Zehn Profis, zehn Perspektiven

Mit Blick auf die neue Saison sind die Umbauarbeiten am VfB-Kader längst im Gange. Der Blick auf zehn Stuttgarter Profis, die ihren Platz zum Teil womöglich räumen (müssen).

Von Heiko Hinrichsen

Stuttgart - Zwei Bundesliga-Spiele gegen den FC Augsburg und bei RB Leipzig sowie das Saison-Highlight mit dem DFB-Pokalfinale gegen Arminia Bielefeld stehen noch aus – doch die Kaderplanung für die neue Runde läuft beim VfB Stuttgart schon jetzt auf Hochtouren. Auch wenn sich einige Transfers noch bis in den Sommer hinziehen werden, da man in Bad Cannstatt bisher noch nicht weiß, ob das Bundesliga-Team in der neuen Saison in der Europa League dabei ist – und der VfB II weiterhin in der dritten Liga spielt. Dennoch gibt es im aktuellen VfB-Kader eine Reihe Profis, deren Zukunft am Wasen schon jetzt alles andere als in Stein gemeißelt ist. Sie sind abwanderungswillig, ausgeliehen, zu ineffizient oder noch in der Entwicklungsphase – ein Überblick.

Enzo Millot Er ist der einzige Stammspieler in der Liste der unsicheren Kantonisten beim VfB. Doch Enzo Millot will trotz eines Vertrags bis 2028 weg aus Stuttgart, träumt von einem Club im internationalen Topsegment, am besten in Frankreich. Aber auch aus Italien, offenbar vom AC Mailand, gibt es Interesse. 2021 kam der Mittelfeldspieler von AS Monaco für 1,75 Millionen Euro Ablöse, ist inzwischen rund 35 Millionen Euro wert. Lediglich 20 Millionen Euro sind aber aufgrund einer Ausstiegsklausel aufgerufen für Millot, in dessen Fall beim VfB gilt: Reisende soll man nicht aufhalten.

El Bilal Touré Die Leihgabe von Atalanta Bergamo hat beim VfB einen zweigeteilten Eindruck hinterlassen. Wenn El Bilal Touré gespielt hat, dann war der Stürmer aus Mali mit seiner Dynamik fast immer eine Hilfe. Das Problem: Den Großteil seiner Zeit in Stuttgart, die im Vorsommer begann, war Touré verletzt. Nach seinem Mittelfußbruch Ende November war er für vier Partien einsatzbereit – doch nun macht die alte Verletzung wieder Probleme. Wird Touré, der individuell trainiert, rechtzeitig fit, qualifiziert sich der VfB für Europa und ist Bergamo gesprächsbereit, könnte sich der Club womöglich ein weiteres Jahr mit Touré vorstellen. Klar ist: Die Kaufoption von rund 18 Millionen Euro wird der VfB nicht ziehen.

Fabian Rieder Ginge es nach der Qualität des Charakters des Schweizer Nationalspielers, dann wäre Fabian Rieder eine Führungsfigur im Kader des VfB. Leider hat das Spiel des 23-Jährigen bei aller Energie und Willenskraft bisher noch ein entscheidendes Manko: Rieder ist für einen Offensivspieler zu ineffizient. Ein Tor und vier Vorlagen stehen nach 21 Bundesligaspielen für die Leihgabe von Stade Rennes zu Buche. Daher wird der VfB die Kaufoption, die bei rund zehn Millionen Euro liegt, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht ziehen.

Anrie Chase Der Innenverteidiger wird sich zur neuen Saison sehr sicher einen neuen Verein suchen – und ihn auch finden, RB Salzburg soll Interesse an ihm haben. Aktuell ist Anrie Chase allerdings an den Adduktoren verletzt. Zu Saisonbeginn war der 21-Jährige aufgrund der Verletzungssorgen anderer zur Stelle, spielte zwölfmal in der Bundesliga, dreimal im Pokal und fünfmal in der Champions League. Die aktuelle Lage ist bei Chase klar umrissen: Im Bundesliga-Team des VfB sind die vier Kaderplätze in der Innenverteidigung mit stärkeren Spielern besetzt, für eine weitere Saison beim VfB II ist der Defensivspieler dagegen zu gut. Daher stehen die Zeichen eindeutig auf Abschied.

Josha Vagnoman Mit dem Rechtsverteidiger konnte sich der VfB zuletzt nicht auf eine Verlängerung des bis Sommer 2026 laufenden Vertrages einigen. Das bedeutet, das man für den Ex-Hamburger Josha Vagnoman nur in diesem Sommer noch eine Ablöse erzielen könnte. Für den 24-Jährigen spricht, dass er beim VfB zum A-Nationalspieler wurde. Gegen ihn zuletzt einige derbe Stockfehler und ganz schwache Auftritte wie etwa in der Königsklasse gegen Paris Saint-Germain, die Vagnoman – gerade im Auge vieler Fans – ein wenig zur tragischen Figur der Saison haben werden lassen. Ein Tapetenwechsel wäre daher empfehlenswert – da die VfB-Zeit 2026 ohnehin zu Ende ginge.

Pascal Stenzel Auf St. Pauli hatte der „Calle“ zuletzt mal wieder einen Einsatz in der Startelf. Das lag aber auch an der Verletzung von Leonidas Stergiou – und der Formdelle bei Josha Vagnoman. Pascal Stenzel ist seit 2019 beim VfB, also ein verdienter Spieler, der im Verein auch aufgrund seiner sozialen Kompetenz sehr geschätzt wird. Da der 29-Jährige sportlich zwar klar die zweite Reihe besetzt, aber noch einen Vertrag bis nächsten Sommer besitzt, stellt sich allein die Frage: Bekommt Pascal Stenzel bei einem anderen Club im Sommer noch mal einen guten, mehrjährigen Vertrag? Dann dürfte er weg sein. Sonst bleibt er.

Yannik Keitel Obwohl Atakan Karazor in dieser Saison in seinen Leistungen durchaus mal schwächelte, kam Yannik Keitel sehr selten zum Zug. Das mag auch an Karazors Kapitänsbonus liegen, doch klar ist auch: Der 25-jährige Neuzugang vom SC Freiburg hat beim VfB Stuttgart noch deutlich Luft nach oben. Zu den Lieblingsspielern von Trainer Sebastian Hoeneß zählt der Sechser augenscheinlich nicht. Offenbar gibt es Interesse von mehreren Bundesligisten, weshalb eine Zukunft Keitels in Stuttgart trotz eines Vertrages bis 2028 kein Selbstläufer ist. Ist der VfB nächste Runde allerdings international dabei, könnte das dem Mittelfeldakteur mit Blick auf einen breiteren Kader in die Karten spielen.

Ameen Al-Dakhil Er kam vergangenen Sommer vom Premier-League-Absteiger FC Burnley mit einer schweren Muskelverletzung, die bei seinem Transfer im Sommer für neun Millionen Euro noch nicht ausgeheilt war. Daher war klar: der Start von Ameen Al-Dakhil beim VfB würde holprig werden; doch er wurde durch Krankheit, eine weitere Verletzung und einer Roten Karte mehr als das. Aktuell hat der gebürtige Iraker mit Vertrag bis 2028 den Status eines Edelreservisten. Dennoch glaubt man bei den Stuttgartern an das Potenzial des belgischen Nationalspielers. Daher ist Innenverteidiger Al-Dakhil trotz der schwachen Saisonbilanz von bisher nur elf (Teil-)Pflichteinsätzen in drei Wettbewerben ein fester Baustein in der Kaderplanung für die neue Saison. Außer, es findet sich doch ein finanziell potenter Interessent.

Luca Raimund Als Talent Nummer eins aus dem eigenen Stall wurde Luca Raimund noch bis vor Kurzem beim VfB gehandelt. Doch hinter dem 20-Jährigen, der bereits im Herbst 2023 in der Bundesliga für den VfB beim Spiel in Heidenheim debütiert hat, liegt eine Saison zum Vergessen. Probleme im Oberschenkel sowie ein Muskelbündelriss ließen nur fünf Einsätze in Liga drei zu. Seit Anfang Oktober ist der Böblinger fast durchgängig verletzt, hat noch einen Profivertrag bis nächsten Sommer. Daher soll sich der Mittelfeldspieler in der kommenden Spielzeit über Spiele beim VfB II stabilisieren – egal ob in Liga drei oder der Regionalliga.

Nikolas Nartey Der Däne kam 2021 zum VfB – und war die vergangenen beiden Spielzeiten ohne jedes Bundesliga-Spiel durchgängig verletzt. Für den VfB II hat Nikolas Nartey beim 2:1 gegen Aachen am vergangene Wochenende ein wichtiges Tor im Ringen um den Klassenverbleib erzielt. Doch es ändert nichts: der Vertrag des Mittelfeldspielers in Stuttgart läuft aus – und wird ziemlich sicher nicht verlängert.

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Erstellt:
8. Mai 2025, 22:04 Uhr
Aktualisiert:
8. Mai 2025, 23:57 Uhr

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