Enormer Einsatz für Stadt und Einwohner

Erinnerung an Bürgermeister der Walterichstadt, die eine Vielzahl von Aufgaben und Herausforderungen zu meistern hatten

Schon immer trug der Bürgermeister hohe Verantwortung und hatte breite Aufgabenspektren zu erfüllen. Doch erst ab 1891 war dessen freie Wahl möglich, ab 1907 für zehn Jahre und nach der Wiederwahl für 15 Jahre. Seit einiger Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, der Gründung der Bundesrepublik und Baden-Württembergs beträgt die Amtszeit acht Jahre.

Georg Krissler

Georg Krissler

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Im 20. Jahrhundert lenkte Karl Blum (1879 bis 1949) 32 Jahre lang die Geschicke der Walterichstadt. Ab 3. Januar 1913 war er Stadtschultheiß und von 1930 bis 1945 Bürgermeister. Unermüdlich setzte er sich für die Stadt und ihre Einwohner in schweren, unruhigen (Not-)Zeiten ein. So tat er, was ging, um die Versorgungsprobleme im Ersten Weltkrieg und am Anfang der Weimarer Republik zu bewältigen, ebenso während der Inflation mit eigenem Murrhardter Notgeld. Er sorgte für Auf- und Ausbau von Strom- und Wasserversorgung, Kanalisation und Stadtgarten, die Stadterweiterung, um Wohnraum zu schaffen, und förderte den Fremdenverkehr. Während der NS-Diktatur war Blum zwar NSDAP-Mitglied, aber nicht linientreu. Am 16. Februar 1945 schied er altershalber aus dem Amt, führte aber die Geschäfte bis kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs weiter. Auch schrieb er einen Bericht über die Kriegsschäden sowie Ausschreitungen amerikanischer und französischer Besatzungssoldaten gegen die Bevölkerung.

Georg Krissler, SPD-Mitglied,

wurde 1946 Bürgermeister

Am 14. August 1945 setzten die US-Besatzungsbehörden den vielseitig engagierten Gemeinderat Georg Krissler (1886 bis 1957) als kommissarischen Bürgermeister ein. Das langjährige SPD-Mitglied war Schreiner und fertigte Gerbfässer in der Lederfabrik Schweizer an. Am 18. März 1946 wählte ihn der Gemeinderat, der seinerseits am 27. Januar 1946 von den Murrhardtern bestimmt wurde, unisono für zwei Jahre. Unterstützt von Altbürgermeister Blum und den Rathausmitarbeitern, leitete Krissler den Wiederaufbau, brachte die Flüchtlinge und Vertriebenen unter, schuf Wohnraum und siedelte Industrie an. Am 15. März 1948 trat Krissler vom Amt des Bürgermeisters zurück. Vom 15. März bis 23. April 1948, einen Tag vor Einsetzung des neu gewählten Bürgermeisters Fritz Ehrmann, war stellvertretender Bürgermeister Otto Rößle als Amtsverweser eingesetzt.

Am 4. April wurde Ehrmann (1902 bis 1967), zuvor Bürgermeister von Bonlanden, zum neuen Rathauschef für sechs Jahre gewählt. Seine Wiederwahl erfolgte mit über 71 Prozent am 3. Februar 1953, und er blieb bis 22. April 1966 im Amt. Unter seiner Regie erfolgte die Stadterweiterung nach Westen durch die Werrensiedlung und nach Osten durch die Almsiedlung. 1950 wurde das schon im Krieg begonnene Freibad auf Initiative von US-Pioniertruppen fertiggestellt. Zudem leitete Ehrmann die Partnerschaft mit Château-Gontier in Frankreich ein.

Vom 23. April 1966 bis 24. April 1986 war der vorherige Walheimer Rathauschef Helmut Götz (1927 bis 2012) Bürgermeister, er siegte mit über 64 Prozent im zweiten Wahlgang am 6. Februar, seine Wiederwahl erfolgte mit über 98 Prozent am 3. Februar 1974. Zu seinen größten Verdiensten zählen die Gemeindereform mit der Eingliederung der zuvor selbstständigen Gemeinden Fornsbach und Kirchenkirnberg, ebenso der Ausbau der Städtepartnerschaften mit Château-Gontier und Frome in Großbritannien. Indes scheiterte sein Großprojekt Bürgerhaus, ein Kulturzentrum mit Volkshochschule, Stadtbücherei und Veranstaltungsräumen, das die Mehrheit der Murrhardter per Bürgerentscheid ablehnte.

Letzter Bürgermeister Fornsbachs war Vertriebener und Neubürger Emil Kasper (1902 bis 1979), der 1948 die Wahl gegen vier einheimische Kandidaten gewann. Als „erster Diener seiner Gemeinde“ leitete er den Wiederaufbau des am Kriegsende stark beschädigten Ortes. Zudem engagierte sich Kasper für die Ansiedlung von Gewerbe und den Fremdenverkehr, wozu die Gemeinde den Waldsee mit Campingplatz erwarb. Bei der Unterzeichnung des Eingemeindungsvertrags mit der Stadt Murrhardt am 23. April 1971 erhielt er das Bundesverdienstkreuz. Letzter Bürgermeister Kirchenkirnbergs war Friedrich Krauss (1909 bis 1981), seit 1934 Rathauschef von Altersberg, den 1964 eine große Mehrheit der Einwohner wählte. Während seiner Amtszeit von 1965 bis zur Eingemeindung nach Murrhardt 1971 engagierte er sich dafür, die kleine finanzschwache Kommune mit den notwendigen öffentlichen Einrichtungen auszustatten. Für seine Verdienste verlieh ihm die Gemeinde Gschwend 1972 das Ehrenbürgerrecht.

Vom 1. Mai 1986 bis Sommer 2003 war der 1955 geborene Jurist Ulrich Burr aus Königsbronn Bürgermeister, gegen sechs Mitbewerber gewann er im zweiten Wahlgang. Seine Amtszeit war geprägt durch die Innenstadtsanierung und den Bau der Festhalle. Am 6. Februar 1994 wurde Burr mit über 90 Prozent, am 24. Februar 2002 mit über 76 Prozent wiedergewählt. Anfang 2002 verlor er die Landratswahl im Rems-Murr-Kreis gegen Johannes Fuchs. Im Frühjahr 2003 beantragte er seine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis als Wahlbeamter und wurde Bevollmächtigter für kommunale Angelegenheiten in Baden-Württemberg beim Energieversorger Süwag Energie AG. Seit 2013 ist Burr als Rechtsanwalt in Murrhardt tätig.

Zur Bürgermeisterwahl am 14. September 2003 traten neun Kandidaten an, im zweiten Wahlgang am 28. September siegte der 1959 geborene Forstbeamte Gerhard Strobel mit über 54 Prozent vor Gudrun Wilhelm, die die Wahl anfocht, doch das Landratsamt wies den Einspruch zurück. In Strobels Amtszeit, die am 16. Oktober 2003 begann, zwangen die schwierige Wirtschaftslage und sinkende Einnahmen Stadtverwaltung und Gemeinderat zu striktem Sparkurs. Zudem gab es Probleme, große Projekte zu realisieren. Strobel förderte Nachhaltigkeit und erneuerbare Energien, die Gründung der Bürgerstiftung und Energiegenossenschaft Murrhardt.

Bei der Bürgermeisterwahl am 17. Juli 2011 votierten überraschend eindeutig zwei Drittel der Murrhardter für den aus Urbach kommenden, 1984 geborenen Armin Mößner, der Vorfahren in Murrhardt hatte und zuvor Kämmerer in Oppenweiler war. Amtsinhaber Gerhard Strobel hingegen bekam nur rund 29 Prozent, wofür in den Nachbetrachtungen unterschiedliche Gründe diskutiert wurden. Als eine Ursache wurde die teils als unglücklich beurteilte Kommunikations- und Informationspolitik angesehen. In Mößners Amtszeit, die am 12. Oktober 2011 startete, stieg die Zahl der Einwohner und Beschäftigten.

Armin Mößner

© Jörg Fiedler

Armin Mößner

Gerhard Strobel

Gerhard Strobel

Ulrich Burr

Ulrich Burr

Helmut Götz

© Jörg Fiedler

Helmut Götz

Fritz Ehrmann

Fritz Ehrmann

Die Aufnahme zeigt Stadtschultheiß Karl Blum (vordere Reihe Mitte) im Kreise der Mitglieder des Gemeinderats und des Bürgerausschusses im Juni 1919. Blum lenkte 32 Jahre lang die Geschicke der Walterichstadt. Fotos: MZ- und Stadtarchiv/Carl-Schweizer-Museum/privat

Die Aufnahme zeigt Stadtschultheiß Karl Blum (vordere Reihe Mitte) im Kreise der Mitglieder des Gemeinderats und des Bürgerausschusses im Juni 1919. Blum lenkte 32 Jahre lang die Geschicke der Walterichstadt. Fotos: MZ- und Stadtarchiv/Carl-Schweizer-Museum/privat

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Erstellt:
18. Juli 2019, 06:00 Uhr

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