Spardebatte im Land

Sparen wir die Kultur kaputt?

„Sparen wir uns kaputt?“ ist eine Debatte am 5.August in Stuttgart überschrieben. Wie schlimm steht es um die Kultur im Land? Kulturstaatssekretär Arne Braun antwortet.

Arne Braun ist Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg

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Arne Braun ist Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg

Von Nikolai B. Forstbauer

In der Reihe „Zukunft:Kultur“ lädt die KulturRegion Stuttgart am 5. August im Gutbrod in Stuttgart zur Debatte „Sparen wir uns kaputt“. Mit auf dem Podium: Arne Braun, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.

Herr Staatssekretär Braun, ‚Sparen wir uns kaputt‘ – das klingt für Baden-Württemberg weit hergeholt - oder nicht?

Ja, aber so was von weit hergeholt. Wir haben in Baden-Württemberg und gerade auch in Stuttgart, in der gesamten Region eine wunderbare, starke und hervorragend aufgestellte Kultur. Wir würden ja grob fahrlässig handeln, wenn wir an die Fundamente unserer Kultureinrichtungen herangehen würden.

Und doch ...

... ja, zugegeben, die Finanznot erreicht viele Kommunen derzeit mit voller Wucht. Das macht mir große Sorgen. Manche denken, Kultur sei eine ganz und gar freiwillige Sache. Was für ein Irrglaube. Zuversichtlich stimmt mich, dass die meisten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister sowie Gemeinderäte im Land für ihre kulturellen Angebote leidenschaftlich kämpfen und nicht denken, es sei eine freiwillige Leistung und deshalb leicht verzichtbar. Zur Wahrheit gehört auch, dass die Kulturetats seit 2011 deutlich gewachsen ist – der Kulturhaushalt des Landes hat sich von rund 300 auf 600 Millionen Euro verdoppelt. Das ist ein starkes Bekenntnis zur Kultur. Warum sollten wir das zur Disposition stellen? Und der Bund erhöht gleichzeitig den Kulturetat um zehn Prozent. Da wundert man sich, woher da das frische Geld auf einmal kommt.

Dessen ungeachtet – auf welche Bereiche ist dann künftig vor allem zu achten? Wo greifen etwaige Kürzungen zuerst?

Die Haushaltslage des Landes und vor allem der Kommunen ist angespannt, die fehlenden Steuereinnahmen lassen die Spielräume schrumpfen. Das Land hat allerdings für die Jahre 2025 und 2026 einen sehr stabilen Haushaltsplan beschlossen, wir haben die Kulturausgaben sogar noch gesteigert, weil wir die Tariferhöhungen berücksichtigen wollten. Allen ist bewusst, dass die großartige kulturelle Infrastruktur für unsere Gesellschaft überlebenswichtig ist.

Wie meinen Sie das?

Es ist die wichtige Aufgabe, kulturelle Infrastruktur zu erhalten, ja weiterzuentwickeln, weil sie uns hilft die Fragen der Zukunft zu beantworten: Wie wollen wir in Zukunft leben? Wir alle, Politik, Verwaltung, Kunst- und Kultureinrichtungen, Künstlerinnen und Künstler gemeinsam mit privaten Förderern, Stiftungen, Wirtschaft, das Publikum nicht zu vergessen – wir alle übernehmen Verantwortung für unsere kulturelle Infrastruktur. Im Dialog werden wir gemeinsam tragfähige Lösungen finden.

Baden-Württemberg ist stark in der Fläche. Wie wetterfest sind die Strukturen gerade dort?

Wir betreiben als Landesregierung gemeinsam mit den Städten die beiden Staatstheater in Stuttgart und Karlsruhe, wir fördern auch die kommunalen Theater, Orchester und private Bühnen in ganz Baden-Württemberg. Das Land ist Träger bedeutender Museen, der Landesbibliotheken, des Landesarchivs – das zeigt ein Blick auf die Stuttgarter Kulturmeile an der Konrad-Adenauer-Straße. Es gibt zahlreiche Höhepunkte im Ländlichen Raum, denken wir nur an die Festspiele. Donaueschingen hat sogar internationales Renommee. Gerade im ländlichen Raum kommt das großartige ehrenamtliche Engagement der Menschen hinzu. Die gestalten vor Ort sehr viel mit großer Kraft. Das erlebe ich, wenn ich im Land unterwegs bin. In zahllosen Musikvereinen, Chören und freien Theatergruppen engagieren sich Millionen Menschen für das kulturelle Leben vor Ort. Das ist uns sehr wichtig. Ich kann versprechen, dass das Land hier ein verlässlicher Partner ist und bleibt.

Kann so dennoch Neues entstehen?

Ja – wir sollten auch einmal die Perspektive wechseln und vorgegebene Bahnen verlassen. So entsteht der Mut, neue Wege zu gehen, neue Allianzen zu schmieden: Wie realisieren die unterschiedlichsten Player zusammen Projekte, wie können Kulturtreibende voneinander profitieren? Die Staatsoper Stuttgart trifft nebenbei auch noch „den Nerv der Zeit“, um den Intendanten Viktor Schoner zu zitieren. Operninszenierungen, Hip-Hop- oder Popmusikformate und Performances auf der großen Bühne des Opernhauses, Experimentieren mit neuen Formaten in Stuttgart und darüber hinaus. Chapeau!

Die Landesregierung, das Kunstministerium und Sie persönlich haben einige gezielte Förderprogramme positioniert. Sind diese zu halten?

Warum nicht? Wir haben die Popländ-Förderung im Haushalt verankert, das heißt, sie wird weiterlaufen. Ebenso die erhöhte Förderung für das Trickfilmfestival. Den Haushalt stellt der Gesetzgeber auf, das heißt die Mehrheit der Volksvertreter im Landtag. Ich bin optimistisch, dass wir auf dieser Basis auch in Zukunft unsere gute Arbeit fortsetzen können.

Heißt dies, ,Sparen wir uns kaputt‘ ist in erster Linie als Warnruf zu verstehen, etwaige Kürzungen vielfach abgestimmt vorzunehmen?

Als Land stehen wir zur Kulturförderung und werden unseren Beitrag leisten. Wenn Kommunen kürzen, heißt das nicht automatisch, dass auch wir nachziehen. Es kommt hier auch auf die rechtliche Situation und die Verträge zwischen Land und Städten an. Wir werden uns jeden Einzelfall genau anschauen. Was nicht möglich sein wird, ist, dass sich die finanzielle Belastung von Kommunen auf das Land verschiebt. Wir können nicht die Kürzungen der Kommunen kompensieren.

Was wäre Ihr Vorschlag?

Ich baue auf ein Miteinander, ich setze darauf, dass sich die Kulturleute zusammentun und nicht gegeneinander arbeiten. Wir lassen uns nicht von unserem Kurs abbringen, in die Sanierung und Modernisierung von Museen, Theatern und weiteren staatlichen Kulturbauten zu investieren und gleichzeitig die dynamischen kreativen Milieus der Kultur und der Kreativwirtschaft zu stärken – insbesondere in Popmusik, Film, VFX und Games. Die kann auch ein Teil der Lösung unserer wirtschaftlichen Probleme bedeuten, ein relevanter Faktor, um das Land durch die wirtschaftlichen Turbulenzen zu bringen: Kultur- und Kreativwirtschaft ist ein bedeutendes Zukunftsthema für The Länd.

Debatte am 5. August

Die DebatteDie KulturRegion Stuttgart, ein Zusammenschluss von 43 Städten und Gemeinden, dem Verband Region Stuttgart und drei Mitgliedsvereinen, organisiert in der Reihe „Zukunft:Kultur“ einen Abend zu möglichen Einsparungen im Kulturbereich. „In vielen Kommunen geraten Kunst und Kultur zunehmend unter Druck: Steigende Kosten und knappe Haushalte führen zu drastischen Einsparungen. Wie aber lässt sich kulturelles Leben langfristig sichern, ohne seine gesellschaftliche Bedeutung zu gefährden?“ ist die Fragestellung.

 Der OrtDiskutiert wird am Dienstag, 5. August, von 19 bis 20.30 Uhr im Gutbrod in Stuttgart (Friedrichstraße 10, 70174 Stuttgart , 1. Etage Hahn-Hochhaus).

Teilnehmende: Arne Braun, Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg; Matthias Knecht, Oberbürgermeister der Stadt Ludwigsburg, Vorsitzender der KulturRegion Stuttgart; Isabel Schwab, Projektleitung Leibinger Begegnungen & Erinnerungskultur, Berthold Leibinger Stiftung GmbH; Jule Fiedler, Kommunikationsmanagement, Stiftungsnetzwerk Region Stuttgart e. V.; Rodger Masou, Geschäftsführer des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft; Dr. Birte Werner, Leiterin Zentrum für Kulturelle Teilhabe. Es moderiert Magdalen Pirzer, Abteilungsleiterin Kulturförderung im Kulturamt Stuttgart. Der Eintritt ist frei – anmelden kann man sich unter eveeno.com/sparenwirunskaputt. Die Diskussion wird über das Community Radio Stuttgart www.fullbeansradio.com gestreamt.

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Erstellt:
3. August 2025, 15:44 Uhr
Aktualisiert:
3. August 2025, 16:39 Uhr

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