Stuttgart feiert den VfB
Die Jubiläumssäule leuchtet in Weiß und Rot, die Stadt fiebert und feiert mit dem VfB Stuttgart. 35 000 Menschen waren am Samstag auf dem Schlossplatz, am Sonntag empfangen die Fans ihre Mannschaft – am Flughafen, entlang des Korsos und wieder auf dem Schlossplatz.
Von Christine Bilger, Frank Rothfuß
Stuttgart - Der Morgen nach dem Triumph war ein gemütlicher. Die Stadt schien im Regen erst mal Luft zu holen nach einer langen Nacht voller Trubel und Gesängen. Alle warteten auf die Mannschaft, die um 14 Uhr in Echterdingen ankam. Und Teil zwei der Pokalparty einläutete.
Die müden Helden haben Verspätung
Erst waren es nur ein paar Wenige, dann kamen immer mehr, schließlich musste die Flughafenleitung sogar den Zugang zur Besucherterrasse sperren. Für 590 ist sie zugelassen, doch längst drängten sich mehr als 1000 Fans an der Balustrade, um einen ersten Blick auf die Pokalhelden zu erhaschen. Vor allem Familien nutzten diese Chance. Allzu viel bekamen die Fans jedoch nicht zu sehen, als das Flugzeug aus Berlin mit 50-minütiger Verspätung endlich landete. Ausstieg aus dem Flieger, Umstieg in den bereits mit Pokal beklebten VfB-Bus – alles spielte sich weit draußen auf dem Rollfeld ab. Niclas Roos (25) ist trotzdem zufrieden. „Es war irgendwie besonders.“ Dann zog er mit seinen Kumpels zum Weiterfeiern in die Stadt.
OB Nopper verrechnet sich
Ob es der Höhepunkt seiner Amtszeit wird? Die Mannschaft des VfB Stuttgart hat Oberbürgermeister Frank Nopper am Sonntag ein Geburtstagsständchen gesungen. Nopper feierte sein Wiegenfest an jenem Tag, an dem sich Verantwortliche und Spieler des VfB nach dem Pokalsieg ins Goldene Buch der Stadt eingetragen und die Ehrenmedaille der Stadt erhalten haben. Doch wie das so ist mit den Geburtstagen, gerade wenn der Jubilar ein stolzes Alter erreicht hat, ist das Mitzählen nicht so einfach. Nein, wir meinen nicht den OB. Sondern den VfB. Der ist 1893 gegründet worden, also 132 Jahre alt. Der OB hat ihn fünf Jahre jünger gemacht in seiner Lobrede, sprach vom VfB 1898. Ein Fauxpas, der natürlich umgehend bemerkt und von den Gästen korrigiert wurde: „1893, hey!“ Nachdem das geklärt war, konnten die Spieler zur Tat schreiten und den Füller zücken. Vorneweg Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle und Präsident Dietmar Allgaier. Während Enzo Millot seine Unterschrift zügig im Stehen schrieb, war Trainer Sebastian Hoeneß anzusehen, dass ihm klar war, welch Ehre es ist, im selben Buch zu stehen wie die Queen oder Michail Gorbatschow. Das relativiert auch den Bohei um den Fußballbetrieb: Die einen haben den Pokal gewonnen, der andere die Welt verändert.
Großer Autokorso in der City
Alles Singen, Klatschen und Jubeln vorm Rathaus bringt nichts: Die Mannschaft kommt nicht auf den Balkon raus. Doch das Warten wird belohnt. Die Strecke des Autokorso wurde nach der verspäteten Ankunft geändert. Statt über die Hauptstätter Straße und bis zum Gebhard-Müller-Platz fahren die Pokalsieger über den Marktplatz und die enge Münzstraße zur Abschlussparty auf dem Schlossplatz. Die Stars kann man so hautnah erleben. Sie lassen den Pokal anfassen, machen geduldig Selfies und unterschreiben das alles, was man ihnen reicht. Ein kleiner Junge kann sein Glück kaum fassen. „Jungs, Ihr seid die Beschde“, kriegt er unter Freudentränen noch raus. Am Schlossplatz gestaltet sich das Aussteigen der Mannschaft aus den Autos schwierig, so voll ist es am Eingang. Wieder und wieder wird auf die Eingänge rund ums Gelände hingewiesen. Aber die Ankunft der Pokalsieger will niemand verpassen.
Die Mannschaft zeigt sich den Fans
Weiß und Rot sind die Farben des Tages. Wo die Mannschaft am Sonntag den Pokal präsentiert, jubeln am Vorabend 35 000 beim Public Viewing. Sogar die Jubiläumssäule auf dem Schlossplatz bekommt per Illumination einen Brustring verpasst. Noch einmal ist es wie bei der EM. Nur kommen die Fans deutlich früher zum Schlossplatz. Um 17 Uhr, drei Stunden vor Anpfiff in Berlin, ist kein Durchkommen mehr. Der Platz ist voll, die Eingänge werden geschlossen. Der Sicherheitsdienst und die Polizei stellen sicher, dass es nicht nur im eingezäunten Bereich angenehm bleibt. Auch hinter der Absperrung soll es zu keinem Gedränge kommen. Deswegen werden rund um den Schlossplatz Vorsperren eingerichtet. Die gelten für Trikotträgerinnen und -träger ebenso wie für Bummelnde, die mit Einkaufstaschen von A nach B wollen. „Wir wollten eigentlich bei Müller die letzten Dinge für unseren Griechenlandurlaub besorgen“, sagt Jörg Pohl (54) aus Calw. Das Geschäft ist in Sichtweite, doch davor liegt die Absperrung. „Jetzt müssen wir zur Filiale im Milaneo“, sagt er.