Sorge um wachsende Tilgungsbelastung

Die Murrhardter Stadtwerke haben nicht in jüngster Zeit, aber im vergangenen Jahrzehnt stark in die Wärme- und Wasserversorgung investiert, was auch mit Krediten finanziert wurde und sich mittlerweile in hohen Rückzahlungsraten bemerkbar macht.

Die Stadtwerke müssen bei künftigen Investitionen die Refinanzierbarkeit stärker im Blick haben. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Die Stadtwerke müssen bei künftigen Investitionen die Refinanzierbarkeit stärker im Blick haben. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Rainer Braulik, Geschäftsführer der Stadtwerke, räumte im Gemeinderat ein, dass er trotz der halbjährigen Verspätung zumindest froh sei, wieder im Jahrestakt angelangt zu sein, was die Vorlage des Wirtschaftsplans 2021 anbelangt. Dafür seien aber alle in den letzten Wochen beschlossenen Tariferhöhungen und zeitlichen Verschiebungen von Baumaßnahmen mit eingearbeitet worden. Die vergangenen zwei Wirtschaftspläne der Stadtwerke konnten erst mit der Verspätung von über einem Jahr als Doppelhaushalte im Gremium präsentiert werden. Hintergrund war die Aufarbeitung von Rückständen bei den Jahresabschlüssen und Kalkulationen, die als noch dringlicher gewertet wurde.

Mit Blick auf das laufende Verwaltungsgeschäft wird mit einem Ergebnis von 155000 Euro gerechnet, für den Finanzhaushalt mit einer Zuführung von rund 744800 Euro. Allerdings wolle man auch von der vergleichsweise hohen Kredittilgung mit rund 881900 Euro herunterkommen, erläuterte Braulik. Wichtig für eine Verbesserung halte er, bei den Neuanschlüssen zuzulegen und die Kalkulationen zeitnaher vorzulegen. In Bezug auf die Sparten gab Braulik einen groben Überblick. In der Wasserversorgung werden die Investitionen künftig nicht mehr ganz so gewichtig ausfallen, die Sanierung der Hochbehälter ist abgeschlossen. Beim Erdgasnetz heißt es weiterhin, auf Mitteldruck umzustellen. Die Wärmeversorgung bleibt eine Sparte, in die investiert werden muss. Beim künftigen Netzausbau gelte es, zu prüfen, in welchem Umfang man den Anfragen nach Anschlüssen nachkommen und gleichzeitig wirtschaftlich bleiben kann. Die Sanierung des Parkhauses Graben wurde vor allem aus Kostengründen verschoben, allerdings sei dies nicht mehr ewig möglich. Beim Freibad hat Murrhardt durch Zuschüsse die Möglichkeit, zentrale Sanierungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen.

Braulik gestand ein, dass bei Krediten eine Schieflage zu verzeichnen sei. Man habe sie für 20 Jahre Laufzeit aufgenommen, die Projekte allerdings seien in der Regel für rund 40 Jahre angelegt. Nun steigen die Tilgungsraten, was man unterschätzt habe. Der Wunsch sei, beim Zahlungsmittelüberschuss auf rund eine Million Euro zu kommen und auch höhere Beträge bei der Tilgung der Schulden leisten zu können.

Wolfgang Hess (UL) merkte in Bezug auf die verspätete Vorlage an, dass man in letzter Konsequenz neben Tariferhöhungen auch noch alle weiteren Veränderungen einarbeiten könne, wenn man ihn zu Jahresschluss fertigstelle. „Das ist aber wohl nicht der Sinn eines Plans“, sagte er. Die Unabhängige Liste wünsche sich, dass die Stadtwerke in ein normales Fahrwasser zurückkehrten. Das bedeute schnelle Erledigung der noch fehlenden Abschlüsse, rechtzeitiges Erstellen des Wirtschaftsplans und eine kaufmännische Kalkulation aller Geschäftsbereiche. Freibad und Verkehrsbetrieb seien Zuschussgeschäfte, in den anderen Sparten aber müssten schwarze Zahlen geschrieben werden. Dies seien die Voraussetzungen genau für den Anspruch, mit dem der Plan schließt und den Wolfgang Hess nochmals wörtlich zitierte: „Langfristig können unsere unabhängigen Stadtwerke eine wichtige Funktion übernehmen, um lokale Akzente bei der bundesweit notwendigen Energiewende für unser Land und unsere Stadt zu setzen.“

Aus der Sicht Edgar Schäfs (SPD) hat sich die Umstrukturierung und Neuaufstellung der Stadtwerke nach Empfehlungen, die sich aus einer Organisationsuntersuchung der Stadtverwaltung ergeben haben, positiv ausgewirkt. Die Stadtwerke seien für die Folgejahre gut aufgestellt, auch wenn noch nicht alle Rückstände aufgearbeitet seien.

Stadtwerke spielen als Versorger in den Sparten Wasser und Wärme für die Bürger eine wichtige Rolle.

Mit Blick auf die Sparten habe man vor allem bei der Wasser- und Wärmeversorgung viel investiert. Da sei es wichtig, die Preise auch entsprechend zu kalkulieren, damit sich das trage. Ein Verschieben der Parkhaussanierung ist für Schäf keine dauerhafte Lösung, vor allem weil damit die Investitionskosten steigen. „Da müssen wir uns noch mal Gedanken machen“, sagte er. Beim Freibad könne man froh sein, so einen tollen Förderverein zu haben, der tatkräftig mit anpacke, genauso wie über die aktuellen Landeshilfen zur Sanierung.

Hartmann Widmaier (MDAL/Die Grünen) bilanzierte, dass die Stadtwerke nach bewegten Zeiten nun in eine stabilere Phase eintreten würden. Gleichzeitig machte er deutlich, dass für ihn die wichtigsten städtischen Aufgaben in Verantwortung der Stadtwerke liegen – Versorgung mit Wasser und Wärme, für die künftig einige Investitionen geplant seien. Auch er hoffe bei der Weiterführung der Nahwärmeversorgung – im Moment noch ein Zuschussbetrieb – auf eine Zeit, in der dies wirtschaftlich werde. Die Frage sei, wann das sein könne. Zu seiner Nachfrage, inwieweit die Quellschüttung (also eigenes Wasser) auch vor dem Hintergrund des Ziels, neue Quellen zu erschließen, noch trage, sagte Braulik, dass er sie als noch stabil ansehe, auch wenn die Schüttung nicht mehr so schnell anspringe. Generell halte man die Eigenversorgung hoch und da im Zusammenhang mit der Uranproblematik auch Quellen aus der Nutzung genommen worden sind, sei die Erschließung neuer Vorkommen immer ein Thema gewesen und bleibe es. Widmaier gab zu, dass die hohe Verschuldung die Bilanz etwas trübe. Ende des Jahres liege man bei rund zwölf Millionen Euro. Infolgedessen steige auch die Tilgung an. „Das dürfen wir nicht aus den Augen verlieren“, sagte er. Weniger ins Gewicht für ihn fällt die verspätete Planvorlegung.

Mario Brenner (CDU/FWV) sprach mit Blick auf diese von einem gewissen Fortschritt, auch wenn er auf weitere Verbesserung setze. Als sehr positiv wertet er die Aussage, dass eine zeitnahe Kalkulation wichtig sei. Unter anderem erkundigte er sich, wie lange die Sanierung des Parkhauses noch aufschiebbar ist und was das für die Investitionssteigerung bedeutet. Die Einschätzung Brauliks: Der Schadensanteil von rund 60 Prozent steigt innerhalb der nächsten zehn Jahre überschaubar – um die zehn Prozent. Bei der Statik gebe es bisher keine Bedenken. Trotzdem müsse man in den kommenden Jahren eine Lösung finden. In Bezug auf die Infrastruktur ließ er durchblicken, dass er in der Wasserstofftechnologie die Zukunft sieht und insofern längerfristig mit einem Teilrückbau des Gasnetzes rechnet. Der Wirtschaftsplan 2021 wurde einstimmig beschlossen.

Parkhaussanierung verschoben

Eckdaten des Wirtschaftsplans 2021: Im Ergebnishaushalt stehen Erträge von rund 6,51 Millionen Euro Aufwendungen von 6,36 Millionen Euro gegenüber. Das veranschlagte Gesamtergebnis liegt bei 155000 Euro. Beim Finanzhaushalt sind Investitionen von rund 2,23 Millionen Euro geplant, wobei mit Einzahlungen von rund 1,03 Millionen Euro gerechnet wird. Es wird mit einer Kreditermächtigung von rund 1,35 Millionen Euro geplant.

Langfristige größere Investitionen: In den Jahren 2021 bis 2024 sind in der Wasserversorgung für neue Leitungen und Betriebsanlagen rund zwei Millionen Euro vorgesehen. In der Wärmeversorgung rechnen die Stadtwerke in den nächsten vier Jahren mit 3,1 Millionen Euro für den Wärmeverbund mit der Weststadt und die Sanierung des Heizwerks „Brunnen II“ zusammen mit weiteren Hausanschlüssen, wobei rund 1,6 Millionen Euro gedeckt sind. Die Betonsanierung des Parkhauses im Graben ist auf die Zeit nach 2024 verschoben.

Zur Wärmesparte und den Heizwerken heißt es im Plan: „Für die langfristige Refinanzierung dieser langfristig nutzbaren Anlagen (durchschnittliche Nutzungsdauer zwischen 30 und 40 Jahren) müssen noch Umschuldungen von bestehenden Krediten angegangen werden, da sonst die Tilgungsbelastung unserer bislang nur 20 Jahre laufenden Darlehen für den Wirtschaftsplan in den kommenden Jahren zu hoch wird. Ebenfalls dürfen sich weitere, kreditfinanzierte Neuinvestitionen nur noch auf Wärmenetzabschnitte beziehen, bei denen sich sofort eine überdurchschnittliche Wirtschaftlichkeit ergibt.“

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Erstellt:
3. Juli 2021, 06:00 Uhr

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