Wo Folgen von Ernährung sichtbar werden

Die Siebtklässler des Heinrich-von-Zügel-Gymnasiums Murrhardt haben in der Forscherwoche am Landesschulzentrum für Umwelterziehung in Adelsheim Gelegenheit, sich mit vielen Facetten des Themas auseinanderzusetzen.

Auch Exkursionen zu zwei Höfen waren Teil der Forscherwoche. Die Begegnungen mit den Tieren und die Auseinandersetzung mit der Haltung haben die Jugendlichen auch nachdenklich gemacht. Fotos: Heinrich-von-Zügel-Gymnasium

Auch Exkursionen zu zwei Höfen waren Teil der Forscherwoche. Die Begegnungen mit den Tieren und die Auseinandersetzung mit der Haltung haben die Jugendlichen auch nachdenklich gemacht. Fotos: Heinrich-von-Zügel-Gymnasium

Von Christine Schick

Murrhardt. Ernährung hat Auswirkungen auf Körper und Wohlbefinden, sprich ist ein Faktor für die Gesundheit. Genauso hat sie soziale, gesellschaftliche und politische Dimensionen, bedenkt man die Folgen, die mit Herstellung und Konsum für Mensch, Tier und Umwelt verbunden sind. Auch im Lehrplan findet sich das Thema wieder. Allerdings ist die Zeit im regulären Unterricht oft eng getaktet und der Spielraum für einen Praxis- und Alltagsbezug ist begrenzt.

Insofern hat sich das Heinrich-von-Zügel-Gymnasium Murrhardt entschlossen, seit 2018 regelmäßig Exkursionen zum Landesschulzentrum für Umwelterziehung in Adelsheim zu ermöglichen. Während einer sogenannten Forscherwoche hatten die Siebtklässler die Möglichkeit, Ernährung als eines der Themen der Umweltbildung von verschiedenen Seiten zu beleuchten und dem einen oder anderen Praxistest zu unterziehen. Begleitet haben sie Bianca Balszuweit, Nicole Wurst, Simone Seidl und Alan Campos Fischer als pädagogisches Team des Gymnasiums. Neben den Angeboten des Zentrums hieß es nämlich auch, (eigenen) Unterricht zu gestalten. Sarah Buchner, Lola Keck, Juliana Stingel, Emma Scharfenberg und Marie Giesinger berichten aus den beiden Klassen, was alles auf dem Programm stand.

Die Schülerinnen und Schüler


stellen eigenen Frischkäse her

Am ersten Abend haben die Jugendlichen und Lehrerteams beispielsweise Frischkäse selbst hergestellt. Die Erkenntnis: Die Sache ist mit einiger Arbeit verbunden und gemessen an der Milch, die verarbeitet wurde, ließ sich gar nicht so viel Frischkäse auf den Tisch zaubern. „Klar, die Industrie kann durch ausgefeilte Technik und Wiederverwertung da einiges mehr rausholen“, sagt Nicole Wurst. „Und unser Frischkäse war schon relativ zitronig.“ Dazu muss man wissen, dass die Milch erhitzt und ihr Salz und Essig oder eben Zitronensaft beigemischt wird, damit man sich später ans Auspressen des Frischkäses machen kann. In einer Laboreinheit mit Bianca Balszuweit ging es daran, Biologie beziehungsweise Chemie zu praktizieren und bestimmte Inhaltsstoffe in Lebensmitteln nachzuweisen, zum Beispiel Fett mit Filterpapier, Stärke mit Jod oder Proteine mit Säure.

Mit am eindrücklichsten beschreiben die Schülerinnen die Exkursionen, die sie zu zwei Höfen unternommen haben. „Wir waren bei einem Milchviehbetrieb mit der Haltungsstufe drei. Ich hab erwartet, dass die Kühe mehr Platz und mehr Tageslicht haben, fand aber den Raum sehr klein und die Kälbchen standen in einer Box. Das war nicht schön anzusehen“, erzählt Marie Giesinger. Auch für Sarah Buchner und Juliana Stingel war die Haltung der Tiere ein Thema. Ihrer Wahrnehmung nach war wenig Platz für Kühe, Hasen und auch Hühner.

Nicole Wurst erläutert, dass der Milchviehbetrieb aber die Vorgaben eingehalten habe und der Nachwuchs nicht unüblich in sogenannten Kälberiglus untergebracht gewesen sei. Später ergänzt sie, dass der Hof noch eigenes Futter herstellt und seine Kühe nicht so oft besamt, wie es möglich wäre. Ihre Kollegin Bianca Balszuweit, die schon öfters Exkursionen begleitet hat, gibt zu bedenken: „Letztes Jahr waren viele Tiere bereits schon draußen.“ Wegen der vielen Niederschläge und kühlen Temperaturen sei das zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich gewesen.

Juliana Stingel sagt, dass sie sich angesichts der Haltungsform, die von eins (gesetzlicher Mindeststandard) bis vier (mehr Platz im Stall und Auslauf im Freigelände) reicht, natürlich auch gefragt habe, wie es Tieren geht, die unter der Stufe drei in einem Stall leben.

Es wird deutlich, dass sich die Jugendlichen Gedanken machen, manche auch darüber, was für sie selbst an Konsequenzen möglich ist. „Ich bin seit Ende letzten Jahres Vegetarierin“, sagt Marie Giesinger. Aus ihrem eigenen persönlichen Umfeld habe sie aber durchaus auch sehr positive Erfahrungen gemacht, was die Haltung in landwirtschaftlichen Betrieben anbelangt. Sarah Buchner erzählt, dass es in der direkten Nachbarschaft ihrer Familie eine Kuhweide gebe, wo sie sehe, wie die Tiere leben. Insofern sei es für sie in Ordnung gewesen, Fleisch von den Erzeugern zu bekommen. Ihre Mutter achte beim Einkauf ebenso auf Informationen zur Haltung.

Ein weiteres Thema: Welche Lebensmittel sind gesund? Die Klassen haben sich mit der Bedeutung von Proteinen, Fetten und Eiweißen für den Körper befasst sowie mit sogenanntem versteckten Süßmachern in Lebensmitteln. Konkret haben sie Eistee oder Joghurt daraufhin untersucht, ob beziehungsweise wie viel Zucker oder zuckerähnliche Verbindungen enthalten sind. Die Alternative liegt nahe: Selbermachen. Auch dafür war Zeit: Die Gruppen haben Himbeerjoghurt und Eistee zubereitet.

Das Regenwaldzimmer und die Frage, wer an Schokoladenprodukten verdient

Eindruck hat bei den Schülerinnen auch der Blick über den Tellerrand hinaus hinterlassen: zum einen beim Besuch des Regenwaldzimmers, bei dem sich die Tier- und Pflanzenwelt erkunden ließ und die konkurrierenden Interessen bei der Nutzung der Ressourcen Thema waren, zum anderen bei einer Gruppenarbeit rund um das Thema Kakao- und Schokoladenherstellung – beides Angebote des Landesschulzentrums für Umwelterziehung. „Es wurde klar, dass die Menschen im Anbau im Verhältnis sehr wenig am Produkt verdienen“, sagt Sarah Buchner. Trotz der teils ernsten Themen hielt die Woche auch immer wieder gute Portionen Entspannung und Genuss bereit – es gab einen Abend, an dem alle zusammen Pizza gebacken haben, sowie Spieleabende und ein Geocaching.

Der Besuch wirkt auch bei den Lehrerinnen nach. Bianca Balszuweit erzählt, dass sie bereits in der Vorbereitung der Woche mehr über ihre Gewohnheiten reflektiert und sie hinterfragt. Wie lässt sich noch bewusster einkaufen, vielleicht mehr selbst zubereiten? Auf Zucker zu achten ist für sie da ein Thema, aber auch, ob Lebensmittel in Plastik verpackt sind. „Für mich ist es wichtig, auch regionale Lebensmittel zu kaufen“, sagt Nicole Wurst.

Die Siebtklässler haben sich mit dem Thema Kakaoanbau, der Voraussetzung für die Schokoladenherstellung ist, befasst. Es wurde klar, dass die eigentlichen Produzentinnen und Produzenten sehr wenig für ihre Arbeit erhalten.

Die Siebtklässler haben sich mit dem Thema Kakaoanbau, der Voraussetzung für die Schokoladenherstellung ist, befasst. Es wurde klar, dass die eigentlichen Produzentinnen und Produzenten sehr wenig für ihre Arbeit erhalten.

Rollstühle für Schulprojekt gesucht

Umweltbildung Das Landesschulzentrum für Umweltbildung (LSZU) bietet Lehrkräften sowie Schülerinnen und Schülern aller Schularten in Baden-Württemberg die Möglichkeit, sich auf der Grundlage der jeweils geltenden Bildungspläne intensiv mit Themen aus dem Bereich der Umweltbildung zu befassen. Bei einer sogenannten Forscherwoche, bei der die Lehrkräfte einen Großteil des Unterrichts bestreiten, wird das Programm durch diverse Exkursionen, schülerorientierte Versuche und praktische Geländearbeit ergänzt. Alle Themen orientieren sich eng am Alltag und an Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft unter Berücksichtigung gewachsener Strukturen auf unterschiedlichen Ebenen, so das LSZU.

Zudem bietet es in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) sowie zahlreichen Kooperationspartnern ein breites Fortbildungsangebot für Lehrerinnen und Lehrer, um sie auf den aktuellsten Stand zu Themen der Umweltbildung bringen, ihnen zahlreiche Impulse für ihren eigenen Unterricht geben und mögliche Potenziale aufzeigen.

Sozialprojekt Die Neuntklässler befassen sich dieses Schuljahr mit dem sogenannten Compassion-Projekt, bei dem es um soziales Lernen und Miteinander unter anderem durch Begegnungen mit Menschen in ganz anderen Lebenslagen und mit unterschiedlichen Lebensweisen geht. Für die Projektwoche im Juli am Gymnasium sucht die Schule dringend (gebrauchte) Rollstühle – ob geschenkt, kostengünstig zur Verfügung gestellt oder für einen Tag ausgeliehen. Wer eine Möglichkeit dazu sieht, kann sich per E-Mail an compassion@hvzg-murrhardt.de beim Gymnasium melden.

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Erstellt:
8. Juni 2024, 06:00 Uhr

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