Stadt kommt noch ohne Kredit aus

Für Murrhardt stehen in den kommenden Jahren mit Breitbandausbau, Hochwasserschutz und Turnhallenneubau finanziell gewichtige Projekte an. Durch Zuschüsse und ein fast ausgeglichenes Verwaltungsgeschäft sieht es beim Haushalt 2021 trotzdem nicht kritisch aus.

In den vergangenen Jahren war die Stadt Murrhardt in der Lage, Schulden abzubauen. Allerdings befürchtet die Verwaltung, dass dies in den kommenden nicht mehr der Fall sein wird, sondern wieder Kreditaufnahmen notwendig werden.

In den vergangenen Jahren war die Stadt Murrhardt in der Lage, Schulden abzubauen. Allerdings befürchtet die Verwaltung, dass dies in den kommenden nicht mehr der Fall sein wird, sondern wieder Kreditaufnahmen notwendig werden.

Von Christine Schick

MURRHARDT. Bei der Einbringung des Haushalts für das kommende Jahr skizzierte Bürgermeister Armin Mößner den Kontext, in dem über finanzielle Schwerpunktsetzungen und Projekte zu entscheiden ist. Corona prägt den Alltag vor Ort weiterhin. „Das Zusammenwirken zwischen Gesundheitsamt und Ortspolizeibehörden funktioniert. Die Kontaktnachverfolgung führt die Verwaltungen aktuell aber inklusive Wochenenddienst an die Grenzen der Belastbarkeit“, sagte er. Weitere wichtige Themen wie die Transformation der Wirtschaft, die Umsetzung neuer Antriebstechnologien in der Automobilwirtschaft („Mit konkreten Auswirkungen auf unsere Stadt, wie wir am Beispiel der Schweizer Group sehen“), Digitalisierung und der Klimawandel sorgten für Dynamik. Hinzu kommen für den Bürgermeister ebenso der Wandel des Einzelhandels und die Wohnraumknappheit. Für das laufende Verwaltungsgeschäft sieht es im kommenden Jahr nicht so negativ aus, wie vielleicht erwartet. Beim Ergebnishaushalt rechnet die Stadt mit einem ordentlichen Ergebnis von minus 233100 Euro, eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr um immerhin 1,1 Millionen Euro. Unter dem Strich ergibt sich eine für Mößner „akzeptable Netto-Investitionsrate“ von rund 1,25 Millionen Euro, sprich Geld, das unter anderem für kommende Projekte verwendet werden kann. Insofern ist auch ein Schuldenabbau weiterhin möglich – zum Ende 2021 will man bei 5,5 Millionen Euro liegen. Auch eine Kreditaufnahme ist nicht geplant.

Die Hintergründe erläuterte Stadtkämmerer Matthias Glassl. Aufgrund der deutlich gesunkenen Steuerkraftsumme kann die Stadt mit erhöhten Schlüsselzuweisungen rechnen, ebenso mit einem Plus bei den Geldern für die Kindergarten- und Kleinkindbetreuung. Bei der Gewerbesteuer sind nun vier Millionen Euro veranschlagt, wobei die Stadt 500000 Euro weniger an Einnahmen einplant als im Vorjahr. Bei der Einkommensteuer sind es 6,8 Millionen Euro (minus 292000 Euro). Während auch die Kreisumlage (minus 846000 Euro) und die FAG-Umlage (minus 417000 Euro) für die Stadt deutlich geringer ausfallen, werden die Personalkosten gegenüber dem Vorjahr um 7,6 Prozent auf 9,5 Millionen Euro steigen. Ursache sind zusätzlich notwendige Stellen in der Kinderbetreuung und im EDV-Bereich sowie tarifliche Steigerungen. Insgesamt können die Kosten fürs laufende Verwaltungsgeschäft 2021 unter dem Strich, wenn auch knapp, nicht erwirtschaftet werden. Mößner bewertete dies wie folgt: „Im laufenden Bereich des Ergebnishaushaltes schaffen wir es, unseren Aufgaben nachzukommen. Aber weiterhin gilt: Trenne Wünschenswertes vom Leistbaren. Der Aufwandsseite wird in den nächsten Jahren sicher wieder verstärkt unser Augenmerk gelten, um weiterhin in der gewohnt sparsamen und wirtschaftlichen Manier unterwegs zu sein.“

Dies wird nicht zuletzt wichtig sein, da in den kommenden Jahren finanziell gewichtige Projekte anstehen. 2021 sieht der Finanzhaushalt Investitionen von rund zwölf Millionen Euro vor. Diesen stehen Einzahlungen von immerhin rund sechs Millionen Euro gegenüber, die durch Zuschüsse sowie Grundstückserlöse ermöglicht werden. Durch die gute Liquiditätslage und Kompensation der Gewerbesteuerausfälle von Bund und Land kann die Stadt aber auf eine Kreditaufnahme verzichten. Für Armin Mößner sind die Vorhaben im Sinne einer Weiterentwicklung Murrhardts wichtig. Auf der Liste stehen in dieser Hinsicht weitere Schulsanierungen und die Umsetzung des Digitalpakts, die Schaffung neuer Kindergartenplätze und der Turnhallenneubau an der Walterich- und Herzog-Christoph-Schule. In Sachen Hochwasserschutz geht es an die Umsetzung des Rückhaltebeckens Gaab sowie als örtliche Maßnahme an die Sanierung des Regenüberlaufbeckens Wiesenstraße mit Hochwasserentlastungspumpwerk. Beim Breitbandausbau stehen die Zeichen 2021 auf Start. Die Stadtverwaltung erwartet kommende Woche die letzten Förderbescheide, zudem kommt 2022 Unterstützung durch ein weiteres Projekt – Stern – der Region Stuttgart. Eingeplant sind Digitalisierungsvorhaben für die Verwaltung, über die auch ein digitales Ratssystem umgesetzt werden soll. Ein wichtiges Thema ist für Mößner die Schaffung von Wohnraum mit der Erschließung des Baugebiets Siegelsberg-Ost und dem Immobilienkonzept der Erich-Schumm-Stiftung nach Fertigstellung des Neubaus. Noch etwas Zeit in Anspruch nehmen werde voraussichtlich die Planung für das Kreisbauvorhaben in der Weststadt und das Projekt auf dem Areal Schattenkeller. Weitere Punkte sind die Sicherung der Nahversorgung in der Weststadt (Neubau Rewe), das Klimaschutzprogramm (Bericht folgt) und das Sanierungsgebiet Bahnhof/östlich Klosterhof.

Was die Schulden angeht, ergänzte Matthias Glassl, dass in dieser Hinsicht auch das kreditähnliche Rechtsgeschäft im Zusammenhang mit dem Energiecontracting zu sehen ist, bei dem noch rund 800000 Euro abzutragen sind. Mit Blick auf die Jahre 2022 bis 2024 und den Investitionen könnte sich die Lage deutlich zuspitzen und die Verschuldung wieder auf bis zu rund zwölf Millionen Euro steigen. Ganz so düster wollte der Stadtkämmerer die Zukunft allerdings doch nicht zeichnen. Die Erfahrung zeige, dass aufgrund fehlender Zuschussbewilligungen nicht alle Projekte wie geplant in Angriff genommen werden könnten. Neuverschuldung zu vermeiden, müsse indes das Ziel von Verwaltung und Gemeinderat bleiben. Bürgermeister Mößner zeigte sich vorsichtig optimistisch. „2021 ist noch einigermaßen überschaubar. Ab 2022 wird die Lage unklarer. Wohin die Reise gehen wird, kann heute noch keiner sagen“, meinte er. Es hieße, auf Sicht zu fahren. Trotzdem sieht er angesichts der Stadtgemeinschaft, des Muts und Leistungswillens der Murrhardter der Zukunft positiv entgegen.

Nach der Einbringung des Haushalts ist geplant, ihn in der Sitzung am 17. Dezember zu verabschieden, für die auch die Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden vorgesehen sind. Mario Brenner (CDU/FWV) meldete angesichts dieser knappen Zeitplanung deutliche Kritik an. Er halte das Prozedere für schlecht, da bei einer Verabschiedung in der kommenden Sitzung keine Beratung stattfinden könne. Dazu bedürfe es zumindest eines weiteren Termins. Bei Änderungswünschen brauche es einen längeren Vorlauf. Das sei in dieser kurzen Spanne nicht machbar. Dass es aber auch anders gehe, zeige beispielsweise die Gemeinde Aspach.

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Erstellt:
5. Dezember 2020, 06:00 Uhr

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