Geschichte

Warum wir den Vatertag feiern

Der Vatertag an Christi Himmelfahrt steht für Geselligkeit, Fleisch- und Biergenuss unter Männern. Doch was hat der Termin mit dem Jahr 1934 zu tun?

Feuchtfröhlicher Vatertag in Süddeutschland.

© Stefan Puchner/dpa

Feuchtfröhlicher Vatertag in Süddeutschland.

Von Michael Maier

Der Vatertag, in Deutschland oft auch als Herren- oder Männertag bekannt und traditionell an Christi Himmelfahrt gefeiert, ist für viele ein Tag für Ausflüge mit Freunden, Bollerwagen und Bier – während manche ihn am liebsten abschaffen oder zum „Elterntag“ umwandeln würden. Wiederum andere nutzen ihn für die Gartenarbeit, wobei allerdings das Rasenmähen teuer werden kann.

Doch welche Rolle spielte dieser Tag während der Zeit des Nationalsozialismus? Gab es eine „NS-Geschichte“ des Vatertags, ähnlich der stark instrumentalisierten Geschichte des Muttertags?

Von Christi Himmelfahrt zum Vatertag

Bevor wir in die Zeit des Nationalsozialismus eintauchen, ist ein Blick auf die Ursprünge des deutschen Vatertags wichtig. Anders als der Muttertag, dessen moderne Form aus den USA stammt, entwickelte sich der deutsche Vatertag oder „Herrentag“ eigenständig.

Seit dem 19. Jahrhundert, besonders im Berliner Raum, etablierten sich am kirchlichen Feiertag Christi Himmelfahrt sogenannte „Herrenpartien“. Dabei handelte es sich um Ausflüge von Männergruppen ins Grüne, oft feuchtfröhlich und ausgelassen. Christi Himmelfahrt selbst ist ein christlicher Feiertag, der 39 Tage nach Ostern begangen wird, um die Aufnahme Jesu in den Himmel zu feiern. Andere Quellen schreiben dem „Vatertag“ übrigens eine US-Tradition seit 1910 zu.

Vereinnahmung von Vatertag und Muttertag

Das NS-Regime war bekannt dafür, bestehende Traditionen und Feiertage für seine ideologischen Zwecke zu vereinnahmen oder neue zu schaffen. Ein Paradebeispiel hierfür ist der Muttertag. Dieser wurde von den Nationalsozialisten massiv ideologisch aufgeladen, 1933 zum öffentlichen Feiertag erklärt und diente der Verherrlichung der „deutschen Mutter“ im Sinne der NS-Rassenideologie und Geburtenförderung. Es gab „Mütterweihen“, und kinderreiche Mütter wurden als Heldinnen des Volkes zelebriert.

Christi Himmelfahrt seit 1934 gesetzlicher Feiertag

Im Kontext des Vatertags ist ein wichtiger Punkt, dass Christi Himmelfahrt, der Tag, an dem traditionell die „Herrenpartien“ stattfanden, während der NS-Zeit eine Aufwertung erfuhr. Im Jahr 1934 wurde Christi Himmelfahrt im Deutschen Reich durch ein Reichsgesetz zu einem gesetzlichen, arbeitsfreien Feiertag erklärt.

Zuvor war die Regelung von Feiertagen Ländersache, auch wenn Christi Himmelfahrt in vielen Regionen bereits ein Feiertag war. Diese Festlegung als arbeitsfreier Tag durch die Nationalsozialisten schuf einen festen Rahmen und mehr Freizeit für die Bevölkerung, was die traditionellen Vatertagsbräuche begünstigt haben dürfte. Das Regime machte auf diese Art auch Propaganda in eigener Sache.

Vatertag weniger aufgeladen als Muttertag

Hier wird die Spurensuche allerdings etwas schwieriger. Während der Muttertag klar für die NS-Propaganda instrumentalisiert wurde, mit einem definierten Mutterbild und entsprechenden Ehrungen, finden sich für den Vatertag oder Herrentag weniger Belege für eine solch direkte ideologische Vereinnahmung und Umdeutung im Sinne einer spezifischen „NS-Vaterschaftsideologie“.

Die Tradition der ausgelassenen „Herrenpartien“ bestand bereits vor der NS-Zeit. Es gibt keine deutlichen Hinweise darauf, dass das NS-Regime versuchte, diesen Brauch in ein Pendant zum ideologisch überformten Muttertag zu verwandeln, etwa durch die Propagierung eines bestimmten „deutschen Vaters“ im Sinne der NS-Ideologie. Die Feiertagslisten aus der NS-Zeit führen den „Himmelfahrtstag“ als gesetzlichen Feiertag, nicht explizit einen „Vatertag“ mit neuem ideologischem Inhalt.

Vatertag war kein „Heldengedenktag“

Es ist denkbar, dass die bereits etablierte lockere und gesellige Form des Herrentags sich weniger für die Instrumentalisierung eignete als der emotional besetzte Muttertag.

Die Nationalsozialisten hatten zudem andere Tage und Anlässe, um das männliche Ideal des Soldaten, Arbeiters oder politischen Kämpfers zu zelebrieren, etwa den „Heldengedenktag“ im März oder den „Tag der nationalen Arbeit“ (1. Mai), der eigentlich eine linke und gewerkschaftliche Tradition hat und 1933-45 pervertiert wurde. Ebenso wie den 1. Mai kann man also auch den Vatertag völlig losgelöst von der Nazi-Instrumentalisierung in der Vergangenheit genießen.

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Erstellt:
28. Mai 2025, 18:04 Uhr

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