„Der Klinikabriss schmerzt noch heute“

Heinz Klumbach feiert heute seinen 80. Geburtstag. Als Verwaltungsdirektor des einstigen Kreiskrankenhauses Backnang hat sich der Murrhardter bis 2000 über 25 Jahre lang mit viel Herzblut für sein Klinikum eingesetzt. Und begreift dessen Ende noch immer nicht.

Eigentlich wollte Heinz Klumbach an seinem 80. Geburtstag ein großes Fest geben. Aber wegen Corona wurde dies abgesagt. Nun feiert er sein rundes Wiegenfest nur im Kreise der Familie. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Eigentlich wollte Heinz Klumbach an seinem 80. Geburtstag ein großes Fest geben. Aber wegen Corona wurde dies abgesagt. Nun feiert er sein rundes Wiegenfest nur im Kreise der Familie. Foto: J. Fiedler

Von Matthias Nothstein

MURRHARDT. Fast auf den Tag genau vor 20 Jahren wurde Heinz Klumbach in den Ruhestand verabschiedet. Bis dahin hatte er sich 25 Jahre lang als Verwaltungsdirektor um die Belange des Backnanger Kreiskrankenhauses gekümmert und ihm seinen Stempel aufgedrückt, immer mit viel Herzblut und beseelt von großem Engagement. Bei seinem Abschied war das Hospital auf einem guten Weg. Im Laufe seiner Dienstzeit waren 150 Millionen Mark für Um-, Erweiterungs- und Neubauten sowie für medizinische Geräte investiert worden. „Es wäre noch nötig gewesen, den gynäkologischen Bereich zu sanieren, dort war Handlungsbedarf gegeben. Aber wenn das passiert wäre, dann wäre das Krankenhaus aus meiner Sicht absolut zukunftsfähig gewesen.“

Es kam anders. Erst wurde die Geburtenstation nach Waiblingen verlegt, obwohl es Jahre mit 1200 bis 1300 Geburten gab. Dann wurde die gesamte Gynäkologie geschlossen. „Das war der eigentliche Einbruch“, so die heutige Einschätzung Klumbachs. Obwohl das Krankenhaus zwischenzeitlich 381 Betten hatte und mehr als 650 Mitarbeiter beschäftigte, wurde seine Daseinsberechtigung immer mehr infrage gestellt. Dies endete mit der Schließung im Jahr 2014 und dem Abriss in den folgenden Jahren.

Wer jedoch glaubt, Klumbach habe nach seiner Pensionierung gedacht, das Krankenhaus ginge ihn nichts mehr an, der irrt. Bereits 1998 wurde auf seine Initiative der Verein der Freunde des Kreiskrankenhauses Backnang gegründet, im Jahr 2003 übernahm der rührige Ruheständler den Vorsitz. Durch den Förderverein wurde der Einbau einer Schlaganfallstation ermöglicht, 280000 Euro sammelte Klumbach alleine dafür. Zudem wurden die ärztlichen und pflegerischen Fachbibliotheken aufgestockt, Fortbildungen organisiert sowie die Patientenbibliothek, der Patientenrundfunk und die Krankenhausseelsorge und die Krankenhausclowns unterstützt.

All das half am Ende nichts. Trotz 41000 Unterschriften, die für den Erhalt des Backnanger Hauses warben, und trotz wöchentlicher Fackelzüge um das Klinikum beschloss der Kreistag 2008 mit einer Stimme Mehrheit, die Häuser in Backnang und Waiblingen aufzugeben. Im Juli 2014 zog das gesamte Klinikum in den Neubau nach Winnenden um, der Verein der Klinikfreunde wurde aufgelöst und Ende des Jahres rollten in Backnang die Bagger an. Obwohl schon viele Jahre ins Land gezogen sind, vertritt Klumbach immer noch ganz dezidiert die Auffassung: „Das ist ein großer Verlust für Backnang und das hintere Murrtal.“

„Es scheint schon so, dass ich einiges richtig gemacht habe.“

Der Jubilar kann dies gut beurteilen, schon zweimal war er selbst in Winnenden aufgrund von Gefäßoperationen unterm Messer. Fachlich war der Patient sehr damit zufrieden, aber die Strecke zwischen seinem Wohnort und dem Krankenhaus ist groß, vor allem wenn die Angehörigen jeden Tag diesen Weg auf sich nehmen müssen. Klumbach weiß daher von vielen, die lieber die Häuser in Schwäbisch Hall oder Mutlangen aufsuchen.

Mit vielen Ärzten und Krankenschwestern pflegte der Verwaltungsdirektor noch viele Jahre ein gutes Verhältnis, manche trifft er heute noch. „Ich bin von den alten Weggefährten nicht ganz vergessen, und das ist doch ein Zeichen, dass ich einiges richtig gemacht habe.“ So ist eine Gruppe ehemaliger Klinikangestellter viele Jahre regelmäßig im Murrhardter Raum gewandert. Klumbach, der mit eineinhalb Jahren an Kinderlähmung erkrankt war und seitdem von dieser Erkrankung ein kürzeres und schwächeres linkes Bein zurückbehalten hatte, konnte zwar an diesen Wanderungen nie teilnehmen, aber spätestens bei der Einkehr der Gruppe war er mittendrin. Der leidenschaftliche Sänger war viele Jahre aktives Mitglied des Liederkranzes Murrhardt und insgesamt 36 Jahre lang Schatzmeister, Vorsitzender oder Stellvertreter. In dieser Zeit feierte der Liederkranz seine Jubiläen zum 150- und 175-jährigen Bestehen, jeweils mit Großveranstaltungen. Auch entwickelten sich sehr gute Verbindungen in die Partnerstädte in Frankreich und England und auch nach Ungarn und Italien mit gegenseitigen Besuchen und Konzerten.

Vor vier Jahren kam die Kinderlähmung zurück, seither kämpft Klumbach mit dem Post-Polio-Syndrom. Das hat zur Folge, dass er keine Kraft in der Hüfte hat und inzwischen auf den Rollator oder Rollstuhl angewiesen ist. Zwar kann Klumbach noch Auto fahren, aber weite Reisen, die ihn früher mit dem Wohnmobil weit herumgeführt haben, sind nicht mehr möglich. Ausflüge auf die Mainau oder ins Blühende Barock nach Ludwigsburg waren zuletzt die Höhepunkte, während er früher durch Marokko, Südfrankreich oder Italien tourte. Oder mit Reisegruppen Urlaub in Jalta auf die Krim oder auf Kreta genoss.

Trotz der Einschränkung hatte sich Klumbach gut mit der Krankheit arrangiert, viele Freunde kamen regelmäßig zu Besuch, es gab Rommé- und Canastarunden im Wohnzimmer oder Zusammenkünfte auf der großen Terrasse seines Hauses. Doch all dies ist seit der Coronapandemie wieder anders. Solange es ging, traf sich zwar die Skatrunde noch, aber gemeinsames Singen oder ein Besuch im Solebad sind derzeit nicht möglich. „Das ist schlimm“, so der Jubilar, der seinen runden Geburtstag eigentlich groß feiern wollte. „Das Fest ist abgesagt, wir feiern nur in der Familie, mit Sohn und Tochter und vielleicht den vier Enkeln. Das ist schon traurig.“

Aber noch viel trauriger stimmt es Klumbach, wenn er im Backnanger Süden am ehemaligen Krankenhausareal vorbeikommt. „Ich habe so viel Herzblut in das Krankenhaus reingesteckt... Jetzt vermeide ich es, so gut es geht, die alten Straßen zu benutzen. Lieber fahre ich einen Umweg, um das nicht zu sehen. Das Ende des Kreiskrankenhauses hat mir sehr wehgetan.“

Heinz Klumbach

Heinz Klumbach wurde am 20. November 1940 in Großgartach bei Heilbronn geboren. Mit eineinhalb Jahren erkrankte er an Polio (Kinderlähmung) und behielt von der Erkrankung ein verkürztes und schwächeres linkes Bein zurück.

Nach der Mittleren Reife absolvierte er eine sechsjährige Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst beim Landkreis Heilbronn, in der Gemeinde Strümpfelbach im Remstal und an der staatlichen Verwaltungsschule in Stuttgart.

Von 1962 an war er in Murrhardt zuerst Stellvertreter des Kämmerers, stellvertretender Werksleiter der Stadtwerke, Stellvertreter des Hauptamtsleiters, stellvertretender Standesbeamter und Ratsschreiber. Nach den Eingliederungen der Gemeinden Fornsbach und Kirchenkirnberg in die Stadt Murrhardt 1973 wurde er Werksleiter der Waldseebetriebe. Hier erfolgte unter Klumbachs Regie 1974 die Neugestaltung des Campingplatzes Waldsee samt Neubauten. In dieser Zeit wuchs seine Liebe zum Campingurlaub.

Von Februar 1976 bis November 2000 leitete er als Verwaltungsdirektor die Geschicke des Backnanger Kreiskrankenhauses.

Auf Klumbachs Initiative hin wurde 1998 der Verein der Freunde des Kreiskrankenhauses Backnang gegründet. Im Jahr 2003 übernahm Klumbach den Vorsitz von Chefarzt Peter Winter und blieb bis zur Auflösung des Vereins 2014 in diesem Amt.

Über viele Jahre engagierte sich Klumbach im Liederkranz Murrhardt, sowohl als aktiver Sänger als auch in verschiedenen Posten des Vorstands. So war er unter anderem zehn Jahre lang Schatzmeister, 18 Jahre lang Vorsitzender und acht Jahre Stellvertreter.

Klumbach heiratete 1964 seine Frau Gertrud, das Paar hat einen Sohn und eine Tochter und vier Enkel.

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Erstellt:
20. November 2020, 06:00 Uhr

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