Sportler setzen ein Zeichen für die Vielfalt

Das Geschlecht, die Hautfarbe, das Alter, die Religion, eine Behinderung oder die Herkunft spielen keine Rolle. Diese Botschaft der Toleranz transportiert ein YouTube-Video mit 30 Athleten aus dem ganzen Rems-Murr-Kreis, das der Kreisjugendring initiiert hat.

30 Sportler aus dem Rems-Murr-Kreis wenden sich in einem Video gegen jedwede Form von Diskriminierung – egal ob sie Urschwaben sind oder einen Migrationshintergrund haben. Screenshot

30 Sportler aus dem Rems-Murr-Kreis wenden sich in einem Video gegen jedwede Form von Diskriminierung – egal ob sie Urschwaben sind oder einen Migrationshintergrund haben. Screenshot

Von Steffen Grün

2020 ging so langsam zu Ende, als Armin Holp erkannte, dass „wegen vieler coronabedingter Veranstaltungsabsagen Fördergelder übrig waren“. Mittel, die für Aktionen unter dem Dach des Projektes „Partnerschaft für Demokratie Rems-Murr“ gedacht waren und die ans Bundesministerium zurückgeflossen wären. „Ich habe gesagt, wir müssen etwas machen“, erinnert sich der in Backnang wohnende Bildungsreferent des Kreisjugendrings, dem auch schnell die zündende Idee kam: ein Video mit Sportlern aus dem Rems-Murr-Kreis, das sich gegen Rassismus und jegliche andere Form von Diskriminierung wendet.

„Wir wollten zeigen, dass Vielfalt den Sport stärker macht und bereichert“, sagt Holp und verweist darauf, dass zum Beispiel der WM-Titel des deutschen Nationalteams 2014 in Brasilien ohne die Fußballer mit Migrationshintergrund kaum möglich gewesen wäre. Darüber hinaus „ging es uns darum, gerade in der Coronakrise zu zeigen, dass die Vereine noch da sind und eine sehr wichtige Funktion in der Gesellschaft ausüben“. Integration, Inklusion, Teamgeist und Fairness sind vier Schlagworte, die Holp dazu einfallen.

Er rannte offene Türen ein, „die Sportkreisjugend und der Turngau waren meine ersten Partner“. Dabei blieb es nicht, das gute Netzwerk zahlte sich aus. In Windeseile stand das Konzept, erzählt der Sozialpädagoge, der für die Dreharbeiten einen Profi engagierte. Zwei Tage, dann hatte Georg Beïs das Video im Kasten. „Das ist Vielfalt“, steht zu Beginn des Clips in bunten Lettern geschrieben. 30 dazu passende Begriffe folgen – präsentiert von jeweils einem der 30 Protagonisten, die sich bereit erklärt hatten, vor die Kamera zu treten. Darunter Leistungssportler, Breitensportler und nicht zuletzt auch Funktionäre, „um auch hier vielfältig zu sein“, so Holp.

Video Kreisjugendring

Zur ersten Kategorie gehört Jello Krahmer, der für den ASV Schorndorf in der Bundesliga ringt. Der Sohn eines Nigerianers und einer Deutschen hat wegen der Hautfarbe schon Rassismus erlebt und in einer ZDF-Sendung auch mal erzählt, wie sich das anfühlt, als gebürtiger Stuttgarter in seiner Heimat nicht als Deutscher gesehen zu werden. Selbst Freunde hätten ihn 2014 gefragt, warum er sich über den WM-Titel der Löw-Elf freue, verriet der 25-Jährige, der den Blick aber lieber nach vorne richten will. Obwohl rechtsextreme Straftaten zunähmen, sieht er darin ein „Randphänomen einer besonders hasserfüllten Gruppe, die eben nicht mehr Einfluss gewinnen darf“. Ihn stimme positiv, dass Toleranz für die meisten jungen Leute selbstverständlich sei. „Sport verbindet“, sagt der Bronzemedaillengewinner der EM 2020, der Sport und Politik prinzipiell gerne auseinanderhält. Für das Video stand Jello Krahmer trotzdem bereit, denn „wenn es darum geht, sich zu universellen Menschenrechten zu äußern und gesellschaftliche Missstände anzuprangern, müssen Sportler Haltung zeigen“.

Das tut auch Oguzhan Biyik, Kapitän des Fußball-Oberligisten TSG Backnang. „Es sollte gar kein Thema sein, wer woher kommt und wer was ist“, sagt der 34-Jährige, dessen Eltern Türken sind, der aber wie die zwei Brüder und drei Schwestern in Deutschland zur Welt kam. Im alten Krankenhaus der Murr-Metropole, daher betont Biyik mit lokalpatriotischem Stolz: „Ich bin Backnanger.“ Er habe mal einen gegnerischen Spieler zur Rede gestellt, der eine rassistische Äußerung getätigt hatte, „und ich habe ihm auch nach dem Spiel noch einmal gesagt, dass so etwas keinen Platz im Leben hat. Für mich ist Respekt zu jedem Zeitpunkt das Wichtigste.“

Sogar mit bayerischen Kollegen komme er klar, lacht Radsportler Tim Schlichenmaier. Spaß beiseite, für den Auenwalder wäre „ohne Vielfalt in unserem Team in Kempten nichts los“. Das gilt für die Herkunft der Sportler, im übertragenen Sinne aber auch für ihre Fähigkeiten: „Wenn wir nur Sprinter hätten, könnte niemand den Sprint anfahren.“ Ihr liege Toleranz sehr am Herzen, sagt Gudrun Kayn-Scherneck. „Ich will einen Gegenpunkt zu den Spiegelbergern setzen, die nicht so tolerant sind“, spielt die Leiterin der SVS-Turnabteilung, die Grünen-Mitglied ist, aufs eine oder andere vergangene Wahlergebnis an: „Es geht um den Sport und die Gemeinschaft, die Sportvereine bieten – um nichts anderes.“ Dass sich Sportler für Werte wie Toleranz und Vielfalt einsetzen, hält Rolf Hettich für eine gute Sache. „Nur gemeinsam kann man etwas erreichen“, sagt der Silvesterlauf-Macher und CDU-Stadtrat in Backnang. Besonders wichtig ist ihm als früherem Ski-Nordisch-Bundestrainer, der das deutsche Team bei einigen Winterparalympics betreute, die Inklusion.

Das Video ist ein neuer Bestandteil des Projekts „Partnerschaft für Demokratie Rems-Murr“

„Vielfalt gewinnt! – Sportler*innen im Rems- Murr-Kreis bekennen Farbe“ lautet der Titel des im Dezember 2020 gedrehten Videos, das auf YouTube sowie auf der BKZ-Facebook-Seite zu sehen ist. Das Drehbuch schrieben Armin Holp, Bildungsreferent beim Kreisjugendring, und Tuncay Demiröz, Ex-Trainer der Tänzer der TSG Backnang und des TSZ Weissacher Tal. An der Organisation waren der Kreisjugendring, die Sportkreisjugend, der Turngau, die DLRG, die Segelfliegergemeinschaft Backnang und das TSZ Weissacher Tal beteiligt.

Die mitwirkenden Sportler: Oguzhan Biyik, Mario Marinic (TSG Backnang Fußball), Brigitte Braun, Gudrun Kayn-Scherneck (SV Spiegelberg Turnen), Bianca Bühler, Kira Bühler, Emma Drosdek, Lukas Drosdek (TSV Schmiden Turnen), Eric Bühler, Philipp Maurer (Handballclub Oppenweiler/Backnang), Sabrina Dell’Oso, Fabio Rothmund (Tanzsportzentrum Weissacher Tal), Sophia Grieb, Pia Ketterer (VfL Waiblingen Schwimmen), Gernot Gruber, Rolf Hettich (TSG Backnang Ski), Christopher Hettich (Triathlonclub Backnang), Niko Kappel (VfB Stuttgart Leichtathletik), Jello Krahmer (ASV Schorndorf Ringen), Melanie Kranich, Julia Petsch (Segelfliegergemeinschaft Backnang), Kim Marschner (Deutscher Alpenverein SHG), Jens Mergenthaler (SV Winnenden Leichtathletik), Nina Ndubuisi (SG Schorndorf Leichtathletik), David Nreca-Bisinger (SG Sonnenhof Großaspach), Emelie Petz (TSG Backnang Turnen), Tim Schlichenmaier (Radsportclub Kempten), Hauke Simoneit, Kathrin Wieland (DLRG Backnang) und Benjamin Wahl (SG Schorndorf Badminton).

Das Video ist neuer Bestandteil des Projekts „Partnerschaft für Demokratie Rems-Murr“. Dieses läuft seit vergangenem Jahr, soll bis 2024 dauern und fördert Aktionen der unterschiedlichsten Art. Es wird im Kreishaus der Jugendarbeit in Backnang bearbeitet, federführend ist dabei das Kreisjugendamt mit der Fachstelle für Demokratieförderung und Rechtsextremismusprävention (Derex). Als Koordinierungs- und Fachstelle ist der Kreisjugendring für alle praktischen Fragen zuständig. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit Mitteln aus dem Programm „Demokratie leben!“ unterstützt, das sich diese übergeordneten Ziele auf die Fahne geschrieben hat: Demokratie fördern, Vielfalt gestalten, Extremismus vorbeugen. Weitere Infos gibt es unter www.pfd-rems-murr.de.

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Erstellt:
27. März 2021, 06:00 Uhr

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