Kommentar: Erst die Strategie, dann das Personal
Kommentar: Erst die Strategie, dann das Personal
Von Thomas Wüpper
Der baldige Abgang von Bahnchef Richard Lutz kommt dann doch überraschend. Schon im Koalitionsvertrag hatte die neue Bundesregierung zwar explizit festgelegt, dass der tief in der Krise steckende Staatskonzern auch an der Spitze neu aufgestellt werden soll. Damit tickte die Uhr für Lutz, der seit acht Jahren den DB-Konzern führt und seit der Bahnreform 1994 an Bord ist. Verkehrsminister Patrick Schnieder hatte sich dann aber Zeit genommen. Erst die Strategie, dann das Personal, so seine richtige Festlegung. Am 22. September will Schnieder seine „Agenda für zufriedene Kunden auf der Schiene“ vorstellen – und voraussichtlich auch die neue Konzernspitze, die diese schwierige Aufgabe umsetzen soll.
Lutz und dem bisherigen Vorstand ist es in all den Jahren nicht gelungen, den Schienenverkehr in Deutschland verlässlicher zu machen. Im Gegenteil: die Züge fahren oft so verspätet wie nie. So kann es nicht mehr weitergehen. Doch verantwortlich für das fortwährende Desaster sind neben Missmanagement vor allem die falschen politischen Weichenstellungen. Viel wichtiger als Personalfragen sind überfällige Strukturreformen. Der Konzern muss verkleinert und entflochten, die bundeseigene Infrastruktur besser kontrolliert werden. Der Abgang von Lutz sollte der Beginn einer durchgreifenden Bahnreform auch gegen bekannte Widerstände sein – sonst bleibt der deutsche Schienenverkehr zu oft ein teures Ärgernis.