Neues Album nach 16 Jahren

Wiederhören mit The Swell Season macht Freude

Die Tschechin und der Ire, einst ein Paar, leben heute mit anderen Partnern in Skandinavien, doch haben sie musikalisch wieder zueinandergefunden.

Das Folk-Duo bei einen Auftritt in der Royal Festival Hall, London

© imago/Justin Avalon

Das Folk-Duo bei einen Auftritt in der Royal Festival Hall, London

Von Steffen Rüth

Ja, wo stehen sie denn, die Oscars der beiden? „Meiner ist in unserem Studio in Island“, erzählt Markéta Irglová in Berlin. „Früher stand er bei meinen Eltern, aber sie waren zutiefst paranoid, dass jemand einbrechen und ihn stehlen könnte. Jetzt sind sie heilfroh, dass ich ihn zu mir genommen habe.“ Auch Glen Hansard parkte seine Trophäe vorübergehend elterlich. „Meine Mutter hatte ihn lange auf dem Kaminsims. Sie war so stolz, dass sie ihn immer in einer Tüte von Tesco durch die Gegend schleppte und ihren Freundinnen beim Bingo zeigte. Dann hat tatsächlich jemand bei ihr eingebrochen. Alles war geklaut, der Fernseher, die DVD-Sammlung, sogar der Toaster. Nur den Oscar, den haben die Diebe stehenlassen.“ Mittlerweile habe auch er die Auszeichnung bei sich daheim.

Die Tschechin Markéta Irglová (37) und der Ire Glen Hansard (55) gewannen den Oscar 2008 in der Kategorie „Best Original Song“ für ihr Liebesduett „Falling Slowly“ aus dem bis heute zauberhaft anzuschauenden Musik-Liebesfilm „Once“, einer Art Indie-Version von „A Star Is Born“. Damals waren die beiden, die beim Singen so wunderbar harmonieren, auch privat ein Paar. Die Liebe hielt nicht, und auch beruflich gingen The Swell Season ab 2010 getrennte Wege.

Aber so ganz ließ man nie voneinander. Irglová sang gelegentlich auf einem der Hansard-Soloalben, man ging auch manches Mal zusammen auf Tournee, „und befreundet sind wir heute viel besser als wir es damals waren“, sagt Markéta. So war es gar nicht allzu abwegig, dass The Swell Season nach sechzehn Jahren wieder eine Platte machen würden. Was geschehen ist? „Ein kleines Wunder“, sagt Glen Hansard, der mit seiner finnischen Frau und dem dreijährigen Sohn in Helsinki lebt, während Irglová in Reykjavik sesshaft wurde und mit ihrem isländischen Gatten drei Kinder großzieht, beide haben übrigens nie aufgehört, Soloalben zu veröffentlichen. „Wir wollten ursprünglich nur ein paar Songs aufnehmen, aber Markétas Studio in Island steckt so voller kreativer Magie, dass wir auf einmal ein ganzes Album beisammenhatten.“

„Forward“ heißt es, und gleich in den ersten Sekunden von „Factory Street Bells“ ist die alte Magie wieder da. Piano, Gitarre, Stimmen, dazu viel Melancholie und Sehnsucht, mehr brauchen die zwei nicht, um mit ihrem zarten Folk-Pop zehn Songs lang Schönheit und Wohlklang zu verbreiten. Viele der Lieder, etwa das hinreißende „People We Used To Be“, handeln vom Zurückschauen, aber nie im Zorn, sondern immer voller Wärme, andere haben Aufbruch („Forward“, „Great Weight“) oder die Dankbarkeit, einander zu kennen („I Leave Everything To You“) zum Thema. „Schon verrückt, wie sich unsere beiden Leben sich entwickelt haben“, sinniert Hansard. Und doch finden wir musikalisch immer wieder zusammen.“ Und Markéta Irglová sagt: „Wenn wir zwei zusammen auf der Bühne stehen, fühlt es sich für mich wie eine nostalgische Zeitreise an. Aber wie eine wunderschöne.“

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Erstellt:
11. Juli 2025, 13:56 Uhr

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