Hilfsangebote für Handel und Gastronomie

Von Christine Schick

MURRHARDT. Eigentlich müssten die Händler und Geschäftsleute, die bisher noch keine Mitglieder beim lokalen Online-Marktplatz sind, Elke Kleinknecht die Tür einrennen. Aber vermutlich kämpfen sie an verschiedenen Fronten. Kleinknecht betreut als Projektleiterin den Aufbau der Murrhardter Plattform von Anbeginn an. Stadt und Stadtmarketingverein haben dafür eine stattliche Förderung vom baden-württembergischen Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz erhalten. Das auf zwei Jahre angelegte Projekt wird mit 121000 Euro bezuschusst. „Mittlerweile haben wir 30 Teilnehmer und es gibt auch noch weitere Interessenten“, berichtet Elke Kleinknecht. Über die lokale Murrhardter Plattform für Händler, Dienstleister, Gastronomen und Gewerbetreibende laufen deutschlandweit insgesamt täglich zwischen 10 bis 15 Bestellungen verschiedener Produkte. Im Vergleich mit den weiteren Städten und Kommunen im Land, die solch einen Online-Marktplatz am Start haben, sei Murrhardt damit einer der Spitzenreiter.

Durch die völlig veränderte Situation in der Coronakrise mit Schließungen von Gaststätten und vielen Geschäften bietet der Marktplatz als die Plattform für den Online-Handel eine nicht unerhebliche Unterstützung. Elke Kleinknecht geht davon aus, dass viele Geschäftsleute sich nun um einen Vertrieb jenseits des gewohnten Ladenverkaufsalltags bemühen und sich mit dem Thema Online-Handel auseinandersetzen dürften. Stadtmarketingverein und Stadt möchten alle – ob Mitglieder oder Nichtmitglieder – möglichst gut unterstützen. Zwei weitere Interessenten, möglicherweise auch ein dritter, sind auf sie zugekommen, wollen nun beim Online-Marktplatz miteinsteigen und die Chancen nutzen.

Die liegen schlichtweg darin, seine Produkte unter dem gemeinsamen Dach und über den jeweiligen Geschäftsauftritt präsentieren und Produkte verkaufen zu können – mit deutschlandweitem Vertrieb und/oder einem lokalen Lieferservice, der sie zu Kunden in allen Teilorten Murrhardts sowie nach Sulzbach an der Murr ausfährt. Letzterer wird bisher über den Daumen ein- bis zweimal am Tag in Anspruch genommen. Die Abwicklung übernimmt der Dienstleister Atalanda, der die Plattform als Online-Spezialist betreut. Die Bezahlung geschieht kontaktlos, will heißen der Kunde erledigt sie mit Paypal oder einer Kreditkarte und die Lieferung kann vor die Haustür wandern.

Um eben auch Lebensmittel an Kunden liefern zu können, wurden Kühlboxen angeschafft, die nun beim Murrhardter Dienstleister stehen, der die Touren übernimmt, berichtet Elke Kleinknecht. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, als Mitstreiter der Online-Plattform über sein Angebot zu informieren. „Es gibt ja Mitglieder aus der Gastronomie, die zwar geschlossen haben, aber einen Mittagstisch anbieten. Manche liefern, bei anderen kann man ihn abholen“, sagt die Projektleiterin. Im gemeinsamen Telefongespräch mit ihr und Bürgermeister Armin Mößner wird deutlich, dass es in der jüngsten Zeit darum ging, zu überlegen, wie die Informationen über Angebot und Nachfrage, Kunde sowie Händler, Dienstleister und Gastronom zusammenkommen. Dabei hat die Stadt auch diejenigen im Blick, die eben nicht oder noch nicht Mitglied der Plattform sind.

Elke Kleinknecht sowie das Team des Amts für Wirtschaft, Kultur und Tourismus haben sich ins Zeug gelegt und mehrere Möglichkeiten geschaffen. Zum einen gibt es eine E-Mail-Adresse, an die sich Kunde und Anbieter wenden können: einkaufen@murrhardt.de. Private Konsumenten, die etwas Bestimmtes suchen, können nachfragen, genauso haben Anbieter die Möglichkeit, ihre Kontaktdaten, geänderte Öffnungszeiten und einen bestimmten Service mitzuteilen.

Auch Nichtmitglieder können kostenlos Produktlisten einstellen

Zusätzlich auf dem Online-Marktplatz eingerichtet worden ist eine Seite für Versorger mit Produkten des täglichen Bedarfs, die nicht sowieso mit entsprechenden Angaben im Online-Marktplatz vertreten sind. Das Stichwort lautet hier Einkaufslisten. Dazu hat sich das Team von Atalanda, das als Spezialist auch den Online-Marktplatz Murrhardt begleitet, Gedanken gemacht und eine Art Notprogramm für diejenigen aufgesetzt, die nun so schnell wie möglich mit ihrem Portfolio online gehen wollen. Dieser Service ist kostenlos, eine Mitgliedschaft beim Marktplatz oder Stadtmarketingverein ist keine Voraussetzung (fünf Prozent des Umsatzes gehen an Atalanda). Melden können sich Interessierte bei Projektleiterin Elke Kleinknecht. Das Team will damit erreichen, dass Händler ihre Produkte ohne großen Aufwand auf der Plattform einstellen können. Die Projektleiterin erklärt, dass die Angaben in der Regel und unter normalen Umständen recht umfangreich sein können, nun aufgrund der Sondersituation allerdings ohne spezifische Details wie Nährstofftabellen auskommen, dann einfach nur die Stichworte wie Orangensaft oder Marmelade Teil der Liste sind.

Als weitere Möglichkeit, zu informieren, nutzt die Stadt zusätzlich die eigene Homepage. Dort sind nun zum einen die Geschäfte aufgeführt, die für ihre Waren einen eigenen Lieferservice eingerichtet haben. Zum anderen gibt es eine weitere Seite, auf der sich eine Übersicht der Gastronomiebetriebe mit einem Abhol- und teils mit einem Lieferservice findet. Nach Stand vom Montag bieten insgesamt elf Gaststätten und Metzgereien einen Außer-Haus-Verkauf an. Wie ihre Kollegen hat auch Anja Akehurst von der Schumm-Service GmbH nach einer Möglichkeit gesucht, breit zu informieren, dass die Küche des Hauses immer noch Speisen anbietet. „Mich hat das Team vom Amt für Wirtschaft, Kultur und Tourismus kontaktiert, um zu fragen, wie es bei uns aussieht“, berichtet die Geschäftsführerin. „Ich fand das prima und hab mich auch explizit bedankt.“ Die 100-prozentige Tochter des Erich-Schumm-Stifts ist nicht Mitglied beim Online-Marktplatz, erhält so aber auch eine Unterstützung. Die genaueren Informationen zu Speisen, Bestellung und den Rahmenbedingungen finden sich auf der aktuellen Liste. Mit im Boot sind neben der Schumm-Service GmbH auch das Eiscafé Belluno, der Asiashop Boracay, das Atrium, die Gaststätte Lamm, Murrhardts Kebaphaus, das Gasthaus Waldeck, die Taverne Nestos sowie die Metzgereien Offenhäußer, Kühnle und Wieland. Elke Kleinknecht setzt darauf, dass sich aber auch Händler, Gastronomen und Gewerbetreibende bei der Stadt zurückmelden beziehungsweise von sich aus aktiv werden, wenn sie Unterstützung benötigen.

Silvia Kuhbach, die zum ehrenamtlichen Team des Murrhardter Weltladens gehört, will genau das noch erledigen. Denn auch dort hat sich einiges geändert. Zwar kann das Geschäft am Nägeleplatz noch öffnen, weil über 50 Prozent der Waren Lebensmittel sind, aber auch das Team wirbelt gerade, um einen Lieferservice zum Laufen zu bringen. Hintergrund ist vor allem, dass viele Stammkunden schon älter sind, damit zur Risikogruppe in Bezug auf eine Erkrankung am Coronavirus mit schwerem Verlauf gehören und Kontakte vermeiden sollten. Auch der eigene Mitarbeiterinnenstamm hat sich aus diesen Gründen von 14 auf 5 reduziert, sodass der Laden die Öffnungszeiten auf vormittags von 9 bis 12.30 Uhr (Montag bis Samstag) eingeschränkt hat. Gleichsam ist es dem Team ein Anliegen, die Hersteller in den Partnerländern zu unterstützen. „Das ist uns eine Herzenssache, weil da auch viele Familien dranhängen“, sagt Silvia Kuhbach. Bestellen (ab 15 Euro) kann man unter Telefon 07192/909718 im Laden oder per E-Mail unter info@weltladen-murrhardt.de.

Auch wenn die Vorteile des Online-Marktplatzes nun deutlich hervortreten – selbst beim Projekt gibt es gewisse Einschränkungen durch die Coronakrise. Geplant war eigentlich eine flankierende Evaluation, die zurzeit nicht stattfinden kann. Auch ein Treffen der teilnehmenden Städte beim Betreuer Atalanda musste abgesagt werden. Insofern hofft Bürgermeister Armin Mößner auch, den Projektzeitraum verlängern zu können.