Meister der beschwingten Zwischentöne

Thomas Scheytt serviert seinem Publikum in Murrhardt ein Feuerwerk aus Spielfreude und musikalischem Esprit

Thomas Scheytt, der deutschlandweit und international gefeierte Blues- und Boogiepianist, war zum zweiten Mal in seiner Geburtsstadt Murrhardt zu Gast, um ein Konzert zu geben. Im brechend vollen Heinrich-von-Zügel-Saal begeisterte er seine Zuhörer mit einem furiosen Programm.

Der gefeierte Blues- und Boogiepianist Thomas Scheytt geht nicht nur in seiner Musik auf und weiß seinen Körper in den Dienst der Stücke zu stellen, er hat auch ein unglaubliches Händchen für die Dramaturgie der Kompositionen. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Der gefeierte Blues- und Boogiepianist Thomas Scheytt geht nicht nur in seiner Musik auf und weiß seinen Körper in den Dienst der Stücke zu stellen, er hat auch ein unglaubliches Händchen für die Dramaturgie der Kompositionen. Foto: J. Fiedler

Von Christoph Rothfuß

MURRHARDT. Zum Warmwerden spielt Thomas Scheytt anfangs eine eigene Improvisation: entspannt fließend, vorsichtig Grenzen abtastend und Kontakt zum Publikum aufbauend. Dann sorgen zupackende Bassoktaven für eine neue Beleuchtung. Mit dem „Hell Valley Stomp“ präsentiert er eine Hommage an die Höllentalbahn, Deutschlands steilste Bahnstrecke, in seiner Heimat Freiburg. Wie bei so vielen weiteren Stücken baut Thomas Scheytt behutsam und dadurch umso wirkungsvoller die Steigerungen auf, ein dreimaliges Diskantmotiv gliedert das Stück. Am Ende wird die machtvolle Entwicklung ironisch-verschmitzt in einen sanften Schluss umgebogen.

Überhaupt zelebriert Thomas Scheytt die Kunst der individuellen Schlüsse: immer wieder überraschend, immer wieder humorvoll. Wohlig-Vergnügtes, Filigranes und Passagen, die in ihrer Luftigkeit mit dem beharrlich-starren Bluesschema der linken Hand Katz und Maus zu spielen scheinen. Verblüffend ist zudem, wie Thomas Scheytt – mit rhythmischen Bewegungen des linken Fußes – zusätzlich zu seinem virtuosen Spiel noch die Anwesenheit eines Schlagzeugs suggeriert.

Zwischen den Stücken erzählt der Pianist Anekdoten aus seinem Leben, bietet Hintergründiges und Aufschlussreiches in Bezug auf die Inspirationsquellen seiner Eigenkompositionen. Der Ragtime ist als Gattung heute auf den Bühnen fast verschwunden; dem wirkt Thomas Scheytt entgegen und interpretiert den Karussell-Ragtime seines väterlichen Freundes und legendären Jazzpianisten Hans-Jürgen Bock. Es ist ein kokettierendes Stück, das mit ständigen Tempoverzögerungen aufwartet. Mit dem „Blumenstraßen-Express“ verabschiedet sich der Künstler quirlig und doch in großen Bögen singend in die Pause.

Thomas Scheytt präsentiert sich immer wieder als Meister der feinen Zwischentöne, viel Subtiles ist da zu hören. Ohrenfällig werden diese Abschnitte in der Kontrastierung mit kraftvollen Klangballungen, die Scheytt ebenfalls wie kaum ein Zweiter beherrscht. Sein Spiel besitzt ein hervorragendes Timing, die Musik schwingt ganz natürlich. Als Jugendlicher nahm Thomas Scheytt auch Orgelunterricht und hatte als Pfarrerssohn eine Orgelstelle zu versehen – in seiner Eigenkomposition „Out of the Dark“ beschreibt der Pianist in hymnischer Weise einen Sonnenaufgang. Schmunzeln muss Thomas Scheytt, als er von einem weiblichen Fan berichtet: Diese Frau hatte ihm erzählt, dass sie jeden neuen Tag damit beginne, zu seiner Komposition „Morning Dance“ zu tanzen. Es ist ein heiter-stillvergnügtes Stück, authentisch – wie alles, was Thomas Scheytt anpackt. Dem Freiburger Künstler gelingt es gegen Ende des Abends immer noch, Steigerung auf Steigerung zu häufen: Die Zuhörer sind immer wieder aufs Neue erstaunt, welche Klänge der agile Mann im Silberoutfit aus seinem Flügel herausholt – sogar der rechte Fuß war da plötzlich auf den Tasten unterwegs. Begeisterung pur im Heinrich-von-Zügel-Saal!

Bei der Zugabe wird es interaktiv; das Publikum singt mit, klatscht mit, einige tanzen. Thomas Scheytt, der Meister des Blues und Boogies, hat seinen Gästen eine tiefe musikalische Freude geschenkt.

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Erstellt:
12. November 2019, 06:00 Uhr

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