Folgen des Klimawandels
Kommen ab 2025 Jahre mit neuen Wärmerekorden?
Derzeit gilt noch 2024 als das wärmste Jahr der Messgeschichte. Doch der Rekord wird laut einer Prognose wohl nicht lange halten. Auch ein wichtiges Klimaziel wackelt zunehmend.

© Mahesh Kumar A./AP/dpa
Wie wollen Menschen das überleben? Wie hier im indischen Hyderabad werden die ohnehin schon hohen Temperaturen in Zukunft noch weiter steigen.
Von Markus Brauer/AFP/dpa
Die Welt wird sich laut einem UN-Bericht auch in den kommenden Jahren weiter von der 1,5-Grad-Vorgabe im Pariser Klimaabkommen entfernen.
Nach dem Rekordjahr 2024 blieben die globalen Durchschnittstemperaturen in den fünf Folgejahren weiterhin auf Rekordniveau, heißt es in einer Prognose, die die Weltmeteorologieorganisation (WMO, World Meteorological Organization) am Mittwoch (28. Mai) in Genf vorgelegt hat. Es gebe sogar eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass eines der Jahre bis 2029 noch heißer werde als 2024.
2019 concludes a decade of exceptional global heat, retreating ice and record sea levels. Average temps for 10-year (2010-2019) period set to be highest on record. 2019 is on course to be 2nd or 3rd warmest year on record. #StateofClimate#COP25#ClimateActionpic.twitter.com/GBlspx03He — World Meteorological Organization (@WMO) December 3, 2019
Nasseres Wetter in Nordeuropa und Südasien
„Wir haben gerade schon die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen erlebt“, erklärt die Vize-Generalsekretärin der WMO, Ko Barrett. „Leider liefert dieser WMO-Bericht keinen Hinweis für eine Atempause in den kommenden Jahren und das bedeutet, dass es zunehmende negative Auswirkungen auf unsere Wirtschaft, unseren Alltag, unsere Ökosysteme und unseren Planeten geben wird.“
Nach Angaben der WMO sind in den nächsten Jahren überdurchschnittliche saisonale Niederschläge in mehreren Regionen zu erwarten, darunter Nordeuropa und Südasien. Im Amazonas wird es hingegen wohl trockener. Die Arktis-Region um den Nordpol wird sich laut der Prognose in den Wintermonaten mehr als dreimal schneller erwärmen als der Rest der Welt.
Globale Durchschnittstemperatur um bis zu 1,9 Grad höher
Die Autoren des WMO-Berichts gehen davon aus, dass in den Jahren 2025 bis 2029 die globale Oberflächen-Durchschnittstemperatur zwischen 1,2 und 1,9 Grad über dem Niveau in den Jahren 1850 bis 1900 liegen wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass die globale Durchschnittstemperatur in einem der kommenden fünf Jahre mehr als 1,5 Grad über dem vorindustriellen Zeitalter liegt, beträgt demnach 86 Prozent.
Eine immerhin 70-prozentige Wahrscheinlichkeit besteht laut WMO, der Temperaturanstieg in dem gesamten Fünf-Jahres-Zeitraum bei über 1,5 Grad liegt.
Der Bericht wurde von der britischen Meteorologiebehörde MetOffice im Auftrag der WMO erstellt. Für die Prognose wurden Daten verschiedener Forschungseinrichtungen zusammengetragen. Sie ist ein weiteres Indiz dafür, dass es angesichts der fortgesetzten Nutzung von fossilen Energieträgern immer schwieriger wird, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten.
2024 erstes Jahr oberhalb der 1,5-Grad-Schwelle
Um die Erderwärmung auf Dauer unter 1,5 Grad zu halten, müsste der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase schnell und stark sinken – um mindestens 43 Prozent bis 2030. Zusätzlich müssten große Mengen Treibhausgase der Atmosphäre wieder entzogen werden.
Das 2015 geschlossene Abkommen, dem fast alle Länder der Erde beigetreten sind, sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen, möglichst aber auf ein einigermaßen beherrschbares Maß von 1,5 Grad.
2024 hatte die globale Durchschnittstemperatur laut WMO 1,55 Grad über dem industriellen Niveau gelegen. Es war damit seit Beginn der Wetteraufzeichnungen das erste Kalenderjahr oberhalb der 1,5-Grad-Schwelle.
Klimaforscher: Welt ist nicht auf dem 1,5-Grad-Pfad
Auf dem Pariser UN-Klimagipfel wurde 2015 beschlossen, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. Dieses Ziel gilt als kaum noch erreichbar.
Die WMO geht davon aus, dass diese Grenze bereits im Jahr 2024 gerissen worden sei. Dieser Befund für ein einzelnes Jahr stellt noch keinen Verstoß gegen das Paris-Abkommen dar, da für den Temperaturanstieg ein längerer Zeitraum betrachtet wird, in der Regel 20 Jahre.
Unter Klimawissenschaftlern herrscht allerdings Einigkeit, dass die Welt nicht auf dem 1,5-Grad-Pfad ist. Der am WMO-Bericht beteiligte MetOffice-Experte Adam Scaife spricht von mit Blick auf die Prognose von „schockierenden Statistiken“. „Jeder zusätzlicher Bruchteil eines Grads Erwärmung führt zu schädlicheren Hitzewellen, extremeren Regenfällen, intensiveren Dürren“, warnt die WMO.
„Auf fossile Energien zu setzen ist absoluter Wahnsinn“
Der WMO-Bericht erhöht den Druck auf die UN-Klimakonferenz im brasilianischen Belém (COP30). Dort sollen im November die überarbeiteten nationalen Klimapläne besprochen werden, die entscheidend für die Umsetzung des Paris-Abkommens sind.
„Im Jahr 2025 weiterhin auf Öl, Gas und Kohle zu setzen, ist absoluter Wahnsinn“, warnt die deutsche Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London die Regierungen in aller Welt. Warum sollte ein Land teure fossile Brennstoffe importieren, die die Taschen ohnehin reicher Oligarchen füllen, wenn es stattdessen in erneuerbare Energien investieren, sein Energiesystem neu gestalten, viel günstigere Energie erhalten und die Luftqualität verbessern kann?“