Kreativen jungen Menschen verpflichtet

Bürgermeister Armin Mößner (links) überreicht Jürgen Riebesam, der mit seiner Frau Gerlinde (Mitte) gekommen ist, die Urkunde.

Bürgermeister Armin Mößner (links) überreicht Jürgen Riebesam, der mit seiner Frau Gerlinde (Mitte) gekommen ist, die Urkunde.

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Jürgen Riebesam war erfolgreicher Unternehmer und ist nun ein bedeutender Kulturmäzen in der Region. Mit der 2002 von ihm und seiner Frau Gerlinde gegründeten Riebesam-Stiftung fördert er künstlerisch und musisch begabte Kinder und Jugendliche. Für dieses große Engagement im Kulturbereich hat ihm Bürgermeister Armin Mößner nun die Bürgermedaille der Stadt Murrhardt in der Festhalle verliehen. „Jürgen Riebesam hat sich in herausragendem Maße Verdienste auf kulturellem Gebiet zum Wohl der Stadt Murrhardt und ihrer Bürger erworben“, unterstreicht Mößner in seiner Laudatio. „Er packt mit an, bringt sich ein und geht voran“ und „ist als multifunktional aktiv Engagierter ein Paradebeispiel“ eines Bürgers. Er stärke und unterstütze das kulturelle Wirken und stelle so sein Engagement in den Dienst der Allgemeinheit und seiner Mitmenschen. „Dabei stößt er immer wieder neue Dinge an, programmatisch, aber auch baulich.“ Anstoß für sein Engagement seien „gravierende Veränderungen im Schulunterricht“ gewesen, wodurch die Fächer Kunst und Musik immer mehr an Bedeutung verloren. Die Arbeit der Riebesam-Stiftung begann mit Künstlern und Musikern mit Hochschulabschluss als Lehrkräfte. Im Heinrich-vonZügel-Gymnasium, das der Stiftung einen Raum zur Verfügung stellte, erfolgte an Samstagen der erste Kunstunterricht.

2006 entstand eine Kooperation mit dem städtischen Kindergarten Elsas-Haus, wo Tanja Lucht als Dozentin ästhetische Früherziehung für Kinder von vier bis elf Jahren anbot. Bis heute kooperiert die Riebesam-Stiftung mit weiteren Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen. Der Musikunterricht startete 2007 mit dem Aufbau des Jugendensembles Arsono durch das Musikschullehrerehepaar Julia und Björn Vielhaber. Heute leitet Julia Kirschbaum aus Kirchenkirnberg die musikalische Arbeit der Stiftung. Diese fördert die musikalische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen und organisiert ein vielfältiges Kulturprogramm mit Theateraufführungen und Konzerten. Das Kulturhaus Klosterhof wurde zur Heimat der Riebesam-Stiftung in Murrhardt. Jürgen Riebesam erwarb das ehemalige Feuerwehrhaus im Klosterhof und ließ es mit großem persönlichen und finanziellen Einsatz denkmalgerecht zum ansprechenden Kulturhaus umbauen. Nach der Einweihung 2014 zog dort neben der Stiftung auch die Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land ein und in dessen Saal finden seitdem viele Kulturveranstaltungen statt. Die Riebesam-Stiftung hat ein eigenes Bildungsangebot und zahlreiche Schüler und Studenten sind Stipendiaten der Stiftung, die eine finanzielle Förderung ihres Unterrichts an Musikschulen und Musikhochschulen erhalten.

Die Stiftung ermöglicht Ausbildung, Konzerte bereichern das Kulturangebot

„Die Förderung von jungen Menschen auf dem Gebiet der Kunst und Musik ist es, was Jürgen Riebesam und seiner Frau Gerlinde Freude bereitet. Und von dieser Freude erhält die Kulturstadt Murrhardt ebenfalls ihren Anteil – mit Konzerten und der fundierten Aus- und Weiterbildung von talentierten Kindern und Jugendlichen“, hebt der Rathauschef hervor. Dann zeichnet er den Kulturmäzen mit der Bürgermedaille als Anstecknadel und der Urkunde aus.

„2002 beschlossen meine Frau und ich eine Stiftungsgründung“, erzählt Jürgen Riebesam in seiner Dankesrede. Im selben Jahr gewannen sie die Backnanger Künstlerin Barbara Schröder von Buttlar als Kunstlehrerin für die Stiftung. Seitdem unterrichtet sie vier Klassen in bildender Kunst, eine davon an der Grundschule Fornsbach dank Rektorin Monika Pietron, die der Stiftung die Möglichkeit gab, dort Kindern Malunterricht zu geben. Die Künstlerin „hat die Kinder und Jugendlichen, die wirklich Interesse am Unterricht hatten, sehr erfolgreich über 19 Jahre lang unterrichtet“, würdigt Riebesam deren Arbeit. „Da unsere Welt immer digitaler wird, haben wir 2017 in einer Klasse das durch EDV unterstützte Malen und Zeichnen im Kurs Zeichentrick, Comic und Animation eingeführt“, ebenso von Barbara Schröder von Buttlar konzipiert. „2004 kam unsere Tochter Tanja Lucht zur Stiftung, sie führte die ästhetische Früherziehung für Kinder zwischen vier und elf Jahren ein. In zwei Klassen unterrichtete sie die Kinder und wie ich festgestellt habe, waren die Kinder sehr engagiert und mit vollem Eifer bei der Sache“, freut sich der Mäzen. Anfang 2021 machte sich Tanja Lucht selbstständig und als ihre Nachfolgerin hat die Stiftung die Kunstlehrerin Birthe Stahl gewonnen, die künftig den Unterricht leiten wird.

„2007 kam die Musik dazu, hier hatten wir großes Glück, denn mit Julia und Björn Vielhaber gewannen wir zwei Vollblutmusiker: Beide haben Unglaubliches bei der Stiftung geleistet.“ Als das Ehepaar sich 2015 beruflich veränderte, gelang es Jürgen Riebesam, die junge Schul- und Kirchenmusikerin Julia Kirschbaum, die gerade ihr Studium beendet hatte, für die Stiftung zu gewinnen. Nach einem Orgelkonzert in der Stadtkirche habe er sie angesprochen, „und sie sagte sofort zu: Das ist die Art von jungen Menschen, die mir besonders gefallen, ohne lange zu überlegen ins kalte Wasser springen“, sich durch Entschlossenheit und Mut auszeichnen, hebt Riebesam hervor. Er dankt allen ehrenamtlich Engagierten, Lehrkräften, Schülern, Musikern und im Hintergrund Mitwirkenden der Stiftung.

Den passenden Rahmen für die Verleihung bildet das Sommerkonzert der Riebesam-Stiftung. Unter der Gesamtleitung von Julia Kirschbaum wirken die meisten aktuellen Musikstipendiaten mit. Vor Musizierfreude sprühend gestalten sie in Bestform ein überaus breit gefächertes Programm. Es reicht von Werken, die von der Barockmusik inspiriert sind, bis zu Schlager- und Popklassikern. Ein Höhepunkt ist der Auftritt des Blechbläserquintetts „Karlbrass“ der Musikhochschule Karlsruhe mit Stipendiat Jón Vielhaber und Goeun Park (Trompeten), Felipe Santos (Horn), Akari Yamene (Posaune) und Jeongbin Im (Tuba). Mit rhythmischem Schwung, harmonischer Klangfülle und souverän gestalteter Melodik interpretieren die Studenten je zwei Stücke aus Edvard Griegs Holberg-Suite, der Music Hall Suite von Joseph Horovitz im fröhlich swingenden Early-Jazz-Dixieland-Sound sowie den Beatles-Hit „Penny Lane“ mit Jón Vielhabers prächtigem Trompetensolo. Ein großer Hörgenuss ist auch Helga Warner-Buhlmanns kunstvoll ausgestaltete, von der Barockmusik inspirierte Bassonerie. Nuancenreich und in tänzerischer Rhythmik präsentiert sie das Fagottquintett der Jugendmusikschule Backnang mit Stipendiat Raphael Unger, Moritz Schneider, Anton von Bechtolsheim, Micha Faude (Fagotte) und Linus Hoffmann (Kontrafagott). Ein faszinierendes Virtuosenduett voller raffinierter Klang- und Spieleffekte liefern die Studenten Lia Vielhaber (Violoncello), Musikhochschule Wien, und Lewin Creuz (Violine), Musikhochschule München, mit Johan Halvorsens Passacaglia ab.

Zum Abschluss präsentieren alle Musiker gemeinsam den Beatles-Hit „Hey Jude“

Sopranistin Sarah Rehberg, Musikhochschule Stuttgart, begeistert mit emotional ausdrucksstark dargebotenen Hildegard-Knef-Schlagern, am Klavier begleitet sie Lea-Maria Gunther. Wie ein verspielter Schmetterlingsflug wirkt das zauberhafte Querflötenspiel von Noel Lehar, Jugendmusikschule Stuttgart, der Scherzo-Melodie aus einer Suite von Charles-Marie Widor mit Amelie Hann am Klavier. Ohrenschmeichler sind auch Duovorträge von Stipendiatinnen, die die Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land unterrichtet.

Feinsinnig spielen Justina Gunther (Oboe) und Amelie Hann (Klavier) Max Regers atmosphärische Romanze G-Dur. Amelie Hann (Viola) und Lea-Maria Gunther (Klavier) gestalten stimmig das verträumte erste von Robert Schumanns Märchenbildern. Zudem bringen Hann und Gunther als vierhändiges Klavierduo den Ungarischen Tanz Nr. 7 von Johannes Brahms temperamentvoll zur Geltung. Und zum krönenden Abschluss bilden alle Musiker ein Orchester: Dirigiert von Michael Unger, Leiter der Jugendmusikschule Backnang, präsentieren sie den Beatles-Hit „Hey Jude“ in einem reich ausgeschmückten Arrangement. Die Mitwirkenden ernten Jubelrufe, tosenden Beifall und stehende Ovationen.

Amelie Hann und Lea-Maria Gunther beim anschließenden Konzert. Fotos: E. Klaper

Amelie Hann und Lea-Maria Gunther beim anschließenden Konzert. Fotos: E. Klaper

Zum Artikel

Erstellt:
27. Juli 2021, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt und Umgebung

Zwischen Freiheit und Absturz

Titus Simon arbeitet in seinem jüngsten Erzählband „Extreme Fallhöhe“ seine Jugend und die Zeit der 1970er auf. Bei seiner Lesung in Murrhardt wirft er Schlaglichter auf das Leben in der Provinz, den Reisehunger und Konzerterlebnisse. Einige Bekannte hat er früh verloren.

Murrhardt und Umgebung

Warenspenden brechen immer mehr weg

Das Team der Tafel Murrhardt engagiert sich ehrenamtlich dafür, dass Bedürftige verbilligte Lebensmittel im Laden in der Weststadt einkaufen können. Doch die Sachspenden gehen weiter zurück, sodass mittlerweile Geldspenden verwendet werden, um Waren zu kaufen.