Glühwein wird heiß diskutiert

Am vergangenen Wochenende haben die ersten Gastronomen in der Region Glühwein zum Mitnehmen angeboten. Das ist allerdings nicht in jeder Form erlaubt.

An kalten Winterabenden Rote Wurst und Glühwein am Hüttle vor dem Lokal Kunberger zu kaufen, scheint momentan nicht möglich zu sein. Wirtin Petra Wolf und ihr Mann Nick Fruth suchen nun nach Alternativen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

An kalten Winterabenden Rote Wurst und Glühwein am Hüttle vor dem Lokal Kunberger zu kaufen, scheint momentan nicht möglich zu sein. Wirtin Petra Wolf und ihr Mann Nick Fruth suchen nun nach Alternativen. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG/ASPACH. Nach der Arbeit am großen Fass vor dem Restaurant Kunberger Freunde auf einen Glühwein treffen – das hat für viele Backnanger bislang zur Vorweihnachtszeit dazugehört. In diesem Winter ist aber alles anders, bis auf Liefer- und Abholservice ist die Gastronomie geschlossen. Der Plan von Kunberger-Wirtin Petra Wolf und ihrem Mann Nick Fruth, mit einem Glühweinhüttle vor dem Lokal am Wochenende ein bisschen Adventsflair zu beschwören, ist nicht aufgegangen. Die Hütte steht, doch sie darf nicht in Betrieb genommen werden. Die Coronaverordnung lasse das nicht zu, ist der Wirtin mitgeteilt worden. Andererseits haben Gaststätten wie das Waldheim in Backnang und der Sonnenhof in Aspach, der Forsthof in Steinheim und Lokale in Stuttgart am gleichen Wochenende Glühwein zum Abholen angeboten. „Unsere Kunden haben sich gewundert. Gefühlt gab es überall Glühwein, nur bei uns nicht“, erzählt Wolf. „Werden wir da anders bewertet?“, fragt sich Fruth.

Ja und Nein. Die Bewertung hänge nicht davon ab, wer da bewirtet, sondern wie. Die städtische Pressesprecherin Christine Wolff erläutert: „Die geltende Coronaverordnung erlaubt einen Verkauf über die Theke für den Verzehr außer Haus.“ Das heiße aber auch, dass keine Tische oder Tresen errichtet werden dürfen, die dazu einladen, dass die Kunden dort stehen bleiben und vor Ort essen und trinken – so etwa bei der Hütte. Auch der Verkauf an einem Stand am Waldheim ist inzwischen unterbunden worden. Gerade beim Glühwein, der recht schnell abkühle, sei die Gefahr besonders groß, dass die Leute gleich vor Ort konsumieren, so Wolff. „Aus der Tür heraus zu verkaufen, wäre möglich“, sagt sie, schränkt aber zugleich ein: Die Coronaverordnung lasse den Kommunen Spielraum bei der Auslegung. Bezieht sich der „Verzehr“ nur auf Essen oder auch Getränke? Um das eindeutig zu klären, müsste es eine klare Regelung des Landkreises geben. Solange müssten die Kommunen abwägen. Und die Stadt Backnang scheint diesbezüglich vorsichtig zu sein.

Dass am Sonnenhof in Aspach aus einem Foodtruck heraus auch Glühwein verkauft wird, gehe konzessionsrechtlich in Ordnung, erklärt Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. Der Truck sei als Annex zur Gaststätte zu sehen und befindet sich auf privatem Grund. „Da kann man einen Außenverkauf machen.“ Das umfasse auch alkoholische Getränke. Dieses Angebot sei am Wochenende auch rege genutzt worden, erzählt eine Mitarbeiterin des Sonnenhofs. Allerdings, betont Welte-Hauff, sei auch hier ein Verzehr vor Ort nicht gestattet, Menschenansammlungen seien nicht erwünscht. Das werde auch stichprobenartig von Verwaltung und Polizei kontrolliert.

Einerseits soll die Gastronomie unterstützt werden, andererseits gilt es, Infektionen zu vermeiden.

In Stuttgart sorgte die Regelung jüngst für Unverständnis und Ärger. Denn: An den Ständen des Ersatz-Weihnachtsmarkts in der Innenstadt, dem sogenannten Adventszauber, darf kein Glühwein ausgeschenkt werden. Gleichzeitig bieten die Wirte der umliegenden Gaststätten jedoch Glühwein zum Mitnehmen an. Die Standbetreiber fühlen sich benachteiligt. „Ein Drahtseilakt“ sei dies auch für die Stadt Backnang, sagt Christine Wolff.

„Wir versuchen, einen Mittelweg zu finden, sodass die Gastronomen unterstützt werden. Aber es darf eben nicht auf Kosten der Gesundheit der Bürger gehen.“ Das Wichtigste sei für die Verwaltung, dass Menschenansammlungen vermieden und Infektionsketten so unterbrochen werden.

Für Petra Wolf vom Kunberger ist die Regelung unverständlich. Die Stadtverwaltung Backnang beziehe sich auf die Coronaverordnung des Landes, gleichzeitig seien Glühweinstände oder eben ein Foodtruck in anderen Kommunen möglich. Zudem dürfe ja auch jede Imbissbude ihre Waren weiterhin über den Tresen verkaufen. Die Wirtin plant nun, ab Donnerstag einen Verkauf aus dem Lokal heraus anzubieten – inklusive Glühwein. „Jetzt, wo es kalt ist, wollen die Leute das, es gehört dazu“, weiß sie. So ein Verkauf von Heißgetränken und Roter Wurst vom Grill sei Teil der Adventszeit. Dadurch erhofft sich die Gastronomin auch etwas mehr Umsatz in einer coronabedingt schwierigen Zeit.

Sie macht aber unmissverständlich klar: „Es gibt keine Vor-Ort-Versammlungen. Man darf sich nicht auf dem Gelände aufhalten, außer um die Bestellung abzuholen.“ Ihr Hüttle lässt sie derweil geschlossen, wie es von der Stadtverwaltung vorgegeben wurde. Hergerichtet werde es trotzdem, in der Hoffnung, dass es doch noch in Betrieb genommen werden kann.

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Erstellt:
3. Dezember 2020, 06:00 Uhr

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