Ohnmachtsgefühle trotz großer Pläne
Das Team der ESS Projektentwicklungs GmbH & Co. KG hat gehofft, dass für den Neubau des Murrhardter Pflegeheims mit Praxisklinik, Kurzzeitpflege und ambulanter Tagespflege ein Glasfaseranschluss möglich ist. Aber die Kommunikation in der Sache gestaltet sich schwierig.

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Der Neubau im Oktober 2021. Foto: Jörg Fiedler
Von Christine Schick
Murrhardt. Peter Mildenberger, Geschäftsführer der ESS Projektentwicklungs GmbH & Co. KG, und Rainer Görke, kaufmännischer Leiter der Erich-Schumm-Stiftung (ESS), haben mit dem großen Neubauprojekt einiges zu tun. Aber sie sind auch frustriert. „Wir kämpfen mit dem mangelnden Fortschritt“, sagt Rainer Görke. Gegenüber entsteht der Neubau des künftigen Pflegeheims, bei dem von 84 auf 90 Plätze aufgestockt wird. Einziehen wird auch die Praxisklinik inklusive Telemedizin, um insbesondere älteren, nicht mehr so mobilen Menschen das Angebot diagnostischer Dienstleistung vor Ort machen zu können, sowie die ambulante Tagespflege. Da aber die Verwaltung im bisherigen Gebäude, dem Haus Emma, bleibt, gibt es auch bestimmte Anforderungen an die digitale Infrastruktur, sprich die Internetanbindung beider Häuser, zwischen denen die Landesstraße 1066 verläuft. Unter anderem soll ein Server im Neubau platziert werden, der die Verwaltung im Altbau mitversorgt.
Team hofft auf Glasfaseranbindung,
Leitungen mit 500 Mbit/s sind möglich
Im Juli 2021 machte Rainer Görke sich daran, bei zwei Telekommunikationsunternehmen wegen der künftigen Internetanbindung anzufragen. Bei der Telekom bekam er nach rund drei Monaten eine erste formale Antwort. Nach späteren Informationen sei dann der Stand gewesen, dass nur eine Kupferleitung bis zum weiteren Einspeisungspunkt, sprich eine Geschwindigkeit von 16 Megabit pro Sekunde, möglich sei. Görke ging auf Vodafone zu. „Dort hatten wir zumindest einen konkreten Ansprechpartner“, sagt er. Es ließ sich vereinbaren, eine schnellere Lösung von 500 Megabit pro Sekunde über ein sogenanntes Koaxkabel zu planen, berichtet er. Wann dies realisiert werden kann, war allerdings lange Zeit offen. Nun hat der kaufmännische Leiter Gewissheit: Die Anschlüsse sind umgesetzt. Die Hoffnung auf eine Glasfaseranbindung wollen die Verantwortlichen aber noch nicht begraben. Letztlich auch, weil sie nicht sicher sind, wie sich beispielsweise eine Telemedizin unter den Voraussetzungen von 500 Megabit pro Sekunde gestaltet und ob diese den Anforderungen genügen. Schon weit im Vorfeld – beim Murrhardter Wirtschaftstag im vergangenen Herbst – hatte das Team das Gespräch mit Minister Peter Hauk mit der Bitte um Unterstützung gesucht.
Görke ging – nach einem Hinweis der Murrhardter Stadtverwaltung – noch auf einen Dienstleister aus Backnang zu, Vivax Engineering GmbH, um zu hören, ob dieser weiterhelfen kann, hörte aber nach anfänglichem Austausch per Mail von Seiten der Firma nichts mehr. Die Schwierigkeit besteht für ihn darin, an Informationen zu kommen. Der kaufmännische Leiter geht eigentlich davon aus, dass ganz in der Nähe eine Glasfasertrasse verläuft und es im Idealfall nur wenige Meter für einen Anschluss sein müssten. Wie ging es anderen Unternehmen in der Stadt oder Umgebung? Ist da vielleicht ein Tipp abzuholen? Das Team berichtet, dass die Firma Bosch sich auf eigene Kosten einen Glasfaseranschluss gelegt, dafür aber einen stattlichen wohl fünf- bis sechsstelligen Betrag investiert hat.
Zurück bleibt bei den Verantwortlichen vor allem das Gefühl der Ohnmacht, weil ein Großteil der Kommunikation über Plattformen und nicht persönlich erfolgt beziehungsweise im Sande verläuft. Ein zweites Beispiel: Auch die Arbeiten um den Stromanschluss erweisen sich nach Schilderung von Peter Mildenberger als zäh. Die Anmeldung ist Juni 2021 erfolgt. Anfang Mai stellte sich eine gewisse Nervosität ein, als noch nichts passiert sei, da noch der Anschluss bis zur Trafostation nötig ist. Mildenberger macht klar, dass die Einrichtung der technischen Infrastruktur aber am Stromanschluss hängt. Beispiele sind die Brandmeldeanlage, der Schwesternruf oder die Beleuchtung, die als Smarthome-Variante programmiert werden soll. Die Syna als Ansprechpartner habe zum Anschluss keine Terminaussage getroffen. Das Team steht unter dem Eindruck, kaum etwas ausrichten zu können. Rolf Barreuther, Vorstandsvorsitzender der Erich-Schumm-Stiftung, ist verärgert und meint, es brauche Menschen, die sich der Anliegen annehmen und sich kümmern.
Was sagen die verschiedenen Ansprechpartner zum Stand der Dinge? Im Moment läuft in der Walterichstadt ein interkommunales Projekt zum Breitbandausbau – gemeinsam mit Sulzbach an der Murr, Althütte und Großerlach. Allerdings gehöre das Gebiet, in dem die Gebäude der Erich-Schumm-Stiftung liegen, nicht zu einem unterversorgten Bereich, erläutert Bürgermeister Armin Mößner. Insofern sei eine Berücksichtigung nicht möglich, da es aufgrund der staatlichen Förderung Kriterien gebe, die nicht erfüllt seien. Er gehe davon aus, dass ein Glasfaseranschluss in der aktuellen Konstellation nur zu einem Geschäftskundentarif, sprich auf eigene Kosten möglich ist. „Näheres kann eventuell bei der Telekom in Erfahrung gebracht werden“, so Mößner. Der Konzern baue nach aktuellem Planungsstand 2023 Murrhardt-Süd über das regionsweite Breitbandprojekt aus. Das Landratsamt geht ebenso davon aus, dass, erst wenn die unterversorgten Gebiete mit schnellem Internet ausgestattet sind, der regionsweite Ausbau beginnen kann. Frühestens dürfte das im kommenden Jahr der Fall sein, so die Kreisverwaltung. Auch sie kommt zu dem Schluss: „Wenn die Stiftung nicht bis zum eigenwirtschaftlichen Ausbau der Telekom warten kann oder will, gibt es immer noch die Möglichkeit, auf eigene Kosten einen Glasfaseranschluss zu erhalten.“ Die Nachfrage bei der Deutschen Telekom AG bestätigt dies zumindest im Grundsatz. Ein Pressesprecher des Unternehmens sagt, dass Mitarbeiter mehrfach das Gespräch mit der Erich-Schumm-Stiftung gesucht hätten, aber der Kontakt mit einem Verantwortlichen, der mit Blick auf mögliche Verträge Verhandlungen führen kann, nicht zustande gekommen sei. Was den Standort anbelangt, so sei klar, dass dort aktuell kein Ausbauprogramm der Telekom für Glasfaser vorgesehen sei, auch wenn es perspektivisch geplant sei.
Kommunikationsprobleme
lassen sich scheinbar nicht lösen
„Einen Termin können wir zurzeit aber nicht nennen“, so die Aussage. Für das Murrhardter Unternehmen bestehe aber die Möglichkeit, einen selbst finanzierten Anschluss zu beauftragen. Die Kosten lägen nach grober Schätzung im deutlichen fünfstelligen Bereich. Sollte sich das Unternehmen dazu entschließen, sei man bereit, die Arbeiten schnellstmöglich zu erledigen. Rainer Görke ist überrascht über die Aussage, dass die Telekom niemanden in der Sache erreicht habe und fragt: „Warum haben die uns nicht einfach eine Mail geschrieben?“
Die Syna meldet indes zurück, dass der Stromanschluss zum 3. Mai fertiggestellt worden sei. Nächster Schritt sei eine entsprechende Meldung des beauftragten Elektroinstallateurs, danach könnten die Zähler gesetzt werden. Die Syna verweist darauf, dass man während der ganzen Zeit im engen Austausch mit dem Generalunternehmer gewesen sei. Peter Mildenberger schildert die Situation so, dass man immer wieder Druck gemacht habe, um voranzukommen. Zwar gebe es heute nun einen zumindest anvisierten Termin für besagte Zähler, was für das Unternehmen aber eine Verzögerung um sechs Wochen bedeute.