Wind des Wandels – Wind des Lebens

Unter dem Motto „3. Oktober – Deutschland singt“ gedachten viele Besucher im Murrhardter Stadtgarten der Wiedervereinigung.

Eine feierliche Abendveranstaltung im Murrhardter Stadtgarten erinnerte an die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Eine feierliche Abendveranstaltung im Murrhardter Stadtgarten erinnerte an die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands. Foto: J. Fiedler

Von Petra Neumann

MURRHARDT. Anlässlich des 30. Jahrestags der Wiedervereinigung Deutschlands wurde am Julius-Söhnle-Pavillon eine Dankdemonstration abgehalten, und zwar im Rahmen von „3. Oktober – Deutschland singt“, eine Veranstaltung, die in mehr als 300 Städten der BRD stattgefunden hat. Für die Organisation war die Evangelische Allianz Oberes Murrtal zuständig: das Gospel-Forum, die Evangelisch-methodistische Kirche und die süddeutsche Gemeinschaft Murrhardt. Der Gemeinschaftspastor der evangelischen Gemeinschaft Rainer Hopper führte durch das Programm und erklärte, dass hinter Aktion die Idee stand, sich anlässlich dieses Wunders zu einem gemeinsamen Singen zu treffen.

Jeder der eingetragenen Besucher bekam eine Kerze, die nicht nur die Dankbarkeit für diese politische Sensation symbolisieren, sondern gleichsam ein Lichtweiser für die Zukunft unter dem Zeichen von Frieden, Sicherheit und Gemeinschaft sein sollte. Zum Auftakt erklang die Nationalhymne, danach sang der Gospelchor ein Lied, das gleichsam die Hymne für die Wiedervereinigung geworden ist. Sie stammt von den Scorpions und heißt im Originaltext „Wind of Change“. Uwe Sauer hat daraus ein Cover gemacht: „Herr der Ewigkeit“, der die Macht hat, mit seinem „Wind des Lebens“ alles im Menschen umzukrempeln. Tatsächlich hat sich in diesen 30 Jahren der Wiedervereinigung einiges getan, auch im Hinblick auf Ansichten und Geisteshaltungen.

Am 9. November 1989 fuhr ein Konvoi von Trabis von Ostberlin in den Westen. Aus diesem Anlass kamen drei Mitglieder des „Trabant&IFA Team Heilbronn/ Hohenlohe“ mit ihrem Statussymbol angefahren, zwei wurden anschließend auf der Bühne interviewt. Marco John hat seinen Trabanten von seinem Schwiegeropa geschenkt bekommen, der über 13 Jahre auf dieses Gefährt hatte warten müssen. Er ist mit einer Brandenburgerin verheiratet, die aus einem 300-Seelen-Dorf kommt. „Was mich am meisten beeindruckt, ist der unbedingte Zusammenhalt dort, davon kann sich die westliche Ellbogengesellschaft einiges abschneiden.“ Marko Bauer von der Weide stammt aus Ostdeutschland. Er erinnert sich, dass er mit seiner Oma auf dem Sofa saß, als er über das Fernsehen erfuhr, dass die Reisefreiheit gewährt worden sei. Flugs fragte er seine Großmutter, ob er nun die Tante besuchen könnte. Die rief wenig später eine Nachbarin an, die ein Telefon besaß, und ließ fragen, wo ihre Verwandten denn blieben.

Der Pastor des Gospel-Forums, Cornelius Scheytt, befand sich zufällig in Berlin, als die Mauer fiel. „Ich wurde einfach darauf hochgezogen und sah die Vertreter der Volkspolizei am Brandenburger Tor stehen und zuschauen, wie wir skandierten: ‚Die Mauer muss weg. Die Mauer muss weg.‘ Noch heute habe ich ein bemaltes Stück der Mauer in Besitz.“

In seiner Ansprache betonte Bürgermeister Armin Mößner, dass die Wiedervereinigung der schönste Lichtblick der jüngsten deutschen Geschichte sei. Sie sei immer ein Ziel deutscher Politik gewesen und auch im Grundgesetz verankert worden. „Der Fall der Mauer war das Fanal, das zur deutschen Einheit geführt hat.“ Mößner erinnerte daran, dass seit dieser Zeit eine Partnerschaft mit Rötha bestehe, die zu vielen freundschaftlichen Verbindungen geführt habe. „Die Einheit bedeutete ein Umkrempeln des Alltags. Vor allem viele Ostdeutsche ließen das Vertraute hinter sich, um neu anzufangen. Obgleich über 60 Prozent den Unterschied bei den Löhnen in Ost und West beklagen, finden neun von zehn Befragten die Wiedervereinigung als mehr oder weniger gelungen.“

„Dankbarkeit ist das Stichwort des Tages.“

Rainer Hopper unterstrich, dass die Wiedervereinigung nicht aufgrund von Zufällen zustande gekommen sei, sondern sieht darin definitiv ein Walten höherer Mächte. „Dankbarkeit ist das Stichwort des Tages. Viele Menschen, besonders in Deutschland, sehen vor allem nur das Schlechte und neigen zur Kritik. Aber gerade das Gute sollte man nicht vergessen. Auch nicht, dass damals Menschen unter Lebensgefahr für den Frieden und die Freiheit demonstriert haben. Vieles stand damals auf Messers Schneide.“ Er wiederholte die Worte Wolfgang Schäubles, der, nach den Kosten der Wiedervereinigung gefragt, gemeint hatte: „Ein Krieg auf deutschem Boden wäre teurer geworden.“ Wohlergehen, Sicherheit und Frieden sind also keine unabdingbaren Selbstverständlichkeiten, sondern wertvolle Güter, die es zu bewahren, zu schätzen und zu erhalten gilt.

Wunderschöne Lieder, die von der Band des Gospel-Forums, dem Posaunenchor und dem Chor der Evangelisch-methodistischen Kirche vorgetragen wurden, und Gebete rundeten den besinnlichen Gedenktag zur Deutschen Wiedervereinigung ab.

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Erstellt:
5. Oktober 2020, 06:00 Uhr

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