Brückensanierung mit Plan

Murrhardt ist nicht nur reich an Brücken, über einen längeren Zeitraum ist in puncto Kontrolle und Erhaltungsmaßnahmen auch nichts mehr getan worden. Mit einem Konzept bis 2028 sollen die rund 70 Bauwerke nun nach und nach auf Vordermann gebracht werden.

Die Sanierung der Murrbrücke in der Fritz-Schweizer-Straße ist das aufwendigste und teuerste Projekt. Fotos: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Die Sanierung der Murrbrücke in der Fritz-Schweizer-Straße ist das aufwendigste und teuerste Projekt. Fotos: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Man kennt das Thema von Autobahn- oder Bahnbrücken, deren Sanierung virulent wird und unglaublich viel Geld kostet. In kleinerem Maßstab, was die Verkehrsbelastung anbelangt, aber finanziell durchaus gewichtig steht es nun auch für die Stadt Murrhardt an. Klaus Warstat vom Ingenieurbüro für Baustatik in Backnang war am Donnerstagabend in die Gemeinderatssitzung gekommen, um die Ergebnisse der Brückenuntersuchungen und eines daraus resultierenden Sanierungsfahrplans vorzustellen, den Bürgermeister Armin Mößner als ambitioniert – insbesondere auch in Bezug auf die Kosten – bezeichnete. Zusammenkommen bisher 71 Bauwerke, für elf von ihnen steht die Begutachtung der Fachleute noch aus. Klaus Warstat erläuterte, dass eine Hauptuntersuchung alle sechs Jahre vorgesehen ist. Zentrale Kriterien für die Fachleute sind die Verkehrssicherheit, Standsicherheit und die sogenannte Dauerhaftigkeit, sprich der Zustand, der Rückschlüsse auf die Lebensdauer zulässt.

Ein Punkt, der in Sachen Verkehrssicherheit ein fast durchgängiges Problem bei den Brücken in Murrhardt darstellt, ist das Geländer an den Bauwerken, das in der Regel zu niedrig und für Kinder nicht ausreichend gesichert ist. Genauso geprüft wurden Überwege, Konstruktion und Zustand der (tragenden) Materialien sowie Position in Bezug auf das Gewässer. Die Noten eins bis vier geben Auskunft über den Zustand der jeweiligen Brücke. „Ab Drei wird es kritisch, ab 3,5 droht Gefahr und eine Vier bedeutet, dass das Bauwerk kurz vor dem Zusammenbruch steht“, erläuterte Warstat. Gemeinsam mit der Stadt hat das Büro nach den Analysen eine Prioritätenliste für die Sanierung erstellt, in die neben den Mängeln auch die Bedeutung für den Verkehr eingegangen ist.

Die Gesamtkosten werden auf
rund 2,37 Millionen Euro geschätzt.

Der Sanierungsfahrplan erstreckt sich von 2021 bis 2028, für den sich die Kosten auf insgesamt rund 2,37 Millionen Euro belaufen und für den der Gemeinderat unisono grünes Licht gab. Im kommenden Jahr sind 620950 Euro, für 2022 rund 554730 Euro veranschlagt. Klaus Warstat ergänzte später, dass diese groben Schätzungen auf Erfahrungswerten beruhten und im oberen Bereich angesiedelt seien, aber nur eine ungefähre Hausnummer darstellten. In seiner Präsentation ging er auf die Liste der beiden kommenden Jahre ein, in denen je zehn und zwölf Brücken auf dem Plan stehen.

Das größte Projekt 2021 ist die Brücke über die Murr in der Nähe der Stadtwerke und des Feuerwehrhauses in der Fritz-Schweizer-Straße. Klaus Warstat geht davon aus, dass sie aus den 1960er- oder 1970er-Jahren stammt und bisher noch keine Überholung erfahren hat. Es sei Feuchtigkeit eingedrungen und die Widerlager (Bauteil der Brücke, das den Übergang zwischen der Brückenkonstruktion und dem Erddamm herstellt) seien sehr schadhaft. Zur umfangreichen Betonsanierung kommt der Umstand, dass entlang der Brücke viele Leitungen der Stadtwerke verlaufen, die für die Arbeiten umgelegt werden müssen, was die Kosten entsprechend erhöht. Allein dieses Projekt wird auf eine Summe von rund 405000 Euro geschätzt. Als mittleres Vorhaben stellte er die Feldbrücke bei Siegelsberg vor, bei der eine Unterspülung der Widerlager Fugen beschädigt hat und die Betonplatte Abplatzungen aufweist (rund 15000 Euro). Am Beispiel der Brücke am Trimm-dich-Pfad in der Nähe des Freibads erläuterte Warstat die Notwendigkeit, das Geländer zu erhöhen und für Kinder zu sichern (kein Durchlass in Kopfgröße und keinen Anreiz durch eine Art Leitertritt nach oben schaffen), was in diesem Fall mit rund 4000 Euro machbar ist. Bei zwei Holzbrücken (Adelbert-Stifter-Straße und Burgermühle) sollen schadhafte Teile ausgebessert und eine möglicherweise tiefer gehende Sanierung vorerst überbrückt werden. Einer Brücke über den Mahdbach an der Kreisgrenze attestierte Klaus Warstat einen vergleichsweise schlechten Zustand mit rostenden Stahlträgern und unterspülten Widerlagern. Ihr müsse man sich annehmen, auch mit Blick auf ein mögliches Hochwasser. Die Kostenschätzung einer Sanierung liegen bei rund 18000 Euro. Nach einem späteren Hinweis von Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) muss aber vorab abgeklärt werden, ob das Bauwerk noch auf Murrhardter oder bereits auf Fichtenberger Gemarkung liegt und damit in die Verantwortung der Nachbargemeinde beziehungsweise des Kreises Schwäbisch Hall fällt.

Als größerer Posten in 2022 steht die Brücke über den Beilsbach im Erlenweg mit Sanierungskosten von rund 180000 Euro an. Die Schäden sind so gravierend, dass dort für den Fachmann nur noch ein Neubau möglich ist und das Bauwerk für den Fahrzeugverkehr gesperrt werden sollte. Bei der Brücke in der Trailhofstraße über den Hörschbach sind Reparaturen nötig, die mit etwa 70000 Euro Kosten zu Buche schlagen. Wie auch 2021 stehen weitere, überschaubare Sanierungsvorhaben an einzelnen, teils auch kleineren Brücken bis Durchlässen auf dem Plan für das Jahr 2022.

In den Beratungen wurde noch eine Reihe von Fragen geklärt. „Es wird einem bewusst, wie viele Bäche und Zuflüsse es auf der Murrhardter Gemarkung gibt“, sagte Edgar Schäf (SPD). Um der Verkehrssicherungspflicht nachzukommen, müsse man die Liste nach und nach abarbeiten. Als besonders wichtig sah er dies für die Murrbrücke in der Fritz-Schweizer-Straße an, da sich dort das Feuerwehrhaus und die Stadtwerke befinden. Auf Schäfs Frage nach etwaigen Zuschüssen sagte Mößner, dass man Förderungen in Bezug auf Brückensanierungen und Zuschüsse in Verbindung mit dem Hochwasserschutz prüfen wolle. Darüber hinaus seien Anträge für Gelder aus dem Ausgleichsstock eine Option bei größeren Projekten.

Wolfgang Hess (UL) erkundigte sich, seit wann die Regelungen für die Geländerhöhen und Kindersicherungen bestehen würden. Klaus Warstat erläuterte, dass diese zwar schon längere Zeit gelten würden, möglicherweise aber nicht ernst genug genommen worden seien. Was die Sanierung der Brücke bei der Burgermühle angelangt, so ist dort der Plan, vorerst das Notwendigste zu machen, und dann zu prüfen, was grundsätzlich instandzusetzen ist, so die Verwaltung. Der Kostenansatz von 130000 Euro stellt in dieser Hinsicht eine Mischkalkulation dar. Hartmann Widmaier regte an, jeweils auch zu prüfen, inwieweit Brückenbauten sich auf Privatgelände und insofern möglicherweise auch nicht mehr in Verantwortung der Stadt befänden wie beispielsweise die Fornsbacher Maulprofilbrücke Im Beundle bei der Firma Güllich.

Rolf Kirschbaum (CDU/FWV) wunderte sich, dass die Auftragsvergabe der Brückenuntersuchung nicht zuvor Thema im Gemeinderat gewesen war, letztlich auch vor dem Hintergrund, dass ja solch eine Prüfung alle sechs Jahre vorgesehen sei. Mößner geht davon aus, dass die letzte Überprüfung in dieser Hinsicht länger her ist, da innerhalb seiner Amtszeit nichts in dieser Hinsicht gelaufen sei. Insofern sei er dankbar, dass sich das Stadtbauamt dem Thema angenommen habe. Bauamtsleiter Harun Icli ergänzte, dass ursprünglich gezielt nur wenige Brücken in Augenschein genommen werden sollten, dann aber die Empfehlung der Fachleute gewesen sei, mit einem Gesamtkonzept an die Sache heranzugehen und sich insofern einen Gesamtüberblick zu verschaffen. Beim nächsten Mal solle dies von der Reihenfolge her freilich andersherum laufen.

Die Brücke über den Beilsbach in Fornsbach ist so marode, dass sie neu gebaut werden muss.

© Jörg Fiedler

Die Brücke über den Beilsbach in Fornsbach ist so marode, dass sie neu gebaut werden muss.

22 Sanierungen in zwei Jahren

In 2021 stehen folgende Brücken auf dem Sanierungsplan: Beim Trimm-dich-Pfad, bei Unterneustetten/Göckelhof über den Gänsbach, bei Siegelsberg über den Seebach, in der Adelbert-Stifter-Straße, beim Eulenhöfle über den Keebach, in der Fritz-Schweizer-Straße, in Fornsbach über den Mahdbach (abzuklären), in Neuhaus über den Fornsbach, zwei Bauwerke beim Waldsee.

In 2022 sind Sanierungsmaßnahmen bei folgenden Brücken vorgesehen: Fußgängersteg über den Fornsbach beim Milchhäusle, bei Siegelsberg über den Seebach, beim Mutzenhof über den Gänsbach, bei der Burgermühle, bei Unterneustetten über den Gänsbach, in Fornsbach beim Erlenweg über den Beilsbach, bei Oberneustetten-Mutzenhof über den Gänsbach, bei Gärtnershof/Gänshof ein Durchlass über den Gänsbach, bei der Trailhofstraße über den Hörschbach, bei Oberneustetten über den Gänsbach, ein Fußgängersteg in der Forellengasse über den Fornsbach und in der Fornsbacher Schäfergasse.

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Erstellt:
28. November 2020, 06:00 Uhr

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