Verschärfte Kontrollen geplant

Nachdem das Land Baden-Württemberg neue Coronaschutzmaßnahmen bekannt gegeben hat, stellen sich Polizei und Ordnungsämter im Rems-Murr-Kreis auf regelmäßige Überwachung der Einhaltung ein.

Ein vorerst letztes Mal durfte Kunberger-Wirtin Petra Wolf gestern noch Glühwein zum Mitnehmen herausgeben. Ab sofort ist der Ausschank an öffentlichen Orten, an denen sich Menschen auf engem Raum treffen oder längere Zeit aufhalten, verboten. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Ein vorerst letztes Mal durfte Kunberger-Wirtin Petra Wolf gestern noch Glühwein zum Mitnehmen herausgeben. Ab sofort ist der Ausschank an öffentlichen Orten, an denen sich Menschen auf engem Raum treffen oder längere Zeit aufhalten, verboten. Foto: A. Becher

Von Lorena Greppo

BACKNANG/MURRHARDT. Dass neue Vorgaben durch eine veränderte Coronaverordnung kurzfristig kommen, das sind die hiesigen Stadt- und Gemeindeverwaltungen aus den vergangenen Wochen und Monaten gewöhnt. Krisenerprobt seien sie inzwischen, sagt Murrhardts Bürgermeister Armin Mößner. Die verschärften Regelungen trägt er jedoch mit: „Angesichts des derzeitigen Infektionsgeschehens ist es notwendig, dass wir noch eine Schippe drauflegen“, sagt er. Der städtische Vollzugsdienst habe sich auch darauf vorbereitet, am Wochenende die Umsetzung der neuen Regeln zu überwachen. Klar ist, dass nicht rund um die Uhr kontrolliert werden kann, die Verwaltung habe daher Schwerpunkte gebildet. Dabei geht es nicht nur um die Ausgangssperre, sondern auch das Verbot für den Alkoholausschank an öffentlichen Orten. Folglich kontrolliere man auch die Gaststätten. Backnangs Ordnungsamtsleiterin Gisela Blumer hat daher schon Mitte der Woche mit den Backnanger Wirten Rücksprache gehalten und sie auf kommende Einschränkungen vorbereitet. Somit könne der Einkauf entsprechend geplant werden. „Ich habe mich gemeinsam mit meinen Mitarbeitern ebenfalls vorbereitet und die Einsatzpläne abgestimmt“, erklärt Blumer. Denn was die Verordnung vorgibt, haben die Ordnungsämter und die Polizei zu kontrollieren.

Dabei sind auch die Behörden vor große Herausforderungen gestellt. „Es gibt praktisch schwierige Punkte. Wir dürfen beispielsweise im fließenden Verkehr bisher nicht kontrollieren“, führt Blumer aus. Die Ermächtigung, Autos anzuhalten, habe allein die Landespolizei. Und auch angesichts der vielen Ausnahmen zur Ausgangssperre werde es herausfordernd, die Kontrollen umzusetzen, sagt der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Aalen, Rudolf Biehlmaier. Man sei darauf vorbereitet, vermehrt in diesem Bereich aktiv zu sein. „Warum jemand sich draußen aufhält, muss im Dialog geklärt werden.“ Dann gehe es darum, dass die betroffene Person ihre triftigen Gründe schlüssig darlegt. Sei jemand etwa mit seinem Hund unterwegs, so sei dieser Person durchaus abzunehmen, dass sie sich mit dem Spaziergang um die Versorgung des Tiers kümmere.

Die Polizei hat zusätzliche Kräfte für die Kontrollen im Einsatz.

Der stellvertretende Polizeipräsident Wolfgang Reubold weist darauf hin, dass für die Kontrollen vermehrt Personal eingesetzt wird: „Wir werden zur Anfangszeit vor allem in der Nachtzeit aus allen zehn Polizeirevieren im Präsidium Aalen zusätzliche Kräfte zusammenziehen, die explizit und exklusiv diese Ausgangsbeschränkungen überwachen.“ Der Regeldienst der Polizei werde deshalb lage- und bedarfsorientiert. Man wolle bei den Verordnungskontrollen jedoch mit Augenmaß agieren und nicht unnötig kleinlich jeden Verstoß ahnden.

„Wenn jemand aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit oder beispielsweise seines ehrenamtlichen Einsatzes bei der Feuerwehr unterwegs ist, kann er das nachweisen“, erklärt Mößner. Allerdings, führt Biehlmaier an, seien Nachweisdokumente des Arbeitgebers nur bedingt hilfreich. „Es kann nicht schaden und unterstützt die Kollegen bei der Kontrolle. Aber es handelt sich nicht um ein amtliches Dokument“, erklärt der Polizeisprecher. Daher ersetze es die eingehendere Recherche der Beamten nicht. Theoretisch könne ja jeder am heimischen Computer etwas formulieren und ausdrucken – das sei nur schwer zu überprüfen. Im Zweifel würde eben auf der Arbeitsstelle angerufen, so Reubold.

Gisela Blumer hofft zwar auf die Einsicht der Bürger, macht aber unmissverständlich klar: „Verstöße ahnden wir deutlich mit Bußgeldern. Inzwischen gibt es keine Ausreden mehr, da hilft nur noch knallhartes Durchgreifen.“ Schließlich stehe die Gesundheit der Mitbürger auf dem Spiel und da könne man nicht mehr nachsichtig sein. Sie erhofft sich, dass bei der Bevölkerung ankommt, dass es nun zählt, sich an die Regeln zu halten und das rasante Infektionsgeschehen unter Kontrolle zu bekommen. Dass die Überwachung vonseiten der Behörden notwendig ist, habe sich in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder gezeigt. Beliebte Freizeitplätze seien bis in die Nacht hinein kontrolliert worden. „Junge Leute haben sich da zum Teil zum Partymachen verabredet“, erklärt die Backnanger Ordnungsamtsleiterin. Auch habe sie selbst schon das Gespräch gesucht mit jenen Gruppen, die die Pandemie relativieren oder sich gegen die Schutzmaßnahmen positioniert haben.

Verwaltungsmitarbeiter stehen vor großen Herausforderungen.

Da diese zusätzliche Belastung der städtischen Mitarbeiter nicht bis ins Unendliche weitergeführt werden kann, hat Blumer unter anderem Security Services beauftragt, die den Vollzugsdienst unterstützen. „Ganz allein schaffen wir das nicht mehr“, erklärt sie. Denn die „ursprünglichen Kernkompetenzen“ des Amts wie etwa die Straßenverkehrsüberwachung können schließlich nicht einfach vernachlässigt werden. Und das Team des Vollzugsdiensts sei seit März durchgängig im Einsatz. „Das ist ein Riesenspagat“, sagt Blumer. Und auch Armin Mößner weiß: „Die Lage ist angespannt.“ Das gelte für den städtischen Vollzugsdienst, aber auch für alle anderen Mitarbeiter der Verwaltung. In Backnang würden beispielsweise die Rechercheteams von Mitarbeitern anderer Ämter unterstützt, erzählt Blumer. Sie sei sehr froh darum, so engagierte Kollegen zu haben. Und die Chefin des Ordnungsamts nimmt sich selbst nicht aus der Verantwortung. An Heiligabend beispielsweise werde sie selbst mit im Einsatz sein. Es bleibe nur zu hoffen, dass die Bürger die neuen Regelungen mittragen und dass auch die Wirte den Glühweinausschank einstellen. Diese – das betont Blumer – hätten bei der Glühwein-to-go-Ausgabe darauf geachtet, dass das Getränk unter Wahrung der Abstandsregeln konsumiert wird. Das bestätigt auch Kunberger-Wirtin Petra Wolf. „Die Leute sind zwar nicht weitergelaufen, wie wir das ursprünglich angedacht hatten, aber sie haben super mitgezogen, wenn wir sie darum gebeten haben, beim Glühweintrinken Abstand zu halten.“ Dass der Verkauf nun dennoch eingestellt werden muss, lässt die Wirtin nur seufzen: „Ich find’s schade.“

Zum Artikel

Erstellt:
12. Dezember 2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt und Umgebung

Im Mikrokosmos von Krabblern und Co.

Der Förster Jörg Brucklacher gibt im ersten Teil seiner Vortragsreihe „Lebensspuren im Wald“ an der Volkshochschule Murrhardt Einblicke in die komplexe Lebensgemeinschaft aus Pflanzen und Tieren, die von Menschen meist unbemerkt bleibt.

Murrhardt und Umgebung

Gefährlicher Opferstock, gestohlener Frosch

Bei einer Kirchenführung rund um die Walterichskirche und den Walterichshügel im Murrhardter Stadtgarten hält Manfred Schurr jede Menge spannende historische Einblicke bereit, gewürzt mit Anekdoten und überlieferten Geschichten.

Murrhardt und Umgebung

Brandstiftung ist nicht ausgeschlossen

Das denkmalgeschützte Gartenhäuschen auf dem Areal der Erlacher Höhe in Murrhardt wurde durch ein Feuer schwer beschädigt. Die Polizei ermittelt und bittet um Zeugenhinweise. Eine technische Ursache allerdings scheint unwahrscheinlich. Die Stadt hofft auf Erhalt des Kleinods.