Arbeitsrecht verständlich erklärt

Urlaubsgeld trotz Krankengeld?

Wer lange krank ist, verzichtet auf vieles – aber auch auf Urlaubsgeld? Unter bestimmten Voraussetzungen haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch während einer Krankheitsphase Anspruch auf die Sonderzahlung.

Bekommt man trotz Krankengeld noch Urlaubsgeld?

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Bekommt man trotz Krankengeld noch Urlaubsgeld?

Von Katrin Jokic

Die Sommerzeit ist für viele die schönste Zeit des Jahres – mit Sonne, Reisen und Erholung. Neben dem gesetzlichen Urlaubsanspruch freuen sich viele Beschäftigte in Deutschland auch über ein zusätzliches Urlaubsgeld - gerade bei Großunternehmen wie Bosch, Mercedes, Porsch & Co.

Doch was passiert, wenn man krank ist? Besteht der Anspruch auf Urlaubsgeld auch dann, wenn man Krankengeld bezieht oder länger arbeitsunfähig ist? Dieser Artikel erklärt die wichtigsten Regelungen und Unterschiede – einfach und verständlich.

Urlaub ist nicht gleich Urlaubsgeld – was man wissen sollte

Zunächst ist wichtig zu wissen: Urlaubsanspruch und Urlaubsgeld sind zwei unterschiedliche Dinge.

  • Der Urlaubsanspruch ist gesetzlich geregelt. Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf bezahlte freie Tage. Wer im Urlaub krank wird, verliert diese Urlaubstage nicht – mit ärztlichem Attest können sie nachgeholt werden.
  • Das Urlaubsgeld dagegen ist eine freiwillige Sonderzahlung des Arbeitgebers. Es ist kein gesetzlich garantierter Anspruch. Ob es gezahlt wird, richtet sich nach dem Arbeitsvertrag, einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder nach sogenannter betrieblicher Übung – also wenn es mehrere Jahre in Folge freiwillig gezahlt wurde.

Besteht Anspruch auf Urlaubsgeld trotz Krankengeld?

Grundsätzlich ja – aber es kommt auf die vertragliche Regelung an. Wenn im Arbeits- oder Tarifvertrag nichts Gegenteiliges steht, kann ein Anspruch auf Urlaubsgeld auch während einer längeren Erkrankung bestehen.

Entscheidend ist:

  • Ist das Urlaubsgeld an den tatsächlichen Urlaubsantritt gebunden? Dann wird es erst ausgezahlt, wenn der Urlaub auch wirklich genommen wird – also nicht während einer Krankheitsphase.
  • Ist das Urlaubsgeld als eigenständige Sonderzahlung geregelt – unabhängig vom Urlaub? Dann kann es auch gezahlt werden, wenn die erkrankte Person keinen Urlaub nimmt.

Die genaue Formulierung im Vertrag ist also entscheidend dafür, ob es während des Bezugs von Krankengeld Urlaubsgeld gibt oder nicht.

Kann der Arbeitgeber das Urlaubsgeld bei Krankheit kürzen?

Ja, eine Kürzung ist gesetzlich erlaubt – allerdings nur in einem gewissen Rahmen. Laut § 4a des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) darf der Arbeitgeber das Urlaubsgeld anteilig kürzen:

  • Pro Krankheitstag darf maximal ein Viertel des durchschnittlichen Tagesverdienstes vom Urlaubsgeld abgezogen werden.
  • Voraussetzung ist, dass eine solche Kürzung vertraglich oder tariflich geregelt ist.

Bei langen Krankheitszeiten kann so ein erheblicher Teil des Urlaubsgelds wegfallen.

Was gilt, wenn man das ganze Jahr krank ist?

Auch wer durchgehend krankgeschrieben ist, verliert seinen Urlaubsanspruch zunächst nicht. Laut Bundesurlaubsgesetz und aktueller Rechtsprechung bleiben die Urlaubstage noch bis zu 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres bestehen.

Das Urlaubsgeld wird in solchen Fällen aber nur dann fällig, wenn:

  • der Urlaub tatsächlich genommen wird (sofern das Urlaubsgeld an den Urlaubsantritt gekoppelt ist), oder
  • der Vertrag eine Auszahlung unabhängig vom Urlaubsantritt vorsieht.

Eine Besonderheit ergibt sich bei einer dauerhaften Erkrankung mit anschließender Beendigung des Arbeitsverhältnisses – etwa durch Rente oder Aufhebungsvertrag. Dann kann es zu einer sogenannten Urlaubsabgeltung kommen.

Urlaubsgeld und Urlaubsabgeltung: Was ist der Unterschied?

Wenn Urlaubstage wegen Krankheit nicht mehr genommen werden können, etwa weil das Arbeitsverhältnis endet, muss der Arbeitgeber den Urlaub in Geld auszahlen. Das nennt man Urlaubsabgeltung.

Wichtig:

  • Die Urlaubsabgeltung ist steuer- und sozialversicherungspflichtig.
  • Sie darf nicht mit dem Krankengeld verrechnet werden. Das hat das Bundessozialgericht bereits 2006 entschieden (Az.: B 1 KR 26/05 R).
  • Ob das Urlaubsgeld zusätzlich zur Urlaubsabgeltung gezahlt wird, hängt davon ab, ob ein vertraglicher Anspruch darauf besteht.

Urlaubsgeld trotz Krankheit – möglich, aber nicht garantiert

Auch bei längerer Krankheit kann ein Anspruch auf Urlaubsgeld bestehen. Doch ob es tatsächlich gezahlt wird, hängt stark von den vertraglichen Bedingungen ab. Entscheidend ist, ob das Urlaubsgeld als Sonderzahlung unabhängig vom Urlaubsantritt gilt oder nicht. Zudem kann der Arbeitgeber bei Krankheit das Urlaubsgeld kürzen – allerdings nur in begrenztem Rahmen. Im Zweifelsfall hilft ein Blick in den Arbeitsvertrag oder eine Beratung durch Fachleute im Arbeitsrecht.

Hinweis: Dieser Artikel stellt keine rechtliche Beratung dar und kann eine individuelle Prüfung durch eine Fachperson nicht ersetzen. Im Zweifel sollten sich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an einen Anwalt oder eine Anwältin für Arbeitsrecht oder an ihre Gewerkschaft wenden.

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Erstellt:
31. Juli 2025, 10:34 Uhr
Aktualisiert:
2. August 2025, 13:58 Uhr

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