Von der Neugründung zur modernen Blaulichtorganisation

Der Auf- und Ausbau des Murrhardter DRK-Ortsvereins nach 1945 brauchte seine Zeit. Heute sind die „Helfer vor Ort“ und die „Einsatzgruppe akut“ wichtige Kräfte.

Blutspendeaktionen bleiben wichtig. Der DRK Murrhardt bietet sie regelmäßig an. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Blutspendeaktionen bleiben wichtig. Der DRK Murrhardt bietet sie regelmäßig an. Foto: J. Fiedler

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Nach Kriegsende galt das DRK bei den Besatzern als NS-kontrollierte Organisation und wurde aufgelöst. Trotzdem arbeiteten die Kreisstellen und aktiven Bereitschaftsangehörigen weiter. Am 10. August 1946 fand die erste „Rote Kreuz Versammlung“ der Nachkriegszeit in der Region im Gasthof „Engel“ statt. 1947 erfolgte die Neugründung der Ortsvereine im Kreis, so auch in der Walterichstadt. Ab diesem Jahr organisierte das DRK Sammlungen von Kleidung und Wäsche, Schuhen und Stoffresten. Wichtige Aufgaben waren die Unterstützung, Fürsorge und Betreuung für Kriegsgefangene und Heimkehrer, Vertriebene und Flüchtlinge.

Die Wirtsfamilie Bofinger der „Sonne-Post“ und Mitglieder des DRK-Ortsvereins verpflegten Rückkehrer aus der Gefangenschaft und andere Ankommende am Murrhardter Bahnhof mit Speisen und Getränken. Daraufhin seien einige, die nicht aus Murrhardt waren und weiterfahren wollten, in der Walterichstadt geblieben, erzählt der ehemalige Vorsitzende Christoph Meindl. Auf Kreisebene baute man ab den 1950er-Jahren den Rettungsdienst aus und richtete 1974 die Rettungsleitstelle in Waiblingen ein. Seit den 1970er-Jahren erweiterte man die Dienstleistungen im Sozialbereich, wozu unter anderem Fahrdienste, „Essen auf Rädern“, hauswirtschaftliche Hilfen, Hausnotruf und ambulante Pflegeleistungen gehören.

Auch der Ortsverein verstärkte sein Engagement für die Einwohner, vor allem im Bereich der Sozialarbeit. Seit 1959 gibt es in Murrhardt regelmäßige Blutspendeaktionen, viele Jahre im Reinhold-Nägele-Saal und seit 2007 in der Festhalle. 1969 startete die Breitenausbildung der Bevölkerung in Erster Hilfe. In den 1960er-Jahren bekam der Ortsverein einen neuen Raum im kleinen Feuerwehrgerätehaus und das erste eigene Einsatzfahrzeug, berichtet der ehemalige Bereitschaftsleiter Ludwig Franke. Seit 1982 besteht die Rettungswache in der Hörschbachstraße 11, nachdem die Stadt das Gebäude 1981 erwarb. Darin richtete man Räume für den Rettungsdienst und DRK-Ortsverein ein, erklärt der heutige Vorsitzende Bürgermeister Armin Mößner.

Laut Christoph Meindl dauerte es lange, bis der Ortsverein nach der Neugründung 1947 einen gut funktionierenden Stamm an aktiven, gut ausgebildeten und ausgerüsteten Bereitschaftsmitgliedern hatte. Eine wichtige Rolle spielte Karl Barreuther (1905 bis 1979), Mitgründer und bis 1970 Vorsitzender des Ortsvereins. 45 Jahre setzte er sich für viele Kranke oder Verletzte in Murrhardt und Umgebung ein. Ab 1947 fuhr er den ersten bei Dr. Karl Berner stationierten Krankenwagen Murrhardts.

Das Ehepaar Barreuther leistete
28 Jahre Krankentransporte.

Ab 1957 war seine Frau Johanna ständige Beifahrerin und übernahm 1961 die Hauptarbeit, als er schwer erkrankte. 28 Jahre lang fuhr das Ehepaar Barreuther ohne Urlaub unzählige Patienten ins Krankenhaus, zum Arzt oder wieder nach Hause. 1974 ernannte man Karl Barreuther zum Ehrenvorsitzenden des Ortsvereins und verabschiedete das Ehepaar in den Ruhestand, berichtete die „Murrhardter Zeitung“.

Von 1970 bis 1988 war der mit der Bürgermedaille ausgezeichnete Apotheker Werner Wagner (1927 bis 2013) Ortsvereinsvorsitzender, zudem etliche Jahre im DRK-Kreisvorstand sowie im DRK-Landesverband aktiv. Werner Wagners außerordentlichem Engagement sei es zu verdanken, „dass der Ortsverein auf ein hohes Bereitschafts- und Einsatzniveau gebracht werden und sich fest als Organisation in der Walterichstadt etablieren konnte“, betont Christoph Meindl. Wagner motivierte viele Mitbürger, sich im Ortsverein für ihre Mitmenschen einzusetzen, und baute die Bereitschaft aus, damit sie eine Vielzahl von Aufgaben erfüllen konnte. Auch sorgte er dafür, dass die Ausrüstung modernisiert und verbessert sowie ein neues Fahrzeug beschafft wurde.

Die „gute Seele des ehrenamtlichen DRK-Sozialdienstes“ war Maria Durchdenwald (1912 bis 1994), die 1989 die erste Bürgermedaille der Stadt Murrhardt für herausragendes soziales Engagement verliehen bekam. Ab den 1950er-Jahren setzte sie sich über 40 Jahre lang für den Ortsverein ein, ab Anfang der 1970er-Jahre trug und gestaltete sie über 20 Jahre dessen Sozialarbeit. Sie übernahm Hausbesuche, hauswirtschaftliche Dienste und Betreuung für Senioren, ermutigte alte, kranke und schwache Mitbürger mit freundlichen Sinnsprüchen, Gebeten oder kleinen Gedichten.

In vielen Einsätzen baute der Ortsverein ein sehr gutes Verhältnis zu den anderen Hilfsorganisationen auf, wie Rettungsdienst und Polizei, freiwilliger Feuerwehr und Technisches Hilfswerk. Es ist Grundlage gegenseitigen Vertrauens und partnerschaftlicher Zusammenarbeit bei Einsätzen sowie gemeinsamen Übungen, betont Christoph Meindl. Im Juli 1995 beging der Ortsverein sein 125-jähriges Bestehen mit einem „Wochenende der Hilfe“ rund um die Stadthalle und Präsentation der Hilfsorganisationen der Walterichstadt.

2008/09 führte man die „Helfer vor Ort“ im Kreis ein, die bei lebensbedrohlichen Notfällen zum Einsatz kommen und die Zeit bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes überbrücken. Parallel dazu baute man die „Einsatzgruppe akut“ auf, die zum Einsatz kommt, wenn der Rettungsdienst Unterstützung braucht, beispielsweise bei einem Brand, und oft zusammen mit der freiwilligen Feuerwehr alarmiert wird. Beide Teams bestehen aus entsprechend ausgebildeten und ausgerüsteten Bereitschaftsmitgliedern. Der Ortsverein zählt laut Vorstandsmitglied Matthias Müller zurzeit 16 Bereitschaftsmitglieder, die Jugendrotkreuzgruppe 15 Mädchen und Jungen. Die Mitglieder der Ortsvereine Murrhardt und Sulzbach an der Murr unterstützen einander gegenseitig, aus ihren Reihen kommen auch elf „Helfer vor Ort“.

Bereitschaftsleiter Philipp Wolff ist Ausbildungsleiter und Koordinator für Erste-Hilfe- und weitere Kurse. Seit November 2019 ist die Walterichstadt Notarztstandort für das Obere Murrtal: Die DRK-Notarztwache befindet sich auf dem Grundstück und im Gebäude der alten Straßenmeisterei. Dank der verkehrstechnisch idealen Lage direkt an Kreisverkehr und Landesstraße1066 beim Teilort Harbach zwischen Murrhardt und dem Sulzbacher Teilort Schleißweiler ist ein Notarztwagen schnell auf dem Weg.

Zukunftsziel des DRK-Kreisverbands und -Ortsvereins Murrhardt ist es, langfristig einen großen gemeinsamen Standort mit Notarzt, Rettungsdienst und ehrenamtlichem DRK einzurichten. Dazu wünscht sich der Ortsverein einen Neubau, der ihm genug Platz bietet, um sämtliche Fahrzeuge unterstellen zu können, und Räume, in denen er auch alle Aufgaben und Anforderungen erfüllen kann, verdeutlicht Matthias Müller.

Zum Artikel

Erstellt:
4. August 2020, 06:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Lesen Sie jetzt!

Murrhardt und Umgebung

Blasmusiknachwuchs zeigt sein Können

Bei der Kinder- und Jugendarbeit der Stadtkapelle Murrhardt hat sich viel getan. Es gibt Nachwuchs beim Vororchester und bei der Begleitung. Die neuen Hit Kids, die Jugendstadtkapelle, Flötengruppen und Bläserklassen der Hörschbachschule gestalten das Jugendkonzert am 5. Mai.

Murrhardt und Umgebung

Mit Tanz und Musik begrüßt Murrhardt den Mai

Das zweitägige Maibaumfest der Narrenzunft Murreder Henderwäldler und des Liederkranzes ist ein Besuchermagnet. Höhepunkte sind die Vorführung eines Volkstanzmedleys sowie Auftritte von drei Guggen und der Band „The Bang Bags“.

Murrhardt und Umgebung

Gefahrstreckenentschärfung verzögert sich

Der Murrhardter Gemeinderat hebt die Ausschreibung zur Verbesserung der Zufahrt zum Wohnplatz Vögelesreute auf, da die Kosten der Gebote weit über der Planung liegen. Es wird ein neues Paket geschnürt – inklusive der Belagssanierung eines Teilabschnitts der Landesstraße 1150.