielleicht nicht in jedem Fall mit unseren eigenen Überzeugungen decken“, sagt der IG-Metall-Geschäftsführer und nennt das Motto: „Weg von einer Stellvertreter-Politik, hin zum direkten Mitspracherecht.“
Auch seelsorgerische Hilfe gefragt
Das jede Art der Unterstützung für die Belegschaft gerade dringend benötigt wird, machte bei der Mahnwache in Feuerbach Stadtdekan Christian Hermes deutlich. Er erzählt davon, dass immer mehr Feuerbacher Boschler seelsorgerische Hilfe in Anspruch nehmen würden. „Dabei wird mir von einem würdelosen Umgang der Bosch-Leitung mit den Beschäftigen berichtet“, so Hermes: „Da kann von der oft zitierten Bosch-Familie also nicht mehr die Rede sein.“
