Naher Osten

Wo Kriegsangst die Urlaubspläne vermiest

Der Nahe Osten hoffte auf ein Comeback im Tourismus. Doch neue Konflikte werfen Schatten auf die Region. Ein Großprojekt in Ägypten liegt vorläufig auf Eis.

Die offizielle Eröffnung des Großen Ägyptischen Museums in der Nähe der Pyramiden von Gizeh ist verschoben.

© imago//Ahmed Gomma

Die offizielle Eröffnung des Großen Ägyptischen Museums in der Nähe der Pyramiden von Gizeh ist verschoben.

Von Thomas Seibert

Eine neue Attraktion für Besucher aus aller Welt wollte Ägypten in dieser Woche präsentieren – doch die Kriege im Nahen Osten vereitelten das. Die geplante offizielle Eröffnung des Großen Ägyptischen Museums nahe an den Pyramiden von Gizeh wurde auf Ende des Jahres verschoben. „Im Lichte der derzeitigen Entwicklung in der Region“ habe sich die Regierung in Kairo dazu entschlossen, sagte Ministerpräsident Mostafa Madbouly. Das größte archäologische Museum der Welt auf 500 000 Quadratmetern soll dazu beitragen, die ägyptische Fremdenverkehrsbranche aus der Krise zu holen. Doch daraus wird nun erst einmal nichts. Auch andere Länder der Region können vorerst nicht auf ein Ende der Tourismus-Flaute hoffen.

Wenn der Nahe Osten seit dem Hamas-Überfall auf Israel im Oktober 2023 in den Nachrichten auftaucht, wird fast immer von Spannungen, Tod und Zerstörung berichtet. Zum Gaza-Krieg kam im vorigen Jahr der Konflikt zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon. 2025 steht im Zeichen der Krise zwischen Israel und dem Iran, die im Juni in einem knapp zweiwöchigen Krieg gipfelte.

Touristikbranche korrigiert ihre Erwartungen

Der Welttourismusrat WTTC erwartete bisher für den Nahen Osten fast 370 Milliarden Dollar an Tourismus-Einnahmen in diesem Jahr. Die Prognose wird wohl nach unten korrigiert werden müssen. Ob und wie lange die Feuerpause zwischen Israel und dem Iran halten wird, ist ungewiss. Länder wie Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), die vom Gaza-Krieg nicht direkt betroffen sind, liegen in der Schusslinie des israelisch-iranischen Konflikts. Vorige Woche griff der Iran einen US-Militärstützpunkt in Katar mit Raketen an.

Als die iranisch unterstützten Huthi-Rebellen im Jemen im November 2023 mit Angriffen auf Schiffe im Roten Meer begannen, um die Hamas im Krieg gegen Israel zu unterstützen, verjagten sie damit nicht nur Tanker und Frachter, sondern auch Kreuzfahrtschiffe, die normalerweise Küstenstädte in Ägypten und das jordanische Akaba anlaufen. In Akaba, dem einzigen Hafen Jordaniens, bleiben seitdem die allermeisten Kreuzfahrtschiffe aus: In diesem Jahr legte nach Medienberichten bisher nur ein saudisches Schiff dort an.

Weniger Reisende auch in Israel

Israel zählte vor Ausbruch des Gaza-Krieges in den ersten vier Monaten des Jahres 2023 rund 3,2 Millionen Touristen; im selben Zeitraum 2024 – nach Kriegsausbruch – sackte die Zahl um 90 Prozent auf etwa 300 000 ab. In den ersten vier Monaten dieses Jahres stieg die Zahl wieder auf 900 000 Besucher an. Die Lage im israelischen Fremdenverkehr hatte sich Anfang des Jahres etwas entspannt, bestätigt Kristof Kleemann, Projektleiter der Friedrich-Naumann-Stiftung in Jerusalem. Pilger und Solidaritätsgruppen seien nach Israel zurückgekehrt, Individualreisende hätten für den Sommer gebucht, sagte Kleemann.

Bis Mai ging es bergauf, dann war Schluss. „Der zarte Aufschwung wurde mit dem Krieg gegen den Iran jäh gestoppt“, sagte Kleemann. Hoteliers in Jerusalem und Tel Aviv erlebten erneute Stornierungswellen. Besonders schwer treffe es kleine Familienbetriebe, deren Reserven aufgebraucht seien. Zwar bleiben die Prognosen optimistisch, was die mittlere Zukunft angeht. „Sollte die Sicherheitslage sich beruhigen, könnte Israel bis Ende 2025 wieder drei Millionen Touristen empfangen“, schätzt Kleemann. „Doch jede weitere Eskalation wirkt wie ein Damoklesschwert über der Branche.“

Image leidet unter politischen Konflikten

Kleemann erkennt einen Imageschaden, der dem Fremdenverkehr noch lange zu schaffen machen könne. „Israels Tourismus lebt nicht nur von Stränden und Geschichte, sondern auch von seinem Selbstbild als modernes, offenes, kreatives und resilientes Land“, so der Experte. „Dieses Image leidet, wenn das Land als dauerhaft gefährdeter Konfliktraum wahrgenommen wird.“

Das gilt nicht nur für Israel. Auch Ägypten freute sich in den ersten Monaten dieses Jahres über steigende Besucherzahlen, doch auch dort dürfte der Aufwärtstrend erst einmal gestoppt sein: In den Prognosen der Branche für das laufende Jahr war die geplante Eröffnung des Großen Ägyptischen Museums ein wichtiger Faktor.

In Katar ging die Zahl ausländischer Besucher bereits im ersten Quartal diesen Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um sieben Prozent zurück – seitdem haben sich die Spannungen im Nahen Osten noch einmal verschärft. Andere Golf-Staaten wie die VAE blieben bis zum iranischen Beschuss auf Katar vorige Woche optimistisch, doch auch sie werden mit Einbrüchen rechnen müssen, wenn der Konflikt in die nächste Runde geht.

Rückschläge für die Branche

Flugstreichung Die Region, die sich nach der Pandemie als Touristenmagnet und Investitionsstandort in Stellung bringen wollte, wird zurückgeworfen. Airlines haben Flüge nach Tel Aviv und Beirut gestrichen.

Reisewarnung Etliche westliche Außenministerien wie das Auswärtige Amt in Berlin warnen ihre Bürger vor Reisen in Länder wie Israel und Libanon, bei anderen, etwa Jordanien, raten sie ab von nicht notwendigen Besuchen. 

Zum Artikel

Erstellt:
3. Juli 2025, 17:30 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen