Biene ist nicht gleich Biene

Bei einer Wildbienen-Exkursion des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald wird deutlich, wie wichtig Blühflächen sind

Schwarz-gelb gestreift, die Beinchen voller Pollen, fliegen sie Blüte um Blüte an – sofern es Blüten gibt. Der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald machte bei einer Wildbienen-Exkursion darauf aufmerksam, dass es wichtig ist, Blumen, Wiesen und Sträuchern die Gelegenheit zum Blühen zu geben.

An den „Nassacher Eichen“ in Spiegelberg suchen die Teilnehmer der Wildbienen-Exkursion nach den Wildtieren und werden fündig. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

An den „Nassacher Eichen“ in Spiegelberg suchen die Teilnehmer der Wildbienen-Exkursion nach den Wildtieren und werden fündig. Fotos: J. Fiedler

Von Sarah Schwellinger

MURRHARDT. Bewaffnet mit Keschern geht es für die Teilnehmer raus auf die Wiesen. Zwischen teilweise hüfthohen Gräsern und bunter, vielfältiger Blütenpracht tummelt sich so einiges, was auf den ersten Blick gar nicht sofort zu erkennen ist. Während man versucht, genau hinzusehen, flattert ein Schmetterling durchs Bild und dort springt ein Grashüpfer von Halm zu Halm. Dann krabbelt dort ein Käfer das Grün nach oben, eine Schwebefliege nähert sich den blau-lila Blüten.

Der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald hat im Rahmen des „Blühenden Naturparks“ zu einer Wildbienen-Exkursion eingeladen. Auf verschiedenen Wiesen in Murrhardt und Spiegelberg waren Bauhof-Mitarbeiter, Imker, Naturschutzorganisationen, Landwirte und Privatpersonen der Mitgliedskommunen eingeladen, sich zusammen mit dem Wildbienen-Experten Rainer Prosi auf die Suche nach Wildbienen zu machen.

„Der Grundgedanke hinter dem Ganzen ist, dass Wiese nicht gleich Wiese ist“, erklärt Lisa-Marie Funke, Projektmanagerin beim Naturpark. „Wir wollen, dass man die immense Vielfalt erkennt.“ Bei dieser Wildbienen-Exkursion soll deutlich werden, dass Biene nicht gleich Biene und Hummel nicht gleich Hummel ist. Jede Art hat ihren Lebensraum, ihre Blüten, ihre Lebensweise.

Weltweit gibt es immer weniger Insekten. Deshalb ist es für alle bestäubenden Insekten so wichtig, ein Angebot über das Jahr hinweg an Blüten und Pollen zu haben. Denn haben sie keine Wildblumenwiesen, keine blühenden Sträucher, keine Ackerwildkräuter oder blühenden Gartenstauden, dann müssen sie hungern und ihre Existenz ist bedroht. Deshalb hat der Naturpark Schwäbisch-Fränkischer Wald zusammen mit dem Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald die Kampagne „Blühender Naturpark“ gestartet. „In den nächsten Jahren sollen in den Naturparkgemeinden nach und nach blütenreiche naturnahe, öffentliche Grünflächen gestaltet werden“, heißt es auf der Homepage des Naturparks. Und weiter: „Dabei wird das Pflegemanagement umgestellt und bei Bedarf mit mehrjährigem, gebietsheimischem Saatgut gearbeitet. So soll wieder das normal werden, was früher selbstverständlich war: Vielfalt im Siedlungsraum.“

„Es gibt bei uns über 585 Bienenarten“, weiß Prosi. Der Crailsheimer ist absoluter Experte, was die Wildtiere angeht. Er kümmert sich seit mehr als 20 Jahren um die Beobachtung, Erfassung und Dokumentation der Wildbienen. Er hat eine Datenbank programmiert, mit der Wildbienen online kartografiert werden können. Der Arbeitskreis Wildbienenkataster ist eine Sektion des Entomologischen Vereins Stuttgart, er entstand in Zusammenarbeit mit dem Staatlichen Museum für Naturkunde Stuttgart.

„Wir treffen uns hier in Murrhardt und Spiegelberg“, so Funke, „weil in unserer Gegend viele Arten noch nicht erforscht sind.“ Die Teilnehmer stürzen sich in die Wiese des Franzosenbuckels bei Harbach. Man freut sich über das Suchen und Entdecken und noch mehr über die herrlichen Farbspiele der Flora und Fauna, die kriechenden und kletternden Tiere und die Vielfalt an Pflanzen.

Und an diesem Tag ist laut Prosi eher wenig los. Viel zu heiß sei es auch den Bienen. Die fliegen an Tagen mit hohen Temperaturen dann eher morgens und erst wieder am späten Nachmittag, um die Mittagshitze zu vermeiden.

Dann der erste Treffer. Jemand hat eine Biene mit dem Kescher eingefangen, die muss nun vorsichtig ins Gläschen, um sie genau anschauen und bestimmen zu können. Prosi sieht schnell: „Das ist eine Honigbiene“, sagt er bestimmt. Die sei ganz einfach erkennbar an den langen Flügelteilen am Außenrand der Flügel. Die Honigbiene sei auch die, die man am häufigsten sieht.

Wildbienen sind etwas

kleiner als Honigbienen

Prosi erfasst nicht nur die Wildbienen an sich, zu seiner Arbeit gehört auch die Erfassung von Blütenbesuchen. So lässt sich genau sagen, wie viele Besucher auf einer Blüte vorbeikommen. Der Hornklee beispielsweise hat 120 Blütenbesucher. Es lässt sich aber auch bestimmen, welche Bienenart welche Blüten besucht. Kurz darauf kann er nach der Begutachtung eines Funds eines Teilnehmers sagen: „Das ist heute die erste echte Wildbiene in Murrhardt.“ Sie ist etwas kleiner als die Honigbiene, nicht ganz so deutlich schwarz und gelb gestreift, sondern etwas bräunlicher. Genauer ist es sogar eine Sandbiene, ein Weibchen, das schon viel gesammelt hat. Dazu erklärt Prosi gleich: „Es gibt drei Möglichkeiten, Pollen zu transportieren.“ Es gibt die Höschen-, die Bein- und die Bauchsammler. „Dass die überhaupt noch fliegen kann!“

Den Teilnehmern wird während des Tages deutlicher als im Alltag oft möglich: Auf so einer Wiese herrscht ganz schön viel Trubel und Bewegung. Selbst das kleinste Lebewesen braucht seinen Platz und seinen Lebensraum. Deshalb gibt’s zum Abschluss Tipps, die Diversität zu erhalten und was jeder in seiner Kommune dazu beitragen kann.

Zur Bestimmung fängt Prosi die Wildbiene für kurze Zeit in einem Glas.

© Jörg Fiedler

Zur Bestimmung fängt Prosi die Wildbiene für kurze Zeit in einem Glas.

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Erstellt:
22. Juni 2019, 06:00 Uhr

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