Neustart für die mobile Jugendarbeit

Nachdem das Projekt Brückenschlag in Murrhardt von Stadt, Kirchengemeinden und Paulinenpflege Winnenden wegen Bewerbermangels aufgelöst wurde, hat der Gemeinderat nun die Weichen neu gestellt. Es wird eine 50-Prozent-Stelle geschaffen.

Von Christine Schick

MURRHARDT. Für das Projekt Brückenschlag hatten sich im Frühjahr 2010 die Stadt Murrhardt, die evangelische Kirche und die Paulinenpflege Winnenden zusammengetan, um im Schulterschluss Jugendarbeit leisten und finanzieren zu können. Die Vollzeitstelle vereinigte kirchliche mit mobiler Jugendarbeit für die Stadt. Diese sei auf den damaligen Stelleninhaber zugeschnitten gewesen, sagte Bürgermeister Armin Mößner in der Gemeinderatssitzung, in der das Thema beraten wurde. Doch in jüngster Zeit hatten sich für diesen Spagat zwischen den beiden Anforderungen keine Bewerber mehr gefunden. Insofern haben sich die Stadt und die Kirchengemeinden auch entschlossen, wieder eigene Wege zu gehen. Gleichzeitig sei die Paulinenpflege Winnenden auf die Verwaltung zugekommen und habe der Stadt ein Angebot gemacht. Der Jugendhilfeverbund hat die Möglichkeit, eine Fachkraft für mobile Jugendarbeit zu stellen, wenn die Stadt eine 50-Prozent-Stelle schafft. Dies entspricht auch dem bisherigen Umfang. „Es ist wichtig, dass jemand im Stadtgebiet unterwegs und Ansprechpartner für die Jugendlichen ist“, sagte Armin Mößner. Damit würde die Kooperation mit der Paulinenpflege Winnenden fortgesetzt. Auch die Einsatzfelder seien ähnlich wie bisher – eine aufsuchende Jugendarbeit in der West- und Innenstadt, aber auch nach spezifischem Bedarf. Unumstritten war für den Gemeinderat die Notwendigkeit, Streetwork anzubieten, thematisiert wurde aber auch ein weiteres Bedarfsfeld – die vakante Sozialarbeiterstelle im Jugendzentrum Murrhardt, für die bisher ebenfalls kein Bewerber gefunden werden konnte.

„Ich finde es sehr gut, das in Angriff zu nehmen“, sagte Ralf Nentwich (MDAL/ Die Grünen). Zwar sei es naheliegend, mit der Paulinenpflege Winnenden zusammenzuarbeiten, gleichzeitig auch berechtigt zu fragen, worin die Vorteile der Kooperation für die Stadt bestehen. Im Jugendzentrum sieht er ebenso dringenden Bedarf. Da Bürgermeister Mößner angekündigt hatte, auf den Vereinsvorstand des selbstverwalteten Jugendzentrums zuzugehen, erkundigte sich Nentwich zu den Ergebnissen des Gesprächs. Möglicherweise ließen sich beide Arbeitsfelder ja doch auch verzahnen. Zudem hielt er eine gewisse Präsenz in den Teilorten für wünschenswert.

Mößner führte vor allem die gute Zusammenarbeit mit der Paulinenpflege Winnenden ins Feld. Neben Brückenschlag selbst sei sie auch beim Projekt U25 (für arbeitslose Jugendliche und junge Erwachsene) sowie in Werkstatt- und Wohnprojekten engagiert und in Murrhardt präsent. Er verstehe die Arbeit als weiteren fachlich-sozialen Beitrag für die Stadt und ihr Gemeinwesen. Mit dem Vereinsvorstand des Jugendzentrums habe es Gespräche gegeben. Sie hätten auch das Angebot enthalten, die Sozialarbeiterstelle für die offene Jugendarbeit im Haus bei der Stadt anzusiedeln. Die Konstellation unterscheidet sich insofern, dass das Jugendzentrum ähnlich wie die Paulinenpflege von einem Verein getragen ist. Insofern entscheidet auch der Vereinsvorstand über die Stellenbesetzung. Diese Selbstständigkeit möchte das Jugendzentrum auch nicht aufgeben, wie Mößner berichtete, und habe sich erneut bei der Suche auf den Weg gemacht. Der Nachteil sei auf der anderen Seite die Befristung der Stelle, was von der in regelmäßigen Abständen abzusegnenden Finanzierung durch die Stadt herrührt. Insofern könne man die grundsätzliche Überlegung, die Stellen bei der Stadt anzusiedeln, zumindest im Auge behalten.

Das Jugendzentrum möchte weiterhin Regie bei der Stellenbesetzung führen.

Edgar Schäf (SPD) hält es zum jetzigen Zeitpunkt für den richtigen Weg, die mobile Jugendarbeit im Schulterschluss mit der Paulinenpflege Winnenden wieder anzubieten, weil der Jugendhilfeverbund einfach auch entsprechende Fachkräfte zur Verfügung hat. In den Sommermonaten komme bestimmt – auch vor dem Hintergrund der spezifischen Lage – einiges an Arbeit und viele Themen auf den Sozialarbeiter zu.

Auch Georg Devrikis (CDU-FWV) ist es wichtig, die 50-Prozent-Stelle zu besetzen, mit der mobile Jugendarbeit geleistet werden kann. Mit Blick aufs Jugendzentrum, dessen Sozialarbeiterstelle vakant ist, und auf die Schulsozialarbeit habe Streetwork als weiterer Baustein durchaus seine Berechtigung. Nicht jeder Jugendliche könne in Jugendzentrum oder Schule erreicht werden und mobile Jugendarbeit habe einfach auch einen anderen Charakter. „Es ist wichtig, dass Jugendliche nicht durchs Netz fallen“, sagte er, und dass es jemand gebe, der auch einen gewissen Einblick in die Familien habe.

Für Markus Blank (UL) hat Holger Mangolds Einsatz gezeigt, dass die Arbeit wichtig und notwendig ist. Sein Engagement habe viel bewirkt. Gleichsam sei es nicht einfach, jemand entsprechenden zu finden. Die Situation im Jugendzentrum bekomme man hoffentlich in den Griff. Bürgermeister Mößner nahm daraufhin das Jugendzentrum und den Vorstand klar in Schutz. Er deutete an, dass aufgrund der aktuellen Schließung sich manchmal Gruppen vor dem Haus träfen und den Platz nicht immer sauber verließen. Den Vorstand treffe da keine Schuld, er räume vielmehr dort oft im Nachhinein auf.

Der Verwaltungsvorschlag, eine 50-Prozent-Stelle zu finanzieren und bei der Besetzung sowie der fachlichen Begleitung mit der Paulinenpflege Winnenden zusammenarbeiten, fand bei der Abstimmung volle Unterstützung. Im Haushaltsplan sind für die Personal-, Sach- und Raumkosten insgesamt 32000 Euro veranschlagt.

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Erstellt:
5. Juni 2020, 06:00 Uhr

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