Frittenkult in Belgien

Wie müssen die besten Fritten der Welt schmecken?

In Belgien gehören Fritten zu jedem Essen. Doch die Globalisierung bedroht Bintje und Stoofvleessaus.

Fritten sind in Belgien ein Grundnahrungsmittel. Über die Qualität entscheidet nicht nur die Sorte der verwendeten Kartoffeln, sondern auch die Soße.

© picture alliance / Ina Fassbender/dpa

Fritten sind in Belgien ein Grundnahrungsmittel. Über die Qualität entscheidet nicht nur die Sorte der verwendeten Kartoffeln, sondern auch die Soße.

Von Knut Krohn

Pommes Frites sind in Belgien ein Grundnahrungsmittel. Selbst im kleinsten Dorf ist eine „Frituur“ zu finden, eine jener typisch belgischen Frittenbuden. Und weil sich die Qualität der Fritten herumgesprochen hat, ist Belgien zum weltgrößten Pommes-Exporteur aufgestiegen. Im vergangenen Jahr führte das kleine Land Kartoffelprodukte im Wert von mehr als drei Milliarden Euro aus – Tendenz steigend. Und für 2025 hat der Kartoffelverband Belpotato eine frohe Botschaft: die Bauern erwarten in diesem Jahr mit rund fünf Millionen Tonnen eine Rekordernte. Für die Landwirte läuft das Geschäft so gut, dass sie längst zusätzliche Ackerflächen in Frankreich und Deutschland pachten oder kaufen müssen.

Ein Revolution auf dem Kartoffelacker

In der Welt der belgischen Kartoffelproduzenten hat sich allerdings eine unterirdische Revolution auf dem Acker vollzogen. Über Jahrzehnte schwörten sie in Sachen Geschmack und Festigkeit auf die heimische Sorte „Bintje“. Doch die hat inzwischen ernsthafte Konkurrenz bekommen: die „Fontane“. Diese Entwicklung habe nicht nur mit dem rapiden Wachstum der Tiefkühlfritten-Industrie zu tun, heißt es von Belgapom, dem Dachverband der belgischen Kartoffelindustrie.

„Bintje“ hat in den Augen der Landwirte mehrere Probleme. Sie ist etwa sehr empfindlich gegen Kartoffelnematoden, ein Wurm, der die Wurzeln der Pflanze befällt. Ganz anders „Fontane“, die gegen diese Schädlinge resistent ist. Auch der Klimawandel ist ein Problem. Steigt die Bodentemperatur über 25 Grad, leidet „Bintje“ unter übermäßigem Wachstum. Auf der ursprünglichen Knolle bilden sich dann neue Knollen, was die Qualität beeinträchtigt. Die „Fontane“ ist auch hier wesentlich härter im Nehmen. Zudem ist die schmackhafte „Bintje“ nicht so lange lagerfähig wie die Konkurrenz.

Ein neuer Liebling der Fastfood-Unternehmen

Der „Fontane“ kann sich aber auf ihrem Erfolg nicht ausruhen, ihr sitzt bereits die Sorte „Challenger“ im Nacken, die in den letzten Jahren immer beliebter wurde. Diese Kartoffel wird wegen der länglichen Form der Knollen häufig angebaut, was lange Fritten ermöglicht, die vor allem von Fastfood-Unternehmen verlangt werden.

Wirklicher Kenner würden allerdings keinen Fuß in eine Frituur setzen, wo nicht die schmackhaftere „Bintje“ auf der Speisekarte steht. Zur Glaubensfrage wird für belgische Fritten-Gourmets aber nicht nur die verwendete Kartoffel, die Größe, Aussehen und Konsistenz der Schnitze oder die Menge des Salzes – entscheidend ist auch die richtige Sauce.

Der Streit um die beste Soße zu den Fritten

Doch in diesem Fall zieht sich ein tiefer Graben quer durch das Land. Nach einer Umfrage des Lieferservice „Takeaway.com“ ist die schlichte Mayonnaise bei knapp der Hälfte aller Belgier die beliebteste Wahl. Aber wenn es um die belgische Spezialität der Stoofvleessaus geht, scheiden sich die Geister. Das ist eine sehr rustikale Soße, die aus Fleisch, Senf, Zwiebeln und Bier besteht. Für rund ein Drittel der Flamen ist sie der absolute Favorit, während nur vier Prozent der Wallonen die Stoofvleessaus über ihre Fritten kippen. Im französisch geprägten Teil Belgiens ist hingegen die scharfe Andalusische Soße überaus populär, die bei den Fritten-Essern im Norden des Landes kaum auf den Teller kommt.

Erschütternd für alle Kenner ist allerdings eine Umfrage des belgischen Fritten-Herstellers Belviva. Darin wird behauptet, dass sich der ordinäre Ketchup vor allem bei der Jugend auf dem Vormarsch befinde und bereits die legendäre Stoofvleessaus vom zweiten Platz verdrängt habe. Traditionalisten sind empört, beklagen den zerstörerischen Einfluss der Globalisierung und befürchten das Ende der belgischen Identität.

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Erstellt:
2. November 2025, 15:26 Uhr

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