Weststadt-Rewe mit neuer Strategie

Ursprünglich hatten die Verantwortlichen des Vollsortimenters angedacht, für einen Neubau Norma mit ins Boot zu holen. Nun haben sich die Vorzeichen des Projekts von Miete in Eigentum geändert, weshalb der firmeneigene Discounter Penny einziehen soll.

Rewe plant in der Berliner Straße ein neues, eigenes Gebäude. Der bestehende Markt ist Ende der 1960er-Jahre gebaut worden und energetisch nicht auf dem Stand. Der Vollsortimenter will dann von 1800 auf 1500 Quadratmeter Verkaufsfläche heruntergehen. Der Discounter Penny soll als Partner rund 1000 Quadratmeter erhalten. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Rewe plant in der Berliner Straße ein neues, eigenes Gebäude. Der bestehende Markt ist Ende der 1960er-Jahre gebaut worden und energetisch nicht auf dem Stand. Der Vollsortimenter will dann von 1800 auf 1500 Quadratmeter Verkaufsfläche heruntergehen. Der Discounter Penny soll als Partner rund 1000 Quadratmeter erhalten. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Um die neuen Pläne und Konsequenzen zu erläutern, waren Timo Porkert von Rewe und Gerhard Beck von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH (GMA) in die jüngste Gemeinderatssitzung gekommen. Ursprünglich waren die Verantwortlichen bei Rewe von einer Mietkonstellation in der Murrhardter Weststadt ausgegangen, erklärte Timo Porkert. Davon sei man allerdings abgekommen, wolle das Areal erwerben, um dann auch das Projekt komplett in eigener Regie anzugehen. Das wiederum ändert die Wünsche an einen künftigen Partner im Gebäude. Um das Risiko eines Leerstands zu minimieren, möchte der Vollsortimenter ein Mietverhältnis von 20 Jahren abschließen. Ein Zeitraum, bei dem externe potenzielle Partner nicht mitgehen könnten, so Porkert. Insofern kommt nun als zweiter Mieter der Discounter Penny ins Spiel, der zur Rewe-Group gehört. Aufgrund dieser neuen Vorzeichen war ein zweites Gutachten notwendig, dessen Ergebnisse Gerhard Beck vorstellte. Im Zentrum stehe das gemeinsame Ziel, den Standort für die Bewohner in der Weststadt zu erhalten. Durch das neue Projekt mit dem Discounter Penny habe sich die Konstellation geändert und sei etwas anders zu bewerten, wenn er die Unterschiede auch nicht als sonderlich groß ansah.

Dadurch, dass Rewe sich nun den firmeneigenen Partner Penny in einem Neubau an die Seite hole, bleibe Norma an seinem nicht allzu weit entfernten Standort externer Wettbewerber. Nach der Beurteilung der GMA könnte das einschneidende Konsequenzen für den Discounter haben. Die Probleme: Der Markt befindet sich in einer als unattraktiv bewerteten Immobilie, er hat die im Vergleich niedrigste Kundenfrequenz und erhält mit Penny einen Konkurrenten. Vor diesem Hintergrund geht Gerhard Beck davon aus, dass dieser Discounter am meisten unter dem neuen Projekt leiden wird und möglicherweise sogar schließen muss.

Auswirkungen auf die Innenstadt und darüber hinaus, sprich die Nachbarkommunen, sieht er indes nicht. Vor dem Hintergrund, dass Norma sich seiner Einschätzung nach langfristig nicht halten kann, ändert sich in der Konstellation der Versorgung insgesamt nichts Grundlegendes. Die Märkte Aldi und Lidl seien anders ausgerichtet und positioniert, für die Innenstadt und darüber hinaus ergeben sich für ihn keine einflussreichen Veränderungen.

Verwaltung dagegen, dass Apotheke zum Rewe-Standort wechselt und so den bisherigen schwächt.

Bürgermeister Armin Mößner sah die Entwicklung für Norma als nicht ganz so vorgezeichnet an. „Das hat sich jetzt etwas apokalyptisch angehört“, sagte er. Im Sinne des Sprichworts „Totgesagte leben länger“ wolle er es dem Wettbewerb überlassen, wie sich die Lage verändert. Umgekehrt spricht für ihn aber nichts dagegen, dass Penny beim Projekt an Bord geht, da es in Murrhardt an der Fornsbacher Straße schon einmal einen Markt des Discounters gegeben hat und er insofern innerhalb der Stadt kein unbekannter Mitbewerber ist. Das nun in Eigenregie geplante Projekt von Rewe mache für ihn Sinn. Einen Punkt allerdings sehe die Verwaltung kritisch: Die rund 300 Meter entfernt gelegene Apotheke hat Interesse angemeldet, in den neuen Rewe-Standort einzuziehen. Da sich am bisherigen weitere Geschäfte wie ein Bäcker und Metzger befinden, wertet die Stadt die jetzige Konstellation als wenn auch überschaubares Nahversorgungszentrum in der Hörschbachstraße, das man gerne erhalten wolle. Zöge die Apotheke weg, befürchtet man negative Effekte für die Verbliebenen durch einen möglichen Leerstand und sinkende Einkaufszahlen. Insofern umfasste die Abstimmung auch diesen Punkt.

In der Beratung wurden noch weitere Fragen zur konkreten Planung angesprochen. Die Fraktionssprecher unterstrichen, dass sie das Projekt sehr begrüßen, da es die Versorgung in der Murrhardter Weststadt auf lange Zeit sichert. Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) findet es wichtig, den Standort zu erhalten, bekräftigte nochmals, dass er für viele attraktiv sei. Schwierig tat er sich aber mit dem Vorschlag, der Apotheke zu verwehren, in den Rewe-Standort miteinzuziehen. Dies wolle man dem Dienstleistungsunternehmen selbst überlassen und insofern über beide Punkte inhaltlich getrennt abstimmen.

Edgar Schäf (SPD) konnte gut nachvollziehen, dass Rewe den Bau nun in Eigenregie angehen will und langfristig planen muss. Dass Norma dabei nun außen vor bleibt, betrachte er zwar mit einer gewissen Sorge, gleichzeitig sah er die Sache auch noch nicht als besiegelt an. In puncto Apotheke teilte Schäf die Befürchtung mit der Verwaltung, dass ein Wechsel des Dienstleisters für die restlichen Geschäfte einen negativen Effekt haben könnte. Deshalb fände er es besser, wenn sie dort bliebe.

Für Wolfgang Hess (UL) ist es wichtig und gut, dass es für den Rewe-Standort in der Weststadt weitergeht – auch mit einem völlig eigenständigen Projekt. Die Apotheke auf ihren alten Standort zu verpflichten, hält er indes für schwierig, vor allem, weil er vor dem Hintergrund des Gutachtens herausliest, dass die Situation der Geschäfte dort deutlich im Fluss ist, sprich es kann sich auch ohne den Wegzug sehr schnell etwas ändern, und der Einfluss darauf sei sehr begrenzt.

Für Georg Devrikis (CDU/FWV) bedeutet das Projekt neben der Sicherung der Nahversorgung in der Weststadt letztlich auch ein Angebot an Teilzeitarbeitsplätzen und Minijobs.

Auf die Frage Edgar Schäfs nach der Bauzeit gab Timo Porkert eine grobe Schätzung von einem bis anderthalb Jahren ab. Letzteres sei aber eher das Maximum. Zur Konstellation mit der Apotheke sagte er, dass der Betreiber generelles Interesse signalisiert habe, aber zumindest noch keine nähere Planung erfolgt sei. Susanne Barreuther (CDU/FWV) schien nicht so recht wohl in Bezug auf die Entscheidung zu sein, und sie erkundigte sich, ob der Gemeinderat rechtlich befugt sei, den Plänen des Dienstleisters einen Riegel vorzuschieben. Bürgermeister Mößner bestätigte aber, dass es der Stadt und dem Gemeinderat obliege, zu entscheiden, wie die Planung im Gebiet aussehen soll.

Während Wolfgang Hess prophezeite, dass es für so manchen (älteren) Anwohner während der Bauphase nicht ganz unkompliziert werde, an seine Einkäufe zu kommen, erkundigte sich Brigitte Kübler (UL), ob sich Rewe einen Zeltmarkt als provisorisches Übergangsangebot vor Ort vorstellen könne. Das hielt Timo Porkert allerdings für kaum umsetzbar – wegen der örtlichen Verhältnisse und Zusatzkosten. Grundsätzlich geprüft werden könne die Integration eines Bankautomaten (Frage von Elisabeth Zenker, SPD) oder einer Packstation.

Der Gemeinderat segnete die neuen Pläne von Rewe unisono ab. Die Abstimmung in Sachen Apothekenstandort fiel nicht ganz so eindeutig aus. Neun Mitglieder stimmten mit Ja, fünf mit Nein, vier enthielten sich. Somit entschied sich aber die Mehrheit für den Vorschlag der Verwaltung, eine Verlagerung abzulehnen.

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Erstellt:
6. März 2021, 06:00 Uhr

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