Galerist Klaus Gerrit Friese

„Man muss die Widersprüche aushalten“

Am 26. November eröffnet die Berliner Galerie Klaus Gerrit Friese die Schau „10 Jahre Berlin“. Was also ist passiert in zehn Jahren Berlin?

Überzeugter Kunstvermittler: Klaus Gerrit Friese

© Steffen Schmid

Überzeugter Kunstvermittler: Klaus Gerrit Friese

Von Nikolai B. Forstbauer

„Am 12. Mai 2015 eröffneten wir die Galerie Friese an einem Unwetterabend in der Meierottostraße 1 am Berliner Fasanenplatz“ – so erinnert sich Klaus Gerrit Friese an den Start seiner Galerie in Berlin vor zehn Jahren. Sieben Jahre hatte die Galerie zuvor von Stuttgart aus gearbeitet.

Herr Friese, zehn Jahre Berlin. Was zeigen Sie aktuell zum Jubiläum?

Einen Querschnitt des Programms der Galerie: Wir beginnen mit Willi Baumeister wie wir vor zehn Jahren mit Willi Baumeister begonnen haben, und fahren dann mit William N. Copley, Dieter Krieg und Karin Kneffel bis zu Walter Stöhrer und Georg Karl Pfahler fort, Cornelius Voelker ist dabei und Slawomir Elsner, Thomas Müller natürlich und Norbert Kricke. Einige vergesse ich natürlich, aber sie sind mir, auch wenn sie namentlich jetzt nicht erwähnt werden, sehr wichtig

Eine Galerie braucht ja immer auch einen Echoraum. Wie erleben Sie da die Kunststadt Berlin?

Unser Echoraum ist etwas weiter gespannt. Das Rheinland gehört dazu, neuerdings mit einer Dependance auch München. Stuttgart bleibt immer ein wichtiger Punkt durch die Sammler und all die Beziehungen, die es nach wie vor in die Stadt gibt. Berlin ist dabei der denkbar schönste Standort in den Räumen in der Meierottostraße – wir genießen es einfach jeden Tag, hier zu sein und mit den Menschen zu reden

Aktuell häufen sich bei ihnen die Interviewanfragen. Gerne mit Betonung dessen, was Sie alles bereits gemacht haben, etwa die Leitung des Bundesverbandes Deutscher Galerien. Lähmt Sie das eher oder weckt das mehr die Lust am Experiment?

Das ist sehr schön, auf das zurückblicken zu können, was ich gemacht habe, mit allen Fehlern und Irrtümern. Und genau deswegen weitermachen zu können, weil es eine nie versiegende Neugierde an der bildenden Kunst gibt.

Zu Ihren Entdeckungen zählt etwa die Zeichnerin Ambra Durante. Dringt da Ihr Interesse am literarisch-künstlerischen Zweiklang durch?

Das ist vielleicht eine richtige Beobachtung, denn Künstler wie Walter Stöhrer und Dieter Krieg, aber auch viele andere in meiner Galerie, haben einen engen Bezug zu Literatur, welche Rolle auch immer sie in den Bildern spielt. Aber das Reden über Bilder und die Sprache der Bilder ist etwas, was mir immer wichtiger geworden ist.

Der Kunstmarkt tut sich schwer, die Künstlerinnen und Künstler beharren zugleich auf guten Ausstellungsmöglichkeiten. Sind Galeristen Balancekünstler?

Mein Lehrer Klaus Heinrich hat sehr oft von den gelungenen Balancierungen im Leben gesprochen, die die Voraussetzungen für das Gelingen sind. Man muss die Widersprüche aushalten, und sie ins Leben integrieren, sonst wird es nix. Und natürlich können wir den Kunstmarkt auch nur beflügeln, wenn wir gute Möglichkeiten bieten.

Die Galerie in der Meierottostraße in Berlin findet sich im ersten Stock. Vor einigen Jahren feierte auch die Ladengalerie ein Comeback. Kann man denn benennen, was die jeweilige Zeit und der jeweilige Ort erwarten?

Ich glaube nicht, dass der Erfolg der Galerie von dem Typus des Ladenlokals abhängt. Ich bin viel mehr davon überzeugt, dass die Bindung an die Sammler das wesentliche Rezept ist. Wir haben zum Beispiel auf der Kölner Kunstmesse Art Cologne in vier Tagen 41 Verkäufe gemacht – angefangen bei 500 Euro. Wir versuchen jeden, der sich für unsere Arbeit interessiert, ernstzunehmen. Manchmal mangelt es an der Zeit – aber das ist das eigentliche Pathos meiner Galerie, jedem die Zeit entgegenzubringen, die es braucht.

Sie haben es erwähnt – Sie haben anhaltend feste Verbindungen in den Südwesten und vor allem nach Stuttgart. Wie hat sich dort aus Ihrer Sicht die Szenerie seit 2014/15 geändert?

Es ist ja jetzt ein Blick von außen. Was mir damals in Stuttgart ein wenig gefehlt hat, war das Zutrauen in die eigene Sache, in die eigenen Galerien, und auch in die Museen, die die Szene ja schon damals mit großer Leidenschaft bespielt haben. Das mag sich geändert haben, und zwar mit allem Recht.

Und da bald Weihnachten ist: Haben Sie einen Tipp für ein Geschenk unter 1000 Euro?

Von der jungen Ambra Durante gibt es Zeichnungen unter und über 1000 Euro. Sie erzählen, das hat Thomas Mann gesagt: anonym und gemeinsam die Geschichte unseres Lebens. Und ich finde ebenso respektabel, dass die DIN-A vier Zeichnungen von Thomas Müller – der ja aus Stuttgart kommt – für 2200 Euro zu erwerben sind. Das sind gültige Arbeiten.

Ein Leben mit Kunst

Wer?Klaus Gerrit Friese, geboren 1958 in Wertheim/Main, studierte an der Freien Universität Berlin Germanistik, Philosophie und Vergleichende Religionswissenschaft. 1985 trat er in die Galerie und Edition manus presse GmbH in Stuttgart ein; ab 1990 als deren Geschäftsführer, seit 2008 als geschäftsführender Gesellschafter. Im selben Jahr erfolgte die Umfirmierung zur „Galerie Klaus Gerrit Friese“ . Von 1993 bis 2007 war Klaus Gerrit Friese Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Kunstverleger, von 2007 bis 2013 dann Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Galerien. Von 2013 bis 2020 war er als Vorsitzender des ZADIK, des Zentralarchivs für deutsche und internationale Kunstmarktforschung | Forschungsarchiv der Universität zu Köln, tätig. Als Vorsitzender der Stiftung Dieter Krieg wirkt er bereits seit dem Jahr 2005. Er ist Mitglied im Kuratorium der Stiftung Willi Baumeister und Sprecher des Beirats der Walter-Stöhrer-Stiftung.

Was?Am 26. November (19 Uhr) eröffnet die Galerie Klaus Gerrit Friese in Berlin (Meierottostraße 1) die Ausstellung „Zehn Jahre Berlin“ – mit Werken unter anderen von Horst Antes, Willi Baumeister, William N. Copley, Ambra Durante, Franziska Holstein und Karin Kneffel.

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Erstellt:
22. November 2025, 10:36 Uhr

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