Baustein zu Prophylaxe und Entlastung

Schnelltests helfen, Infektionen abzuklären. Auch in der Villa Riesberg, einem Murrhardter Heim für Menschen mit psychischen Erkrankungen, sind sie nun möglich. Dort können sich Mitarbeiter, Bewohner und Besucher testen lassen.

Das Sozialministerium empfiehlt Pflegeeinrichtungen, Schnelltests wöchentlich anzubieten. Danach richten sich die Villa Riesberg und die Schumm Pflege GmbH in Murrhardt. Fotos: ©jarun011 - stock.adobe.com/privat

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Das Sozialministerium empfiehlt Pflegeeinrichtungen, Schnelltests wöchentlich anzubieten. Danach richten sich die Villa Riesberg und die Schumm Pflege GmbH in Murrhardt. Fotos: ©jarun011 - stock.adobe.com/privat

Von Christine Schick

MURRHARDT. In der Villa Riesberg in Murrhardt leben zurzeit 30 Frauen und Männer, die Altersspanne reicht von 41 bis 85 Jahren. Die Einrichtung betreut psychisch kranke Erwachsene, von denen mit Blick auf Corona auch viele zu Risikogruppen gehören, wie Geschäftsführerin Ulrike Frank berichtet. Im Hintergrund sind Erkrankungen der Lunge oder des Herz-Kreislauf-Systems, Diabetes oder Immunschwäche, genauso gibt es Bewohner, die aufgrund ihres Alters geschützt werden müssen. „Rund zwei Drittel unserer Bewohner gehören einer Risikogruppe an“, sagt Ulrike Frank. Insofern ist sie froh, dass seit Mitte der Woche auch dort Schnelltests zum Einsatz kommen können. Am Mittwoch starteten die ersten Durchläufe, zunächst bei den Mitarbeitern. Da viele von ihnen in Teilzeit tägig sind, umfasst das Team 28 Betreuungskräfte. Der Donnerstagvormittag war für Reinigungskräfte reserviert, der Nachmittag für die Bewohner. Das Haus stellt zwei Mitarbeiter für die Antigentests ab, um beim Ablauf je nach Bedarf zu unterstützen. Beispielsweise ist ein Abstrich im Rachenraum möglich, die Ergebnisse eines Abstrichs über die Nasenschleimhaut sind aber mit einem geringeren Fehlerrisiko behaftet, erläutert die Geschäftsführerin den Hintergrund.

Nach den ersten Durchläufen – bisher ohne Befund – will das Haus die Schnelltests für Mitarbeiter und Bewohner einmal die Woche anbieten. Ebenso Besucher können sich so Gewissheit verschaffen. Für sie wird Sonntagnachmittag ein Zeitfenster zur Testung angeboten. Wer unter der Woche kommt, kann sich zu den Bürozeiten bei der Pflegedienstleitung beziehungsweise beim verantwortlichen Mitarbeiter melden. „Wenn sich die Besucher vorher anmelden, können wir das natürlich besser koordinieren. Das Ergebnis sollte in 15 bis 30 Minuten vorliegen.“ Wie auch bei Mitarbeitern und Bewohnern setzt die Heimleitung hier bei der Testung auf Freiwilligkeit. Ulrike Frank hat von zwei Besuchern zwar die Rückmeldung bekommen, dass sie keinen Antigentest machen möchten, aber in diesem Fall besteht dann die Verpflichtung für die Gäste, eine FFP2-Maske zu tragen. Sollte es zu einem positiven Ergebnis kommen, gibt es bestimmte Ablaufpläne. Die Geschäftsführerin geht davon aus, dass im Anschluss für den Betroffenen erst einmal ein PCR-Test durch den Arzt oder das Gesundheitsamt erfolgt und eine Reihentestung anstehen kann.

Die Möglichkeit, nun Antigentests einzusetzen, sieht sie als wichtigen Baustein zur Prophylaxe und auch als Entlastung trotz des Mehraufwands. An die Materialien heranzukommen, sei gar nicht so einfach gewesen. Letztlich habe man über den Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) Unterstützung erhalten und Erfolg gehabt.

Und wie präsent sind das Thema Corona und die Folgen des Teil-Lockdowns mit seinen Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens für die Bewohner der Villa Riesberg? Ulrike Frank registriert, dass oft von einer Vereinsamung der Menschen in Heimen gesprochen wird, sagt aber mit Blick auf ihre Klientel: „Isoliert sind derzeit eher die psychisch erkrankten Menschen, die nicht in Pflegeheimen leben können.“ Sie und das Team haben sich Gedanken gemacht, um mit der Situation umzugehen. Zwar ist die gesellschaftliche Teilhabe durch die Rahmenbedingungen des Teil-Lockdowns eingeschränkt und Ausflüge zu einem Kegelnachmittag oder Essen in eine Gaststätte nicht möglich, aber es gibt eine Reihe alternativer Angebote. „Wir holen den Weihnachtsmarkt dieses Jahr ins Heim, also veranstalten einen kleinen Markt in der Einrichtung mit verschiedenen Ständen, die unsere Mitarbeiter bedienen“, berichtet die Geschäftsführerin. Im Wintergarten ist ein Bereich für Besuche eingerichtet, im Garten gibt es eine „Themen- und Erinnerungswelt“ und im Januar ist eine Schlagersängerin zu Gast, die auf der Terrasse für die Bewohner singen wird. Auch sind kürzere Ausflüge in die Umgebung geplant. Zudem sind die Menschen der Villa Riesberg über ein Projekt in ihrer Umgebung „sichtbar“: An der Straße hat das Haus einen kleinen Stand platziert, an dem die Bewohner von 9.30 bis 16.30 Uhr „Kartoffeln und Kreatives“ zum Verkauf auslegen.

Mittlerweile dürften Schnelltests auch in vielen Alters- und Pflegeheimen im Rems-Murr-Kreis zum Einsatz kommen. In Murrhardt beispielsweise testet die Schumm Pflege GmbH Mitarbeiter und Bewohner mit entsprechender Einverständniserklärung bereits seit dem 16. November im Wochenrhythmus. Ebenso Angehörige haben die Möglichkeit, einmal die Woche einen Termin zu vereinbaren und sich testen zu lassen. Positive Fälle habe es bisher nicht gegeben, berichtet Heimleiterin Alexandra Zieffle. Bei rund 120 Bewohnern und Tagespflegegästen sowie 115 Mitarbeitern plus Besucher hat die Einrichtung ein Viererteam gebildet, das die Tests durchführt und die Ergebnisse dokumentiert. Zudem unterstützt das Landratsamt für die Übergangszeit – bis alle Einrichtungen das Material zur Verfügung haben – mit einer mobilen Testeinheit. Das Schnelltestzentrum steht beispielsweise für Einsatzkräfte der Feuerwehr und Rettungsdienste zur Verfügung und die Online-Anmeldung soll optimiert werden, um darüber hinaus Schul- und Kitaleitungen weiter zu entlasten. Nähere Infos: www.rems-murr-kreis.de.

Foto: A. Becherg Foto: A. Becherg
Baustein zu Prophylaxe und Entlastung

„Rund zwei Drittel unserer Bewohner gehören einer Risikogruppe an.“

Ulrike Frank,

Geschäftsführerin

der Villa Riesberg

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Erstellt:
4. Dezember 2020, 06:00 Uhr

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