Autark oder im Netzverbund?

Die Stadtwerke Murrhardt wollen eine grundsätzliche Planung für die kommunale Wärmeversorgung angehen, damit Bürgerinnen und Bürger sich darauf einstellen können, wie diese für ihre vier Wände aussehen kann. Eine konkrete Umsetzung ist damit aber noch nicht verbunden.

Die Stadtwerke wollen einen generelle Planung der kommunalen Wärmeversorgung in Angriff nehmen. Foto: Jörg Fiedler

© Jörg Fiedler

Die Stadtwerke wollen einen generelle Planung der kommunalen Wärmeversorgung in Angriff nehmen. Foto: Jörg Fiedler

Von Christine Schick

Murrhardt. Bürgermeister Armin Mößner räumte im jüngsten Werksausschuss ein, dass mit dem Krieg in der Ukraine das Thema Wärmeversorgung für ihn eine gewisse Wende in Bezug auf die Brisanz genommen habe. Die aktuelle Lage und Diskussionen hätten den Wunsch und Willen mit sich gebracht, sich aus Abhängigkeiten zu lösen und mehr auf eigene Energiequellen zu setzen. Insofern wollen Stadt und Stadtwerke nun eine generelle Planung der Wärmeversorgung auf den Weg bringen.

Für Stadtwerkegeschäftsführer Rainer Braulik ist sie der nächste konsequente Schritt, gerade wenn es darum geht, Punkte wie Neukalkulationen der Wärmekosten genauer justieren zu können. Ein zentrales Thema für die Sparte Nahwärme beziehungsweise für den Nahwärmenetzausbau ist die Wirtschaftlichkeit,welche die Stadtwerke nach jahrzehntelangen Investitionen gezwungenermaßen konsequent im Blick behalten müssen. Insofern hält es Braulik für richtig, im kommenden Jahr in solch eine Wärmeplanung einzusteigen. Bei der Messe habe sich in den Gesprächen gezeigt, wie präsent das Thema bei den Bürgerinnen und Bürgern sei. Begegnet sei dem Team am Stand der Stadtwerke nicht selten die Frage, ob die Zeiten bedeuteten, sich völlig von der Gasheizung und insofern auch vom Gasnetz zu verabschieden. Er glaubt, dass zumindest letzteres angesichts möglicher künftiger Alternativen wie grünem Wasserstoff nicht nötig ist. Ein wichtiger Punkt für Bürgerinnen und Bürger sei ja auch, ob in einem bestimmten Gebiet ein Anschluss an die städtische Nahwärme möglich ist. Einen Gas- und einen Nahwärmeanschluss parallel anzubieten ergibt für ihn aber keinen Sinn mehr, weil damit eine ungute Konkurrenzsituation geschaffen beziehungsweise aufrechterhalten werden würde – Stichwort „Kannibalisierung“.

Da sich nun viele mit dem Gedanken tragen, ihre Wärmeversorgung umzustellen, sei es wichtig, für das Stadtgebiet vom grundsätzlichen Szenario und den Möglichkeiten her zu planen. „Ein Eigentümer sollte es wissen, wenn keine der Versorgungsformen für sein Haus möglich ist und er das selbst in die Hand nehmen muss“, sagte er. Das bedeutet eine Klärung, wo sich welche Netze erweitern und Leitungen künftig legen lassen und mit welcher Art der Wärme zu planen ist, genauso für den Fall, wenn eine autarke Versorgung – beispielsweise über Fotovoltaik und Solarthermie - nötig wird. Solch eine vorausschauende Konzeption bezuschusst das Land Baden-Württemberg zurzeit, was die Stadtwerke nutzen wollen, um einen Förderantrag zu stellen. Braulik hofft, dass somit in den nächsten zwei bis drei Jahren ein solcher genereller Fahrplan steht.

Wärmeplanung ist die Voraussetzung

für einen späteren Ausbau des Netzes

In der Beratung zeichnete sich Zustimmung zum Vorhaben ab, die Nachfragen schärften zudem noch das Bild, was solch eine Planung vermag und was nicht. Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) erkundigte sich beispielsweise, ob Teil eines solchen Konzepts auch Netzausbauschritte mit einem umrissenen zeitlichen Rahmen in Jahresschritten seien, was Braulik klar verneinte. Das ginge zu sehr in die Tiefe, aber die Wärmeplanung sei die Voraussetzung, um diesen nächsten Schritt zu gehen, der allerdings auch klar von einer zusätzlichen Förderung abhänge. Bürgermeister Mößner stellte fest, dass die Planung in diesem Stadium nicht mehr oder weniger als eine Absichtserklärung sei, vergleichbar mit einem Flächennutzungsplan. Mancherorts seien auch von der Topografie her Probleme zu erwarten, und es sei die Frage, ob diese sich technisch lösen lassen.

Planungssicherheit

ist ein zentrales Argument

Edgar Schäf (SPD) hob darauf ab, dass das Vorhaben für die Bürgerschaft wichtig sei und man das auf jeden Fall anbieten sollte. Das sah Andreas Winkle (CDU/FWV) ähnlich. Angesichts des Ziels, dass Deutschland bis 2035 klimaneutral sein solle, komme solch einer Planungssicherheit eine zentrale Bedeutung zu. Möglicherweise lasse sich an der einen oder anderen Stelle an das einstige Klimaschutzkonzept Murrhardt anknüpfen, beispielsweise mit Blick auf eine Selbstversorgung. Auch für Klaus-Peter Dörrscheidt (UL) ist die Planungssicherheit zentrales Argument, die Konzeption anzugehen.

Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) war es ein Anliegen, zum einen die Ergebnisse solch einer Vorplanung für die Öffentlichkeit gut zugänglich zu machen, zum anderen zu unterstreichen und klar zu kommunizieren, dass damit kein Anspruch auf einen Ausbau verbunden sei, eben weil es sich zunächst um eine Absichtserklärung handele. Mößner ergänzte, dass ein Netzausbau nach eigenen Kräften auch nur peu à peu und höchstens bei massiver Unterstützung mit staatlichen Mitteln schneller geschehen könne. Er zog den Vergleich zum Aufbau des Schienennetzes und sprach an, dass auch der Glasfaserausbau bereits seit rund zehn Jahren Thema sei. Das frustrierte Gerd Linke, der zumindest darum bat, die Thematik in zeitlich engmaschigeren Schritten immer wieder in den Blick zu nehmen. Rainer Braulik prophezeite, dass ein Fortschritt im Ausbau mit den Fördermitteln steht und fällt, schon allein vor dem Hintergrund der personellen Situation der Stadtwerke, die dann beim Team aufstocken müssten. Ein Punkt, der für Linke ein klares Argument für die von der Fraktion befürwortete Stelle eines Klimaschutzmanagers ist.

Der Werksausschuss gab geschlossen grünes Licht für den Vorschlag, einen Förderantrag für ein kommunales Wärmeplanungskonzept zu stellen.

Umstellung bis 2045

Konzeption Hat der Förderantrag Erfolg, soll ein Fachbüro die Wärmeplanung übernehmen, was fürs kommende Jahr vorgesehen ist und voraussichtlich sechs bis neun Monate in Anspruch nimmt. Die Stadtwerke rechnen mit Kosten von rund 50000 Euro und einem Zuschuss von etwa 40000 Euro.

Optionen In Deutschland beträgt der Energieverbrauch für die Wärmeerzeugung fast 50 Prozent. Bis zum Winterhalbjahr 2045 soll die Wärmeerzeugung komplett aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Das bedeutet für die Wärmeenergieversorgung, dass in wirtschaftlich gut erschließbaren Siedlungsbereichen mit einer vergleichsweise dichten Bebauung und einem hohen Wärmebedarf, insbesondere bei dichtem Altbaubestand, möglich viele Wärmenetze erstellt werden. Langfristig müssen Erdgasleitungen dort, wo keine Nahwärme möglich ist, auf grünen Wasserstoff umgestellt werden und dort, wo weder Wärme noch diese Technologie wirtschaftlich sinnvoll sind, Gebäudeeigentümer dies wissen, um eine dezentrale Eigenlösung umsetzen zu können.

Zum Artikel

Erstellt:
21. Mai 2022, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt und Umgebung

Im Mikrokosmos von Krabblern und Co.

Der Förster Jörg Brucklacher gibt im ersten Teil seiner Vortragsreihe „Lebensspuren im Wald“ an der Volkshochschule Murrhardt Einblicke in die komplexe Lebensgemeinschaft aus Pflanzen und Tieren, die von Menschen meist unbemerkt bleibt.

Murrhardt und Umgebung

Gefährlicher Opferstock, gestohlener Frosch

Bei einer Kirchenführung rund um die Walterichskirche und den Walterichshügel im Murrhardter Stadtgarten hält Manfred Schurr jede Menge spannende historische Einblicke bereit, gewürzt mit Anekdoten und überlieferten Geschichten.

Murrhardt und Umgebung

Brandstiftung ist nicht ausgeschlossen

Das denkmalgeschützte Gartenhäuschen auf dem Areal der Erlacher Höhe in Murrhardt wurde durch ein Feuer schwer beschädigt. Die Polizei ermittelt und bittet um Zeugenhinweise. Eine technische Ursache allerdings scheint unwahrscheinlich. Die Stadt hofft auf Erhalt des Kleinods.