Ukraine-Talk bei Caren Miosga
Wie wirkt sich der Rohstoffdeal auf den Krieg aus?
Im ARD-Talk geht es um das Rohstoffabkommen der USA mit der Ukraine – und darum, wie ein möglicher Frieden mit Russland überhaupt aussehen könnte.

© NDR/Thomas Ernst
Die Runde bei Caren Miosga diskutierte über den Rohstoffdeal der USA mit der Ukraine.
Von Christoph Link
In dieser Talkrunde von Caren Miosga am Sonntag in der ARD war minimaler Optimismus für die Sache der Ukraine zu spüren und der fußte vor allem auf den Äußerungen der Politikwissenschaftlerin Nicole Deitelhoff. „Bringt Trumps Deal mit der Ukraine ein bisschen Hoffnung für die Ukraine?“ hatte Miosga gefragt - und Deitelhoff hatte darauf hingewiesen, dass der Rohstoffvertrag ein „außenpolitischer Erfolg“ für die Ukraine sei, sei er für das Land doch wesentlich besser, als was zuvor als Rohstoffabkommen im Gespräch gewesen sei.
Statt dass die Ukraine jetzt alte Waffenlieferungen bezahlen müsse geht es jetzt um „gleiche Beteiligungsrechte“ bei einem Investitionsfonds für den Wiederaufbau und die Infrastruktur des Landes, in dem beide Seiten 50 Prozent einzahlen, die Gewinne aufteilen und in den die USA statt mit Geld auch mit Waffen bezahlen können. So stark die Kritik an Trump auch allenthalben ist - und sein computergeneriertes Papst-Bild war in der Studiorunde als „geschmacklos“ und „albern“ einhellig verdammt worden - Nicole Deitelhoff überraschte mit der Aussage, dass Trump zumindest „mit maximalem Druck“ auf die Ukraine „Bewegung“ in die Verhandlungen für einen Frieden gebracht habe, das müsse man auch anerkennen, wenngleich der entsprechende Druck auf Russland gefehlt habe.
Die anderen Studiogäste mochten sich den minimalen Hoffnungen, die Deitelhoff verbreitete, nur begrenzt anschließen. So sieht auch der Militäranalyst Franz-Stefan Gady derzeit ein Momentum für die Ukraine, und zwar, dass die USA jetzt den Unternehmen erlaubten mit der Rüstungswirtschaft, die die Ukraine beliefert, wieder Geschäfte zu machen . Unter anderem gebe es Absichten für eine Lieferung von Luftverteidigungssystemen.
Jeden Tag aufs Neue von Trump enttäuscht
Allgemein wagt Gady aber überhaupt keine Prognose. „Die USA sind sich noch nicht ganz im klaren, was ihre Position ist.“ Deutlich sei nur, dass Trump den Ukraine-Krieg als europäisches Problem sieht, und „ihn so schnell wie möglich loswerden will“. Was Russland anbelangte, meinte Gady, dass dessen Einsatz von asiatischen Soldaten jetzt auch zeige, dass Putins Mittel begrenzt seien und er nicht einen Krieg nach dem Motto „Koste es, was es wolle“ führen könne. Gleichzeitig sieht er aber auch nicht die Fähigkeit der Ukraine derzeit, die von Russland besetzten Gebiete zurück zu erobern.
„Die Ukraine versucht alles, um mit den USA im Gespräch zu bleiben“, berichtete Rebecca Barth, die Korrespondentin der ARD in Kiew. Die Menschen hätten zum Teil Hoffnung auf Trump gesetzt, sie seien jetzt jeden Tag aufs Neue von ihm tief enttäuscht, man sehe, dass man dem US-Präsidenten nicht vertrauen könne. Für viele bringe der erratische Kurs der USA auch eine psychische Belastung. Was das Rohstoffabkommen anbelange, so frage sie sich, welcher US-Investor denn in einem Land investieren wollen, wenn dort noch Krieg herrsche und Raketen flögen.
Sigmar Gabriel (SPD), ehemaliger Bundesaußenminister, erkennt in dem Rohstoffdeal gleichwohl den Vorteil, dass eine „stille Präsenz“ von Amerikanern in der Ukraine Russland vielleicht davon abhalte, dass Land weiter anzugreifen. Ansonsten folgte Gabriel klar einer These der ARD-Korrespondentin Barth und des Experten Gady, wonach die Hauptfrage im Ukraine-Konflikt gar nicht sein wird, welche Gebiete das Land jetzt temporär oder unbefristet abgeben müsse. Die Hauptfrage sei, welche Garantien für eine Sicherheit es nach einer Verhandlungslösung geben wird und wer sie absichern wird. Denn ein Krieg komme selten allein, es gebe immer einen Nachfolgekrieg. „Es geht nicht um die Frage ‚Land gegen Frieden’, es geht um ‚Sicherheit gegen Frieden’“, so Gabriel. Es sei klar, dass Putin nicht nur einen Krieg gegen die Ukraine sondern „gegen den Westen“ führe und das sein Ziel zumindest eine instabile Ukraine sein.
Wer soll einen möglichen Frieden sichern?
In der Lage brauche es eine friedenssichernde Kraft in der Ukraine, aber es sei völlig offen wie die aussehen solle, wenn die USA dabei nicht mit ihren Streitkräften mitmachen wollten. Dass es eine EU-Mission werde, sei kaum vorstellbar, da viele in der EU nicht mitmachen wollten oder den Plan ablehnten. Solle es eine Nato-Mission sein, oder eine Koalition der Willigen mit Frankreich, Großbritannien und vielleicht auch Deutschland? „Wir brauchen doch eine Dekade, um da eine Armee aufzubauen“, meinte Gabriel. Früheren Schätzungen von Frankreich, es brauche 200.000 Friedenssoldaten, um die Ukraine zu sichern, widersprach übrigens Franz-Stefan Gady. Man benötige drei bis fünf Brigaden mit insgesamt 36.000 bis 50.000 Soldaten, und das könne Europa „schon leisten“. Auf diese Rechenpläne ging Sigmar Gabriel nicht ein, sprach sich aber klar für die Wiedereinführung der Wehrpflicht aus. Es gehe ihm gar nicht um die Frage, wie viele da kämen und wie es um die Wehrgerechtigkeit stehe. Allein die Debatte über die Wehrpflicht wäre „ein guter Punk“, um in der Bevölkerung eine „Ernsthaftigkeit“ über das Thema der sicherheitspolitischen Herausforderungen zu erzeugen.
Ganz zum Schluss ist Gabriel dann - quer zum Hauptthema - von Caren Miosga noch nach der SPD-Co-Vorsitzenden Saskia Esken und ihren Ambitionen gefragt worden. Und seine Antwort war einigermaßen niederschmetternd: „Dass Frau Esken in den letzten Monaten und Jahren jetzt nicht dazu beigetragen hat, dass die Zustimmung zur SPD exponentiell angestiegen ist, das ist kein Geheimnis. Und Frau Esken hat nach meinem Eindruck jedenfalls die SPD nicht dermaßen aus der Krise geführt, dass sie von sich aus sagen könnte: ich habe jetzt einen Schritt nach vorne zu kommen.“ Gabriel muss es wohl wissen, er war selbst mal siebeneinhalb Jahre SPD-Vorsitzender und trat von dem Amt zurück, auch, um Platz für den damaligen SPD-Spitzenkandidaten Martin Schulz zu machen.