Blütenschönheit als Studienobjekt

Ausstellung zum 90. Geburtstag von Trude Schüle: Städtische Galerie zeigt ungewöhnliche und weitgehend unbekannte Bilder

Trude Schüle wäre im Dezember 90 Jahre alt geworden. Die Kunstsammlung Murrhardt widmet ihr nun eine Ausstellung. Die Schau zeigt eine Auswahl an Studien, in denen sich die Murrhardter Malerin der Zartheit von Blumen, insbesondere Blüten, widmet. Es ist spannend zu sehen, wie sich in den Bildern ihre Experimentierfreude widerspiegelt.

Gabriele Rösch vor dem Bild von Trude Schüle, das ein Sonnenblumenensemble stil- und liebevoll einfängt. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Gabriele Rösch vor dem Bild von Trude Schüle, das ein Sonnenblumenensemble stil- und liebevoll einfängt. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick



MURRHARDT. Am Eingang der Murrhardter Kunstsammlung ist ein Porträt platziert, auf dem Trude Schüle drei Sonnenblumen in Szene gesetzt hat. Die Tuschezeichnung fängt das Besondere der Korbblütler ein und alles Wichtige ist präsent – die Schönheit des Ensembles, die Individualität der einzelnen Blüten, der Sonnenhunger und gleichzeitig die sich ankündigende Vergänglichkeit. Durch die Schlichtheit der Studie regt das Bild zudem die Fantasie an.

Neben diesem Auftakt- und Einladungsbild finden sich im hinteren Galerieraum 25 Aquarelle von Trude Schüle, die neue Schlaglichter auf die Arbeit der Murrhardter Malerin werfen. „Sie hat sich hier bewusst ausprobiert und vertieft“, sagt Kuratorin Gabriele Rösch. In den Studien experimentiert sie mit Struktur, Farbe und Kontrasten, sodass sich über den Vergleich des einen Motivs beziehungsweise Themas – Blumen und Blüten – spannende Facetten ergeben. Die Spanne reicht von einer für Trude Schüle typischen dokumentarischen über eine stärker abstrahierende Darstellung bis hin zu einem zerfließenden Stil, der die Vorzüge der Aquarelltechnik zu nutzen weiß. Die Zusammenstellung der Bilder nimmt dabei die sich steigernde Farbintensität auf und lässt den Betrachter Gemeinsamkeiten und Unterschiede ausloten, die in den Werken aufscheinen.

Gabriele Rösch stand der Fundus der Trude-Schüle-Stiftung und der Schenkung an die Stadt mit jeweils rund 800 Werken zur Verfügung. Bei den Vorbereitungen wurde ihr nochmals klar, dass der Schaffensschwerpunkt Schüles auf den Stadtansichten und Reiseimpressionen lag. Aber auch, wenn sie in puncto Blumenporträts und Stillleben eigentlich noch mehr Bilder erwartet hat, konnte Gabriele Rösch aus einem reichen Schatz auswählen. Die nun in Murrhardt erstmals ausgestellten Bilder umfassen die Schaffensspanne von 1992 bis 2009. Die Studien changieren zwischen dem Sich-Annähern an die Blütenschönheiten mit ihren Details und dem Einfangen ihrer ganzen Poesie.

In der Ausstellung auf diese Studien zu setzen, reiht sich in das Gesamtkonzept des Galeriejahres ein, bei dem immer wieder Schlaglichter auf die Schönheit der Natur und die Notwendigkeit, sie zu schützen, geworfen wurden. Angefangen bei der großen Ausstellung zu Werken von Thomas F. Naegele, der in seinen Bildern früh den Umweltschutz und die Bewahrung der Schöpfung thematisiert, über die Landart-Schau mit Arbeiten von Margit Körner und einem breit aufgestellten Rahmenprogramm, bei dem Blühbeete vor der Kunstsammlung angelegt und Brücken zu Kooperationspartnern wie dem Landesverband der Gartenfreunde, den Bezirksbienenzüchtern, der Riebesam-Stiftung, dem Carl-Schweizer-Museum und der Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land geschlagen wurden, bis hin zur Präsentation der Bilder Trude Schüles. „Wir haben die Samen ausgebracht, es wachsen gesehen und versucht, Anregungen nach außen zu tragen“, sagt Gabriele Rösch, „jetzt holen wir, symbolisch gesprochen, mit der aktuellen Ausstellung die Blumen noch mal zurück in die Kunstsammlung.“ Die Kuratorin möchte so einerseits die Chance nutzen, die Kunst und ihre Themen nach außen zu transportieren und umgekehrt gesellschaftliche Themen aufzunehmen, andererseits die Schönheit der Natur auch bildlich zu spiegeln.

Mit Blick auf die Besucherzahlen war 2019 für die Kunstsammlung, die mittlerweile schon ein halbes Jahrhundert besteht, ein gutes Jahr. Die Ausstellung zu Thomas F. Naegeles Werken stieß auf großes Interesse, hat der Galerie auch überregionale Gäste beschert. Hinzu kamen die Landart-Schau, die Ausstellung zu noch nie gezeigten Bildern von Heiner Lucas und nun schließt sich noch die Schau „Trude Schüle – zum 90. Geburtstag“ an. „Ich finde eine ganzheitliche Sichtweise und einen Blick über den Tellerrand hinaus wertvoll“, sagt Gabriele Rösch.

Auch im Frühjahr nach Abschluss der Schüle-Ausstellung geht es spannend weiter: Mit „Liquid Landscape“ von Melanie Wiora, die verwandtschaftliche Beziehungen zu Murrhardt hat, wird die Galerie erstmals Fotokunst zeigen. In der Serie „Natura“ setzt die Kölner Künstlerin in ihren großformatigen, monochromen Landschaftsfotografien Wasser in all seinen Aggregatzuständen in Szene.

Info
Malerfreund spricht, Stipendiatin musiziert

Die Ausstellung „Trude Schüle – zum 90. Geburtstag“ wird am Sonntag, 15. Dezember, um 11 Uhr in der Kunstsammlung Murrhardt, Oetinger Straße 1, eröffnet. Es sprechen Bürgermeister Armin Mößner und Heinz Hofer, langjähriger Malerfreund der Künstlerin. Risa Soejima, derzeitige Stipendiatin im Trude-Schüle-Haus, umrahmt die Vernissage mit Werken für Oboe. Die Ausstellung läuft bis zum 22. März und ist samstags, sonn- und feiertags von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt kostet drei Euro, Führungen sind auf Anfrage möglich, Infos dazu unter Telefon 07192/213-222.

Trude Schüle (1929 bis 2016) lebte und arbeitete mit kurzen Unterbrechungen in Murrhardt, wo sie auch geboren und aufgewachsen ist. Seit 1973 war sie als freischaffende Künstlerin aktiv, betrieb bei vielen Dozenten und Professoren ihre Aus- und Fortbildung. Ihr Schwerpunkt lag auf der Aquarellmalerei, gefolgt von Tusche und Sepiatinte. Hinzu kamen Radierungen und Bleistiftzeichnungen. Die Motive spiegeln ihr breites Interesse wider, reichen von Menschen über Gebäude und Landschaften bis hin zu Stillleben und Blumenporträts. Dabei konnte sie aus dem Themenschatz ihrer Reisen schöpfen, die sie nach Japan, Marokko, Ägypten, Tunesien, Israel, in die USA und viele europäische Länder führten. 2014 zeichnete die Stadt sie als Murrhardter Original und Malerin mit der Bürgermedaille aus.

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Erstellt:
14. Dezember 2019, 06:00 Uhr

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